Jahresende 2021: Ahnenforschung Claer, Teil 13
Mittlerweile ist es ja schon zur Tradition geworden, dass ich jeweils zu Beginn meiner „Forschungsberichte“ am Jahresende um Nachsicht für ihren leider immer wieder nur geringen Umfang bitte. Und so ist es auch diesmal. Aber immerhin sind dann doch wieder ein paar hoffentlich interessante Neuigkeiten, Entdeckungen, Erkenntnisse und Betrachtungen zusammengekommen…
1. Die Claers von der Post in Usdau
Im April dieses Jahres schrieb mir eine Frau Pola B. aus Olsztyn (Allenstein) in Masuren, dass sie auf meiner Website die Texte zu unserer ostpreußischen Familiengeschichte gelesen habe. Und weiter schreibt sie „Ich habe herausgefunden, dass Franz und Georg Claer Postbeamte in Usdau waren. Usdau ist meine Heimatstadt. Ich wohne derzeit in Allenstein.“
Ja, tatsächlich, der Ort Usdau taucht einige Male in meinen Forschungen auf, insbesondere als Geburtsort meines Urgroßvaters Georg Claer (1877-1930), von dessen Teilnahme am Boxeraufstand in China im Jahr 1900 in meinem vorigen Bericht ausführlich die Rede war.
Laut Wikipedia liegt Uzdowo, das frühere Usdau, 13 Kilometer nordwestlich der heutigen Kreisstadt Działdowo (deutsch Soldau) und 21 Kilometer westlich der einstigen Kreismetropole Neidenburg (polnisch Nidzica). Usdaus Einwohnerzahl betrug im Jahr 1905 gerade einmal 645. Im Jahr 1931 waren es dann 886, im Jahr 2007 sogar 1000, jedoch 2011 nur noch 784. Heute ist das Dorf immerhin Sitz eines Schulzenamts (polnisch Sołectwo). Während des 1.Weltkriegs war es im am 27. August 1914 im Verlauf der „Schlacht bei Tannenberg“ beim „Gefecht von Usdau“ fast vollständig zerstört worden. Noch im Ersten Weltkrieg begann der Wiederaufbau.
Eine dem Wikipedia-Beitrag beigefügte alte Fotografie zeigt die Bergung im Gefecht von Usdau gefallener russischer Soldaten in Usdau – August 1914:

Ein weiteres Bild einen Gedenkstein an die Kriegstoten mit erklärender Schrifttafel auf Deutsch und Polnisch:

(Quelle jeweils: https://de.wikipedia.org/wiki/Uzdowo)
Frau Pola B., die sich als Hobby-Heimatforscherin zu erkennen gab, fragte mich, ob ich vielleicht weitere alte Bilder oder Materialien von Usdau hätte. Da musste ich sie leider enttäuschen, woraufhin sie mir aber dankenswerterweise umgekehrt interessantes Bildmaterial vom heute noch erhaltenen früheren Postamt Usdau zur Verfügung stellte. Hier haben die Claers von der Post in Usdau also wahrscheinlich einst gearbeitet:


Darüber hinaus schlug Frau Pola B. mir vor, dass ich an die Poczta Polska SA in Warschau schreiben könne, um Archivunterlagen und vielleicht auch nähere Dokumente über die Post in Usdau zu erhalten, was ich bisher aber noch nicht getan habe.
Nun ist Usdau aber nicht nur der Geburtsort meines Urgroßvaters Georg Claer (1877-1930), sondern außerdem – im Fragebogen der „Reichsstelle für Sippenforschung“ von meinem Großvater Gerhard noch nachträglich handschriftlich hinzugefügt – der Hochzeitsort seiner Eltern, meines Ururgroßvaters Franz Claer (1841-1906) und meiner Ururgroßmutter Henriette Claer, geb. Stryjewski (1845-1931), als deren Geburtsort dort ebenfalls Usdau angegeben ist. Leider fehlt zu ihrer Hochzeit eine Jahresangabe, es sollte aber einige Jahre vor der Geburt meines Urgroßvaters Georg 1877 gewesen sein, denn zuvor ist im Jahr 1872 auch noch sein älterer Bruder Otto Albert Claer, der später Postsekretär in Königsberg wurde, zur Welt gekommen. Von letzterem fehlt uns, soweit ich in meinen Unterlagen sehe, zwar die Geburtsurkunde, aber aus dem späteren Hochzeitseintrag von Otto Albert Claer und Emma Sakrszewski von 1899 geht hervor, dass Otto Albert Claer am 13. November 1872 ebenfalls in Usdau geboren ist (als „Sohn des früheren Schneidermeisters und jetzigen Landbriefträgers Franz Claer“ steht dort). Bingo! Daraus folgt nun also, dass mein Ururgroßvater Franz Claer vor November 1872 in Usdau meine Ururgroßmutter, die dort geborene Henriette Stryjewski geheiratet hat. Franz war damals also höchstens 31 Jahre alt, Henriette höchstens 27. Aber wie ist Franz, der als jüngster Sohn meines Urururgroßvaters, des Jägers Friedrich Claer (1799-18??) in Eichenberg/Drusken, Amt Wehlau (gelegen einige Kilometer östlich von Königsberg) geboren wurde, ins relativ weit entfernte Usdau gekommen bzw. wie konnte er meine dort lebende Ururgroßmutter Henriette überhaupt kennenlernen?
Laut Google Maps beträgt die Entfernung zwischen dem heute russischen Snamensk (dem früheren Wehlau) und Uzdowo (Usdau) mindestens 224 Kilometer, was einer heutigen Fahrzeit mit dem Auto von mehr als drei Stunden entspricht.

Die wahrscheinlichste Antwort auf diese Frage ergibt sich wiederum aus den Eintragungen meines Großvaters Gerhard in den Fragebogen der Reichsstelle für die Sippenforschung. Als Beruf seines Großvaters Franz hat er dort nicht Postangestellter und nicht Landbriefträger angegeben, sondern: Postschaffner.
Bevor Franz Claer sich also mit Anfang dreißig in Usdau niedergelassen und als Landbriefträger verdingt hat, seine Frau Henriette geheiratet und mit ihr seine ersten beiden Söhne Otto und Georg bekommen hat (denen später noch der dritte Sohn Richard sowie die Töchter Amelia/Armanda, Martha und Hedwig folgen sollten), war er als Postschaffner tätig und ist als solcher vermutlich viel herumgereist. Und das, obgleich er – wie oben erwähnt – bereits eine Umschulung vom Schneidermeister (!) zum Postangestellten hinter sich hatte, über deren Gründe wir auch nur spekulieren können. (Vielleicht hatte er einen Arbeitsunfall und konnte fortan nicht mehr nähen. Oder lockte ihn womöglich die Aussicht auf das Herumreisen als Postschaffner?)
Wie auch immer: Mit meinem Ururgroßvater Franz Claer (1841-1906) hat die kleine Dynastie der Claers von der Post zumindest in unserem Familienzweig begonnen. Und diese Anfänge waren mit dem Ort Usdau verbunden. Wenngleich es, wie wir früher schon entdeckt haben, auch noch weitere Claers und Klaers von der Post gegeben hat, dazu gleich mehr im folgenden Kapitel.
2. Das i-Tüpfelchen. Überlegungen und Spekulationen zur Schreibweise unseres Namens
Ich erinnere mich noch daran, wie mein Vater Joachim (1933-2016) mich irgendwann einmal darauf hingewiesen hat, dass sein Vater, mein Großvater Gerhard Claer (1905-1974), in seiner Unterschrift immer einen Punkt oder kleinen Strich über dem Namen gemacht habe. Das komme daher, dass die Schreibweise unseres Namens früher Clair mit ai gewesen sei, das habe er in der Unterschrift so beibehalten. Sein Bruder Gerd (1943-2016), mein Onkel, mache es auch, und mein Vater habe es ganz früher ebenso gemacht, es dann aber irgendwann weggelassen, weil er es umständlich gefunden habe.
In der Tat lässt sich in den Unterschriften meines Großvaters Gerhard und meines Onkels Gerd jeweils deutlich das i-Tüpfelchen erkennen, bei ersterem eher ein Strich, bei letzterem eher ein Punkt.


Nun stellt sich die Frage: Wo haben sie das her? Mein bereits erwähnter Urgroßvater Georg Claer von der Post (1877-1930) wurde laut Geburtsurkunde immer mit ae geschrieben. Dessen Vater, der ebenso bereits erwähnte Franz Claer von der Post (1841-1906) steht auch mit ae in allen uns vorliegenden Dokumenten. Allerdings haben wir von ihm (noch) keine Geburtsurkunde aus Eichenberg/Drusken, Amt Wehlau. Wir wissen nur, dass sein Vater Friedrich Clair (1799-18??), als er 1840 als „invalider Jäger“ seine neue Stelle in Eichenberg/Drusken antrat, in den offiziellen Bekanntmachungen einmal Clair und einmal Clär geschrieben wurde, was alle Möglichkeiten offen lässt. Wir wissen außerdem, dass alle älteren Geschwister von Franz in ihren Geburtsurkunden mit ai geschrieben wurden, nämlich in Corjeiten 1824 Wilhelm Friedrich sowie in Juditten bei Königsberg 1826 Heinrich Julius, 1828 Amalia Dorothea, 1830 Albert Eduard, 1833 Herrmann August, 1835 Justina Wilhelmine, 1837 Auguste Ernestine und 1839 Otto Conrad.
Auch wenn es unklar ist, ob Franz Claer bei seiner Geburt noch mit ai oder schon mit ae geschrieben wurde: Die Marotte mit dem i-Tüpfelchen in der Unterschrift trotz anderslautender amtlicher Namensschreibweise dürfte auf ihn zurückgehen. Denn während seine Eltern und alle seine Geschwister sich noch mit ai schrieben, wurden seine Kinder ab 1872 allesamt schon als Claers mit ae geboren.
Der Vater des Franz Claer von der Post, der erwähnte Jäger Friedrich Clair wurde vor 1840 ebenfalls in allen Dokumenten mit ai geschrieben, in seinem Geburtseintrag im Kirchenbuch von Ludwigswalde steht sogar Klair mit K. Auch dessen Vater, der vermutlich 1770 geborene Unterförster Friedrich Wilhelm Klair wird dort so geschrieben, allerdings dessen anderer Sohn, Friedrichs Bruder Johann Wilhelm Clair (1803-1880) sowie Friedrich Wilhelm Klairs mutmaßlicher Bruder, der königliche Förster Johann Friedrich Clair, wiederum mit C. Davor tut sich eine Lücke auf, die wir noch nicht schließen konnten. Die aus St. Imier im Berner Land eingewanderten ersten ostpreußischen Clairs in der Schweizer Kolonie in Gumbinnen um 1712 wurden in den Dokumenten teilweise Clerc und teilweise Clair geschrieben.
Klar ist, dass die Schreibweisen in den Kirchenämtern zunächst willkürlich waren. Hinzu kommt, dass bis weit ins 18. Jahrhundert hinein längst nicht jeder lesen und schreiben konnte. Die allgemeine Schulpflicht in Preußen geht auf das Edikt des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. vom 28. September 1717 zurück. Allerdings verlief dessen Umsetzung längere Zeit nur schleppend. Es fehlte an Lehrkräften und Schulen, die Kinder wurden oft als Arbeitskräfte gebraucht. So blieb die Schreibweise der Namen zu dieser Zeit vornehmlich dem Gutdünken der Kirchenbuchschreiber überlassen. Allerdings heißt es auf der Seite
https://kreis-gumbinnen.de/historie/neue-buerger/schweizer/, die eine Liste mit Familiennamen aus der Schweizer Kolonie enthält, in der unsere Clercs/Clairs jedoch fehlen (sie stehen nur im Heiratsregister des Kirchenamts Judtschen und beziehen sich auf 1712, siehe meine früheren Texte):
„Als Schreibweise wurde bei solchen Namen, die im Laufe der Zeit Änderungen erfahren haben, die nach Daten älteste gewählt. Sie wurde von Geistlichen französischer Herkunft gebraucht, die erfahrungsgemäß die Namen in richtiger Schreibweise wiedergaben.“
Das heißt, wir können von Clerc oder Clair als ursprünglicher Schreibweise ausgehen, wobei Clerc als Berufsbezeichnung für einen Geistlichen oder jemanden, der lesen und schreiben kann, mir eher noch plausibler erscheint. Wobei natürlich weiterhin auch noch die vornehmlich von meinem Cousin vierten Grades Manfred Claer aus Saarbrücken vehement vertretene Adelstheorie im Rennen ist, wonach unsere Vorfahren in der französischen Schweiz zu den Abkömmlingen des anglonormannischen Adelsgeschlechts der de Clare/v.Claer gehören…
Wann genau aber hat es schließlich eine Vereinheitlichung der Namensschreibweisen gegeben? In Preußen war das mit der Einführung von Personenstandsregistern/Standesamtsregistern am 1. Oktober 1874. (https://genwiki.genealogy.net/Personenstandsregister)
Dennoch soll es auch danach noch gelegentlich unterschiedliche und uneinheitliche Namensschreibweisen gegeben haben, vor allem auf dem Lande, bevor dies ab ca. 1900 dann nicht mehr der Fall gewesen sein soll. (Allerdings erinnere ich mich daran, dass in der Geburtsurkunde aus Geierswalde des 1901 zur Welt gekommenen Erich Claer von der Deutschen Bank, des Sohnes des erwähnten Otto Albert Claer von der Post und des Vaters unseres prominentesten Familienmitglieds Hans-Henning „Moppel“ Claer, von dem später noch ausführlich die Rede sein wird, die Namenschreibweise Clär mit ä lautete.)
Könnte es aber sein, dass wir deshalb keine Geburtsurkunde des – siehe oben – 1872 in Undau geborenen Otto Albert Claer von der Post gefunden haben, weil es zwei Jahre vor der Einführung amtlicher Personenregister in Preußen noch keine Geburtsurkunden gegeben hat? Seine jüngeren Geschwister, darunter auch mein Urgroßvater Georg, sind alle nach 1874 geboren, und für sie alle haben wir amtliche Geburtsurkunden gefunden.
Bis hierhin habe ich mich beinahe ausschließlich an Fakten gehalten, nun aber beginne ich zu spekulieren: Unsere Namensschreibweise Claer mit ae lässt sich wie gesagt erst in den 1870er Jahren sicher nachweisen. Könnte es hier einen Zusammenhang mit der Gründung des Deutschgen Reiches 1871 nach einem deutsch-französischen Krieg geben, der nicht der erste gewesen ist und nicht der letzte sein sollte!)? Standen französische Familiennamen zu jener Zeit womöglich unter Anpassungsdruck?
Ausgeschlossen ist, dass es Franz Claer wie seinem Großvater erging, dessen Kinder um 1800 von Kirchenbuchschreibern nach Belieben heute so und morgen anders geschrieben wurden. Franz Claer konnte als Postbeamter sehr wohl hinlänglich lesen und schreiben und dürfte nicht zuletzt aus berufsbedingter Pingeligkeit (und diese Eigenschaft hat sich nach meiner Kenntnis und Erfahrung direkt auf meinen Großvater Gerhard, meinen Vater Joachim, meinen Onkel Gerd und nicht zuletzt auf mich selbst vererbt!) genau gewusst haben, wie sein Name geschrieben werden sollte. Aber wenn er die latinisierte Schreibweise mit ae selbst gewählt hätte, warum dann das i-Tüpfelchen in der Unterschrift bei zumindest seinem Enkel und zunächst zweien, später noch einem seiner Urenkel. War es eine Protesthaltung gegen die Latinisierung der Namensschreibweise durch den Großvater? Oder vielmehr eine Protesthaltung gegen eine dem Großvater aufgezwungene Latinisierung des Familiennamens, die in der Familie über drei Generation weitergegeben wurde?
Es könnte natürlich auch ganz anders gewesen sein. Wie wir wissen, gab es im 19. Jahrhundert Angehörige der bereits erwähnten Adelsfamilie v. Claer, die sich seit der vornehmen Latinisierung ihres ursprünglich anglonormannischen Namens de Clare mit ae schrieb, auch in Ostpreußen. Womöglich fand Franz Claer von der Post diese Schreibweise irgendwie gut und erstrebenswert und änderte selbst aus diesem Grunde das i in ein e. Aber wie passt das mit dem i-Tüpfelchen in der Unterschrift zusammen?
Wir werden es vermutlich nie genau erfahren, aus welchem Grunde unsere latinisierte Namensschreibweise in die Welt gekommen ist. Aber es darf weiter munter darüber spekuliert werden.
Soweit ich sehe, gibt es bis heute vier verschiedene Schreibweisen unseres Namens bei aus Ostpreußen stammenden Claers. Neben unserer ist da zunächst die (fast) ursprüngliche Schreibweise Clair, wobei mir diese bisher nur von einem Michael Clair aus Köln mit ostpreußischen Wurzeln bekannt ist, der mir vor vielen Jahren einmal seinen Stammbaum geschickt hat, den ich in unsere Stammbäume bisher aber leider noch nicht einordnen konnte. Weiterhin gibt es die Schreibweise Klaer mit K, die wir besonders gehäuft in Königsberg gefunden haben, wo es mehrere Postangestellte dieses Namens gab, die auffällig oft Johann hießen, was eventuell entweder auf den Bruder „unseres“ Friedrich Clair aus Ludwigswalde, Johann Wilhelm, hindeutet oder auf dessen ebenfalls in Ludwigswalde ansässigen mutmaßlichen Onkel Johann Friedrich. Einen aus Königsberg stammenden Johann Klaer, der nach dem Krieg in Bochum lebte, hatten wir in einer Todesanzeige im Ostpreußenblatt gefunden. Und schließlich bleibt noch die vollkommen eingedeutschte Schreibweise Klehr, auf die wir sogar einmal in der Gegend von Neidenburg gestoßen sind und mehrmals in Schlesien (wohin ein Teil der ostpreußischen Claers abgewandert ist, siehe meine früheren Berichte). Es könnte sein, dass diese totale Eindeutschung einen deutschnationalbewegten Hintergrund hat (sie kann aber genauso gut rein zufällig erfolgt sein). Allerdings erinnere ich mich dunkel daran, dass ich in einem früheren Bericht einen Nazi-Kriegsverbrecher namens Klehr aus Schlesien erwähnte mit dem Zusatz, dass es sich bei ihm hoffentlich nicht um einen Verwandten von uns handelt.
3. John Clare – Liebling des Feuilletons
Wie ein roter Faden ziehen sich die Schriftstellergene, wenn es sie denn gibt, durch unsere Namenslinie, wie auch die zwei folgenden Beispiele beweisen: Zum einen ist dies der bereits in einem meiner früheren Berichte umfassend gewürdigte englische Naturdichter John Clare (1793-1864), laut Wikipedia einer der besten Beschreiber des Landlebens. Nun liegt eine Gedichtsammlung von ihm in neuer deutscher Übersetzung vor (genau genommen handelt es sich um eine Gegenüberstellung dieser und der englischen Originale), die Thomas Steinfeld, einen der renommiertesten Feuilletonisten der Süddeutschen Zeitung, zu einer fast ganzseitigen Lobeshymne auf diesen Romantiker veranlasste.
Im mittlerweile aktualisierten Wikipedia-Eintrag heißt es über ihn:
„John Clare wurde am 13. Juli 1793 in Helpstone als Sohn eines Tagelöhners geboren. Er entwickelte sich trotz sehr geringer Bildungsmittel glücklich und schnell. James Thomsons Seasons weckten sein poetisches Talent und begeisterten den dreizehnjährigen Jungen zu dem Lied “The morning walk” und dessen Gegenstück “The evening walk”. John Turnill in Helpstone nahm sich seiner an und unterrichtete ihn im Schreiben und Rechnen. Seinen Unterhalt erwarb sich Clare durch Handarbeiten und Violinspiel, Gott und die Natur besang er alleine zum eigenen Vergnügen. 1818 kam sein “Sonett auf die untergehende Sonne” in die Hände des Buchhändlers Drury zu Hamford, und dieser veranlasste die Ausgabe einer Sammlung von Clares “Poems descriptive of rural life and scenery”, die allgemeine Teilnahme erregte. Eine andere, ebenso erfolgreiche Sammlung seiner Gedichte erschien unter dem Titel “The village minstrel, and other poems”. Hierdurch in den Besitz eines kleinen Vermögens gelangt, ließ sich Clare in Helpstone häuslich nieder, geriet aber durch unglückliche Landspekulation in Elend. Die letzten 27 Jahre seines Lebens verbrachte John Clare in der Psychiatrie. In einer psychiatrischen Klinik (lunatic asylum) starb er am 19. Mai 1864.

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/John_Clare)
Thomas Steinfeld schreibt in seinem besagten Feuilleton-Beitrag u.a.: „Im deutschen Sprachraum gab es, den vielen Armutskindern und Hungerleidern zum Trotz, keinen romantischen Dichter, der in solcher Not aufwuchs und den dieses Elend, einiger buchhändlerischer Folgen ungeachtet, auch nie verließ. Clares Schulbildung war fragmentarisch, die Sprache auch seiner Gedichte von seiner Herkunft aus dem ländlichen Proletariat geprägt, die Grammatik zumindest persönlich. Dennoch schrieb er, zum Erstaunen schon der Zeitgenossen, mehr als dreitausend Gedichte… Einer seiner Pfleger im ‚lunatic asylum‘ berichtete, von John Clare sei im täglichen Umgang vor allem Wirres zu vernehmen gewesen. Sobald er indessen dichtete, habe er sich klar und konzentriert ausgedrückt.“
Am Ende seines Lebens sei sein literarischer Ruhm, der ihn in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts in die literarischen Kreise Londons geführt hatte, längst wieder verblasst. Doch sei er zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt und 1935 mit einer Gesamtausgabe gewürdigt worden.
Eine Verbindung zu unseren Claers liegt nicht unbedingt nahe. Vielleicht aber war er ein unstandesgemäßer Abkömmling des erwähnten anglonormannischen Adelsgeschlechts der de Clare.
4. José Claer – Romancier und Poet
Weiterhin bin ich durch Zufall auf einen kanadischen Autor unseres Namens mit exakt gleicher Schreibweise gestoßen: José Claer, geboren am 28. Mai 1963 in Mont-Laurier, wird in einem französischsprachigen Wikipedia-Eintrag als ein quebeckischer Romancier und Poet beschrieben. Hier eine kurze Zusammenfassung der Übertragung aus dem Übersetzungsprogramm:
Nach seinem Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Ottawa arbeitete José Claer als Öffentlichkeitsarbeiter und Menschenrechtsbeauftragter für eine internationale Organisation. Er lebt in der Region Gatineau, wo die Éditions Vents d’Ouest seine ersten Romane veröffentlichen: In seinem Debüt-Roman „Nue, un dimanche de pluie“ (2001) geht es um sadomasochistische Beziehungen. (Hui, dieses Thema wäre wohl selbst dem prominentesten Autor in unserer Familie zu heiß gewesen, von dem gleich noch die Rede sein wird…) Für seine Romane erhielt er einige Kritiken in der Presse von Québec.
Er wurde Kommunikationsagent in Ottawa und schrieb als Korrespondent für die Zeitschriften „Vie des arts“ und „Liaison“ Artikel zum Thema bildende Kunst. Viele seiner Kurzgeschichten wurden in Kollektiven wie La Nuit des gueux, XXX und Virages (2010) veröffentlicht.
Er begann, Gedichte zu schreiben (wie sein erwähnter englischer Namensvetter) und veröffentlichte seine erste Sammlung im März 2010, in der der Akzent auf dem Zusammentreffen von Eros und Thanatos in ein und derselben Person liegt…
Schließlich hat er sich in den letzten Jahren als LGBTQI+-Aktivist positioniert, wurde für einen Podcast zum Thema queere Literatur befragt und in der Sendung “Les Malins” des Radiosenders Radio-Canada am 24.08.2019 zum Thema Coming-out interviewt. Er wirkte mit im Video von François Desrochers für « La Fabrique culturelle » von Télé-Québec unter dem Titel : “La poésie transformée de José Claer.” Mit seinem öffentlichen Coming-out als Transmann habe der Dichter José Claer einen wichtigen literarischen Kurswechsel eingeleitet.
(Quelle: https://fr.wikipedia.org/wiki/Jos%C3%A9_Claer)
Und nun stellt sich ernsthaft die Frage, ob er bzw. er/sie * (wie auch immer) mit uns verwandt sein könnte. Es sei daran erinnert, dass Dieter Claer (1933-2005), der jüngere Bruder unseres prominentesten Literaten Hans-Henning „Moppel“ Claer, in den 1950er Jahren nach Kanada ausgewandert ist (allerdings nicht in den französischsprachigen Teil) und dort noch zahlreiche Abkömmlinge von ihm leben (zu denen teilweise sogar noch Kontakt besteht). Sollte auch José Claer einer von ihnen sein, dann wäre das natürlich der Brüller…
5. Mein Vater als Briefeschreiber (1)
Nun aber zu meinem Vater Joachim Claer (1933-2016), der ebenfalls ein bemerkenswerter Schreiber war, wenngleich er leider keine größeren schriftstellerischen Werke im eigentlichen Sinne hervorgebracht hat, sondern sich ganz überwiegend auf die kleinen Formen der Alltagskommunikation beschränkt hat, die aber dafür glücklicherweise recht gut dokumentiert sind, vor allem was den Briefwechsel mit meiner Mutter Ilse Claer geb. Nützmann (ebenfalls 1933-2016) betrifft.
Die folgenden drei Briefe sowie das sich daran anschließende Telegramm (die Jüngeren mögen googeln, was das gewesen ist) aus dem Herbst 1964 habe ich einer Schachtel aus dem Nachlass meiner Eltern mit der vielsagenden Aufschrift „Amouretten“ entnommen, die allerdings ausschließlich Briefe enthält, die mein Vater an meine Mutter geschrieben hat. Deren Antworten sind leider nicht erhalten. Trotz des sehr privaten Charakters dieser Korrespondenz halte ich die Veröffentlichung in dieser Form für relativ unbedenklich, da sie sich – vermutlich auch zeitbedingt – auf einer zumindest verbal sehr sittsamen Ebene abspielt. Hinzu kommt, dass mittlerweile kaum noch involvierte Personen aus jener Zeit am Leben sein dürften.
Die Briefe sprechen weitgehend für sich und bedürfen keiner weiteren Kommentierungen. Daher hier nur wenige erklärende Sätze über die Ausgangssituation: Meine Eltern hatten sich bereits auf der Oberschule im mecklenburgischen Teterow wohl bald nach Kriegsende kennengelernt und waren damals schon für einige Zeit ein Paar. Nach der Schule haben sie sich allerdings jahrelang aus den Augen verloren. Mein Vater war anderweitig verheiratet und wurde dann wieder geschieden. Als meine Eltern im Herbst 1964, im Alter von jeweils 31 Jahren, wieder miteinander in Kontakt getreten sind, hat meine Mutter nach abgeschlossenem Medizinstudium schon seit einigen Jahren als Ärztin in Greifswald gearbeitet. Mein Vater, der zunächst als ausgebildeter Sportlehrer an einer Schule in Rostock unterrichtet hatte, hat nach einer Sportverletzung ebendort ein Medizinstudium aufgenommen und steht wohl kurz vor seinen Abschlussprüfungen.
Wenn es damals schon Emojis gegeben hätte, hätte man beim Telegramschicken noch Geld sparen können… Die Fortsetzung erscheint im nächsten „Forschungsbericht“.
Abschließend hier nur noch die nicht ganz unwichtige Information, dass meine Eltern bereits am 15. Dezember 1964 im Standesamt Rostock geheiratet haben, also kaum mehr als zwei Monate nach ihrem Wiedersehen und keine drei Monate, nachdem mein Vater den obenstehenden Brief an meine Mutter geschrieben hat. So war das damals. Erst weitere sieben Jahre später bin ich auf die Welt gekommen.
6. Lass‘ jubeln, Kumpel: Zum 90. Geburtstag von Hans-Henning Claer. Eine Hommage
Und nun soll wie angekündigt auch noch einmal der einzige Prominente unserer Familie zu seinem Recht kommen. Nur aus dem bereits im vorigen Kapitel angeführten Grund, dass inzwischen (fast) keine Verwandten oder Bekannten aus der Generation meiner Eltern mehr am Leben sind, vor denen ich mich schämen müsste, bringe ich es über mich, nun von meiner ersten Begegnung mit Hans Henning „Moppel“ Claer zu erzählen. Ich muss wohl 15 oder 16 Jahre alt gewesen sein. Damals, es war wohl ca. 1986, lebte ich mit meinen Eltern in einem kleinen Dorf am Stadtrand von Lübeck – aber auf der Ost-Seite, nahe dem Grenzgebiet. Wegen der exponierten Lage ganz dicht am Westen gab es, was damals in der DDR sehr wichtig war, exzellenten Westfernseh-Empfang. Und das Beste und Neueste war, dass es seit Mitte der Achtziger neben den gewohnten öffentlich-rechtlichen Kanälen auch noch zusätzlich zunächst zwei Privatfernsehsender gab: RTL plus und Sat1. Die konnte man in der DDR nur in unmittelbarer Nähe der Westgrenze empfangen, weshalb wer dort wohnte, zu dieser Zeit besonders häufig Besuch aus anderen Teilen der DDR empfing. Denn im Privatfernsehen lief – was die größte Attraktion war – jeden Samstagabend um 23 Uhr ein sogenannter „versauter Film“. Es handelte sich um „Sexklamotten“ aus den Siebziger- und frühen Achtzigerjahren mit Titeln wie „Frau Wirtin bläst Trompete“ oder „Beim Jodeln juckt die Lederhose“ oder eben auch „Lass jucken, Kumpel“. Zwar muss man betonen, dass das, was dort gezeigt wurde, aus heutiger Sicht an Harmlosigkeit kaum zu überbieten ist. Zweifellos geht das, was sich heute Mittelstufenschülerinnen und Mittelstufenschüler auf ihren Handys zuschicken, weit über alles hinaus, was seinerzeit im „Schulmädchenreport“ zu sehen war. Und doch hatte es den geheimen Reiz des Verbotenen, vor allem für uns im Osten, wo ja auch anderes solcher Art kaum zu bekommen war. Kurz gesagt, ich entwickelte eine gewisse, wohl auch altersbedingte Neugier auf solche Filme, wie sie zu besagter Stunde im Nachtprogramm der Privatsender gezeigt wurden, und sah mir gelegentlich im kleinen Schwarzweißfernseher, der in meinem Zimmer stand, natürlich mit äußerst reduzierter Lautstärke und immer mit dem Finger am Senderknopf, um rechtzeitig umschalten zu können, falls jemand hereinkommen würde (es gab ja im Osten keine Fernbedienungen) so etwas an.
Und dann geschah es: Die Ansagerin – damals wurde tatsächlich noch jede Fernsehsendung von einer Ansagerin im adretten Kostüm angesagt, und im Privatfernsehen waren das ausnahmslos besonders attraktive junge Frauen – die Ansagerin also sagte um kurz vor elf: „Und nun ein Film von Hans Henning Claer…“ Und bald darauf sah ich den Vorspann des Films mit dem Schriftzug „Hans Henning Claer“. Ich war ganz aufgeregt, dass da jemand genau unseren Namen trug, denn bisher hatte ich immer geglaubt, dass niemand sonst so heißen würde wie wir. Nur leider konnte ich es meinen Eltern nicht erzählen. Es wäre natürlich viel zu peinlich gewesen, die näheren Umstände zu erklären. Niemals wurde in unserer sittenstrengen Familie auch nur ein Wort darüber gesprochen, was jede Woche im Privatfernsehen gezeigt wurde.
Und so ist mir Hans-Henning Claer erst wieder mehr als zwei Jahrzehnte später im Rahmen meiner „Ahnenforschung“ begegnet. Oft hatte ich mir in all den Jahren den Familien-Stammbaum, den mein Großvater hinterlassen hat, angeschaut und jedes Mal festgestellt, dass es wohl keine Verwandten unseres Namens außer meinem kinderlosen Onkel Gerd mehr geben könne. Die einzige Nebenlinie, die dafür infrage käme, endete dort mit Erich Claer und seinen zwei Schwestern. Dass hier eine Verbindung zu dem anrüchigen Buchautor Hans Henning Claer bestehen könnte, dessen Bücher ich in den Neunzigerjahren als Oberschüler in Bremen manchmal auf dem Flohmarkt liegen gesehen und neugierig betrachtete hatte (aber natürlich traute ich mich nicht, sie mit nach Hause zu nehmen), dass eine Verbindung also zwischen ihm und unserer sittenstrengen Familie bestehen könnte, das konnte ich mir lange Zeit nicht vorstellen.
Und dann bestellte ich mir vor etwas über zehn Jahren aber doch zu Forschungszwecken Hans Henning Claers Autobiographie „Bulle, Schläger, Nuttenjäger“. Ja, nun war alles klar. Als ich meinem Vater daraufhin meinen „Forschungsbericht“ geschickt hatte, schämte er sich für diese heikle Verwandtschaft so sehr, dass er meinen Text vor meiner Mutter verheimlichte. Aber einige Zeit später nahm er mich bei einem Treffen einmal zur Seite und sagte zu mir: „Mir fällt das jetzt erst wieder ein: Damals in der Schule haben mir die älteren Schüler manchmal ‚Moppel Claer‘ hinterhergerufen und laut gelacht. Ich wusste nie, was das sollte. Ich kannte den ja nicht. Die werden dann wohl den gemeint haben…“ Mein Vater war zwar grundsätzlich sportinteressiert, aber es muss wohl an ihm vorbeigegangen sein, dass „Moppel“ Claer schon bald nach Kriegsende ein populärer Boxer in West-Berlin gewesen ist, der offenbar auch in Mecklenburg seine Fans hatte…
Anlässlich seines 90. Geburtstag am 30. Dezember hier noch eine kleine Serie historischer Fotos von ihm, die derzeit im Internet kursieren, in chronologischer Reihenfolge:

Das Bild „Boxer-Siegerehrung“ ist bei Ebay zum Preis von 28,00 Euro versandkostenfrei erhältlich.

Ebenfalls 28,00 Euro bei Gratisversand werden für das Bild „Boxkampf Schimanski gegen Claer“ bei Ebay aufgerufen.

Für nur 9,90 Euro ist hingegen – ebenfalls bei Ebay – die Filmzeitschrift „Film-Echo/Filmwoche/Filmblätter Nr. 27 vom 15. Mai 1974 zu haben.

Und schließlich käme man bei diesem Pressefoto aus den Siebzigerjahren sogar schon für 5,99 Euro zum Zuge.
7. Schluss und Ausblick
Soviel also für diesmal von der Familienforschung. Im nächsten Jahr geht es weiter mit hoffentlich wieder vielen neuen Erkenntnissen und Entdeckungen.
Dezember 2017: Ahnenforschung Claer, Teil 9
Im zurückliegenden Jahr 2017 bin ich leider kaum zum „Ahnenforschen“ gekommen. Entsprechend dünn fällt mein diesjähriger Forschungsbericht aus. Aber ein paar interessante Zufallsfunde aus dem Netz sind dann doch zusammengekommen.
1. Treffen bei Jotzer
Zunächst entdeckte ich auf http://www.neidenburg.de/bildarchiv/neidenburg/neidenburg-handel/ dieses Foto mit der Beschriftung „Treffen bei Jotzer: um 1935, v.l.n.r. Pagenkopf, von Glinowiecki, unbek., Jotzer, Klucke, unbek., Siebierski, Freitag, Claer“.
Inzwischen habe ich keinen Zweifel mehr daran, dass der Herr mit den übereinander geschlagenen Beinen am rechten Bildrand mein Großvater Gerhard Claer (1905-1974) im Alter von etwa 30 Jahren ist. Zwar lässt sich sein Gesicht leider nur im Profil erkennen, aber ein Vergleich mit anderen Fotos von ihm aus jenen Jahren legt nahe, dass ich mich nicht täusche. Bemerkenswert ist vor allem, dass mein Opa offenbar an einem Schlagzeug sitzt und dabei sogar einen Trommelstock in den Händen hält. Zu welchem Zweck genau diese fröhliche Herrenrunde von Anzugträgern hier zusammenkam, ist unklar, doch konnte ich herausfinden, dass die Konditorei Robert Jotzer, Am Markt in Neidenburg, Inhaber: D. Jotzer, wohl seinerzeit eine beliebte Adresse gewesen sein muss.
2. Der Fleischer von Königsberg – und ein Klär mit K von der Post!
Ferner stieß ich in einem Forum für Ahnenforschung (http://forum.ahnenforschung.net/archive/index.php/t-31116.html)
unter den „Sterbefällen von Zivilpersonen Januar-März 1945“ in Pillau/Ostpreußen auf einen
– Johann Klär, geb. 23.9.1869, aus Königsberg (Pr), gest. Pillau 21.3.1945.
Diesen Johann Klär fand ich dann ebenfalls unter https://adressbuecher.genealogy.net/addressbook/54747b6e1e6272f5d19916ab?start=K&sort=firstName&offset=4400&max=25&order=desc
in den „Einträgen aus dem Einwohnerbuch von Königsberg und den Vororten 1935“:
– Klär Johann Fleischer Königsberg (Pr.) Schrötterstraße 174.
Demnach hat es also schon Klärs mit K und ä in Königsberg gegeben, bevor der Postsekretär Otto Albert Claer (1872-1931), der ältere Bruder meines Urgroßvaters Georg Claer (1877-1930), sich dort kurz nach 1900 niedergelassen hat. Ich meine sogar, mich außerdem an einen Arbeiter namens L. Klär in Königsberg zu erinnern, auf den ich vor einigen Jahren bei meinen Recherchen gestoßen bin, aber leider kann ich ihn trotz Suchmaschine weder in meinen Texten noch im Netz wiederfinden. Doch es wird noch interessanter, denn direkt unter dem Fleischer Johann Klär findet sich im besagten Königsberger Adressbuch von 1935:
– Klär, Joh. Oberpostschaffner i.R. Königsberg (Pr.) = Alter Garten 23
Das ist nun aber wirklich eine Überraschung! Ein Klär mit K und ä von der Post! Bisher glaubten wir, die Claers von der Post seien nur mein Ururgroßvater Franz Claer (1841-1906) und seine Söhne Otto (1872-1931), Georg (1877-1930) und Richard (1881-??) gewesen.
Darüber hinaus hatten wir nur noch den – sehr schwer lesbaren – Hinweis auf einen Postzöllner (Postschaffner? Postsekretär? Postemittent? Postillion? Postzusteller?) Otto Konrad Albert Claer, geboren 1840 in Alt-Löbgau, Amt Wehlau, wohnhaft in Tapiau, gefunden, den wir bisher nicht so recht zuordnen konnten.
Dieser Oberpostschaffner Joh. Klär in Königsberg war 1935 also bereits im Ruhestand, d.h. er könnte ca. um 1870 herum geboren sein. Wer weiß, vielleicht war er ein Cousin „unserer“ drei Brüder von der Post. Mein Ururgroßvater Franz hatte ja zahlreiche ältere Brüder (alle bei ihrer Geburt in Juditten bzw. der älteste in Corjeiten noch Clair geschrieben), von denen vielleicht einer bedingt durch einen Ortswechsel irgendwann mit K und ä geschrieben wurde. Noch bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein war ja die individuelle Namensschreibweise nicht verbindlich festgelegt. Womöglich also war jener Oberpostschaffner Joh. Klär für den Postsekretär Otto Claer, den beruflich ambitioniertesten der drei Brüder Claer von der Post, sogar der Anlaufpunkt in Königsberg. Und der Fleischer Johann Klär könnte vom Alter her wiederum ein weiterer Cousin des Oberpostschaffners Johann Klär gewesen sein. Dass Brüder denselben Vornamen getragen haben könnten, erscheint selbst in der damaligen Zeit wenig wahrscheinlich. Was Vettern oder noch weitläufigere Verwandte angeht, gab es solche Skrupel offensichtlich weniger, was schon an den vielen Friedrich Claers, Wilhelm Claers und Otto Claers deutlich wird, auf die wir bei unseren Forschungen gestoßen sind.
Und schließlich konnte ich im Online-Archiv der Preußischen Allgemeine bzw. des Ostpreußenblatts
(http://archiv.preussische-allgemeine.de/1974/1974_12_07_49.pdf) noch einen weiteren Klär aus Königsberg finden – auch er mit dem Vornamen Johann!
Geboren worden sein muss dieser dritte Johann Klär aus Königsberg also um 1897. Damit käme er als Sohn entweder des Fleischers oder des Oberpostschaffners in Betracht.
3. Der Rentner von Norkitten
Und wir setzen noch eins drauf mit einem vierten Johann Claer – diesmal aber mit C und ae geschrieben – der auf der Seite
http://www.paradeningken.de/norkitten/gueter/norkitten/norkitten_bewohner.htm als Bewohner des Landguts Norkitten erwähnt wird:
– Claer, Johanne – Rentenempfänger, erwähnt 1927, Geburtsdatum: k.A., Geburtsjahr: k.A.
Dort steht wirklich „Johanne“. Vielleicht ist es ein s zu wenig oder ein e zu viel. Auch dieser Johann(es) Claer war also zur Zeit seiner Erwähnung Rentner, genau wie sein Namensvetter mit K und ä von der Post aus Königsberg. Das Geburtsdatum des Rentners von Norkitten könnte folglich um 1860 herum liegen.
Das Gut Norkitten liegt etwa auf halber Strecke zwischen Wehlau und Insterburg.
Und diese Gegend ist uns bereits aus früheren Forschungen bekannt:
– Zunächst wurde der oben erwähnte Postzöllner (Postschaffner? Postsekretär? Postemittent? Postillion? Postzusteller?) Otto Konrad Albert Claer, 1840 in Alt-Löbgau, Amt Wehlau, geboren und war später wohnhaft in Tapiau, das auch im Kreis Wehlau lag.
– Aber auch mein Ururgroßvater Franz Claer von der Post (er war gelernter Schneider und hat später auf den Postdienst umgesattelt) ist 1841 in Eichenberg / Kreis Wehlau geboren worden. Ganz genau laut dem handschriftlichen Zusatz meines Großvaters im ausgefüllten Fragebogen der Reichsstelle für Sippenforschung in „Eichenberg I Jagt Plebischkainen“ oder ähnlich.
– Passend dazu hatten wir im Amtsblatt der preußischen Regierung von 1839 den Eintrag gefunden: „Dem invaliden Jäger Friedrich Claer ist die einstweilige Verwaltung der Försterstelle zu Eichenberg, Oberförsterei Drusken, vom 1sten Oktober d. J. an übertragen.“ Das war mein Urururgroßvater, der Vater meines Ururgroßvaters Franz Claer. Ein Jahr darauf, 1840, hieß es im Amtsblatt: „Der invalide Jäger Friedrich Clär ist auf der Försterstelle zu Eichenberg I., Oberförsterei Drusken, definitiv als Förster bestätigt worden.“ Ein weiteres Jahr später kam mein Ururgroßvater Franz Claer zur Welt.
– Und schließlich hat auch der Müller Hermann August (oder August Hermann) Claer, Jahrgang 1833, ein älterer Bruder meines Ururgroßvaters Franz Claer, in Geidlauken im Kreis Labiau eine Familie gegründet, der 1872 der spätere Fuhrmann Franz Richard Claer entstammte, der ins Rheinland auswanderte. Und Labiau ist der nördliche Nachbarkreis von Wehlau. Wir befinden uns im Gebiet östlich von Königsberg, westlich von Gumbinnen, wo ja vermutlich die ersten ostpreußischen Clercs/Clairs ab 1712 in der Schweizer Kolonie ansässig waren.
Johann(es) Claer, der Rentner von Norkitten, lebte also im Jahr 1927 nicht weit entfernt von all diesen genannten Claers. Auch ist an dieser Stelle an den Oberförster Johann Wilhelm Claer (geb. 1802 in Ludwigswalde) zu erinnern, den jüngeren Bruder meines Urururgroßvaters (Christian) Friedrich Claer. Er könnte der Namenspatron des Rentners von Norkitten gewesen sein, der um 1860 womöglich nach seinem Großvater oder Großonkel benannt worden ist. Vielleicht gab es auch noch einen weiteren Johann Claer in der dazwischenliegenden Generation, der dann ein Cousin meines Ururgroßvaters Franz Claer von der Post gewesen sein könnte. Und unter Umständen sind ja sogar die drei Königsberger Johann Klärs mit K und ä indirekt nach ihm benannt…
4. Die Wanderungen der ostpreußischen Claers in meiner Namenslinie
Die untenstehende Karte der ostpreußischen Kreise gibt einen guten Überblick über die Wanderbewegungen der ostpreußischen Claers in meiner (männlichen) Namenslinie:
– Einwanderung von Clercs/Clairs aus St. Imier (Französische Schweiz) in den Raum Gumbinnen um 1712; von dort irgendwann nach 1712 abgewandert
– der Unterförster Friedrich Wilhelm Clair (1770-1815), mein Ururururgroßvater, aufgetaucht Ende des 18. Jahrhunderts in Ludwigswalde, südlich von Königsberg
– der königlich-preußische Revierförster (Christian) Friedrich Clair, mein Urururgroßvater, geboren 1799 in Ludwigswalde, geheiratet in Corjeiten, Kreis Fischhausen, später ansässig in Juditten bei Königsberg, 1839 verzogen nach Eichenberg (Kreis Wehlau)
– der Postschaffner/Landbriefträger Franz Claer (1841-1906), mein Ururgroßvater, geboren in Eichenberg (Kreis Wehlau), geheiratet in Usdau bei Soldau (Kreis Neidenburg)
– der Postangestellte Georg Claer (1877-1930), mein Urgroßvater, geboren in Usdau (Kreis Neidenburg), später ansässig in Neidenburg
– der Kreisinspektor Gerhard Claer (1905-1974), mein Großvater, geboren in Neidenburg, gegen Ende des Krieges aus Ostpreußen geflüchtet
– der Arzt Dr. Joachim Claer (1933-2016), mein Vater, geboren in Neidenburg, vor Kriegsende aus Ostpreußen geflüchtet.
5. Claers und Klaers im Ruhrgebiet – der Kleingärtner von Wanne-Eickel
Vor und nach Kriegsende sind viele Ostpreußen u.a. ins Ruhrgebiet geflohen. Nicht umsonst ist Bochum später zur Partnerstadt von Neidenburg geworden.
So fand ich dann etwa in den gesammelten Todesanzeigen des Ostpreußenblatts
(https://ahnen-forscher.com/forums/Genealogy-Thema/das-ostpreussenblatt-jahrgang-14folge-14-vom-06-04-1963-3/) den Hinweis auf einen Fritz Klaer aus Bochum-Hamme:
„Plötzlich und unerwartet entriß uns der unerbittliche Tod unsere liebe Schwester, Schwägerin und Tante Marie-Juliane Heir geb. Klaer früher Osterode – Gumbinnen im Alter von 76 Jahren. Ihr Leben war stets hilfsbereite Nächstenliebe. In tiefer Trauer Hans v. Redern und Frau Elisabeth, geb. Klaer, Annemarie, Christa und Hans Wilhelm v. Redern, Fritz Klaer Bochum-Hamme, Gahlensche Straße 143 Familie Hein
Duisburg, Tiergartenstraße 48, im März 1963“
Einen Fritz Klaer mit K hatte ich gerade vor einem Jahr auch in Neidenburg ausfindig gemacht, genau genommen sogar zwei:
„Neidenburg, 31.12.1913: Der Kaufmann Fritz Klaer, wohnhaft in Neidenburg Jarborstraße, evangelischer Religion, zeigt an, dass er von der Emma Klaer geborenen Olschenski, seiner Ehefrau, wohnhaft bei ihm, zu Neidenburg in der angezeigten Wohnung am 31.12.1913 vormittags um zwölfeinviertel Uhr ein Knabe geboren sei und dass das Kind den Namen Fritz Willy Theodor erhalten habe.“
Vielleicht ist dieser Neidenburger Kaufmannssohn Fritz Willy Theobald Klaer, Jahrgang 1913, also sogar identisch mit dem trauernden Fritz Klaer aus Bochum-Hamme 1963. Er wäre 1963 demnach 50 Jahre alt gewesen, was ja durchaus passen würde.
Darüber hinaus konnte ich sogar einen Dieter Claer mit C in Wanne-Eickel entdecken, nicht zu verwechseln mit meinem Onkel dritten Grades Dieter Claer, dem Auswanderer nach Kanada und jüngeren Bruder des Skandal-Schriftstellers „Moppel“ Claer. Jener Dieter Claer in Wanne-Eickel, der sich bisher noch nirgendwo zuordnen lässt, ist jedenfalls in einem Zeitungsartikel als Vorsitzender des Stadtverbandes der Kleingärtner aufgetreten:
http://www.nrz.de/staedte/herne-wanne-eickel/unwetterschaeden-versicherung-ist-am-zug-id8112855.html
Unwetterschäden: Versicherung ist am Zug
Redaktion
25.06.2013 – 15:02 Uhr
Wanne-Eickel. Der Ärger über die Stadt ist nach den Unwetterschäden in der vergangenen Woche noch nicht verraucht. Im Raum steht auch die Frage, wer für die Kosten aufkommt, die durch die auf ein Laubendach gestürzte Birke entstanden ist.
Vor einer Woche stürzte eine entwurzelte Birke nach einem Unwetter aufs Dach der Laube des Kleingärtners Manfred Schwiderski (wir berichteten). Die Schäden sind beseitigt, doch der Ärger des Kleingärtners der Wanner Anlage „Erholung“ über die Stadt ist längst nicht verraucht. Und auch die Frage, wer für die entstandenen Schäden haftet, steht im Raum.
Versichert ist Manfred Schwiderski über den Stadtverband der Kleingärtner. „Der Schaden ist an die LVM nach Düsseldorf gemeldet, zusammen mit dem WAZ-Bericht über den Vorfall“, sagt Dieter Claer, Vorsitzender des Stadtverbandes der Kleingärtner, auf Anfrage. Es wird wohl zu klären sein, ob nun die Versicherung oder doch die Stadt zuständig ist. „Der Baum stand ja unter Stadtaufsicht“, so Claer.
„Sehr ärgerlich“ findet Manfred Schwiderski die Erklärungen der Stadt. Wie berichtet, hatte diese nach dem Unwetter jede Schuld von sich gewiesen. „Wenn ich solche Aussagen seitens der Stadt höre, könnte ich aus der Haut erfahren“, erklärt der 76-Jährige. Bereits vor etwa drei Jahren habe die jetzt aufs Dach gestürzte Birke nach einem Unwetter eine Neigung von rund 15 Prozent erfahren. Und: Auf seinem Grundstück seien regelmäßig abgestorbene Äste von besagter Birke gelandet.
Der Vorstand von „Erholung“ macht geltend, dass Stadtgrün bereits 2012 auf Schäden an dieser und anderen Birken im öffentlichen Bereich der Wanner Anlage hingewiesen worden sei. „Geht man heute durch diesen Bereich, sieht man noch andere Missstände“, so Schwiderski. Seine Botschaft an die Stadt: „Kommt ja nicht mit einer faulen Ausrede, wenn der erste Mensch durch einen umgestürzten Baum zu Schaden kommt.“
6. Weitere Namensträger als Literaten
In meiner umfangreichen Korrespondenz mit meiner Tante dritten Grades Lorelies, der Schwester des genannten Kanada-Auswanderers Dieter Claer sowie des Skandal-Schriftstellers „Moppel“ Claer, konnten wir uns nach intensivem Vergleich unserer Familienzweige auf drei gemeinsame Merkmale nahezu aller Claers einigen: die großen Nasen, die Lustigkeit/Witzigkeit und den guten Schreibstil. Insofern passt es ins Bild, dass ich noch drei weitere Namensträger entdecken konnte, die als Literaten in Erscheinung getreten sind.
a) John Clare – der romantische Naturdichter aus England
Zunächst ist hier der Engländer John Clare (1793-1864) zu nennen (Porträt von William Hilton 1820), auf den ich durch einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung aufmerksam geworden bin. Eine Verbindung zu unseren Claers ist eher fernliegend, aber wer weiß… Bei Wikipedia heißt es über ihn u.a.:
„John Clare (* 13. Juli 1793 in Helpston, Northamptonshire; † 19. Mai 1864) war ein englischer Naturdichter und bekannt als einer der besten Beschreiber des Landlebens. … John Clare wurde am 13. Juli 1793 in Helpstone als Sohn eines Tagelöhners geboren. Er entwickelte sich trotz sehr geringer Bildungsmittel glücklich und schnell. James Thomsons Seasons weckten sein poetisches Talent und begeisterten den 13-Jährigen zu dem Lied The morning walk und dessen Gegenstück The evening walk. John Turnill in Helpstone nahm sich seiner an und unterrichtete ihn im Schreiben und Rechnen. Seinen Unterhalt erwarb Clare sich durch Handarbeiten und Violinspiel, Gott und die Natur besang er alleine zum eigenen Vergnügen. 1818 kam sein Sonett auf die untergehende Sonne in die Hände des Buchhändlers Drury zu Hamford, und dieser veranlasste die Ausgabe einer Sammlung von Clares Poems descriptive of rural life and scenery, die allgemeine Teilnahme erregte. Eine andere, ebenso erfolgreiche Sammlung seiner Gedichte erschien unter dem Titel The village minstrel, and other poems. Hierdurch in den Besitz eines kleinen Vermögens gelangt, ließ sich Clare in Helpstone häuslich nieder, geriet aber durch unglückliche Landspekulation in Elend. Er starb am 19. Mai 1864 in einer psychiatrischen Klinik.“
In deutscher Sprache ist von ihm erschienen: Reise aus Essex und andere Selbstzeugnisse, übersetzt von Esther Linsky. Matthes und Seitz, Berlin 2017, ISBN 978-3-95757-327-8.
(https://de.wikipedia.org/wiki/John_Clare)
b) Carl Gottfried Klaehr – der Lustspieldichter aus Dresden
Schon eher könnte sich der nächste Schriftsteller unseres Namens, Carl Gottfried Klaehr (1773-1842) aus Dresden, als ein Verwandter erweisen. Eine Verbindung zu den Thüringischen oder Schlesischen Claers erscheint möglich. Wikipedia schreibt über ihn u.a.:
„Carl Gottfried Klaehr (geboren am 12. Mai 1773 in Dresden; als Geburtsjahr wird auch abweichend 1777 angegeben; gestorben am 16. Mai 1842 in Meißen) war ein deutscher Lustspieldichter und Porzellanmaler. …
Nachdem er sich selbst als Porzellanmaler ausgebildet hatte, trat Klaehr 1793 in die Porzellanmanufaktur Meißen ein, deren Angestellter er bis zu seiner Pensionierung 1828 blieb. 1810 verfasste er zum 100-jährigen Gründungsjubiläum der Manufaktur das Festgedicht Die Weihe des Danks. Daneben ist er Autor zahlreicher eher anspruchsloser Lustspiele, von denen 17 noch im Druck nachweisbar sind. Meist erschienen sie sowohl in Sammel- als auch in Einzelausgaben. Es handelt sich um konventionelle, oft mit kleinen Musikeinlagen dargebotene Gebrauchsstücke mit den üblichen Verwechslungen, Verkleidungen und Intrigen.“
(Bei den „eher anspruchslosen Lustspielen“ musste ich gleich wieder an meinen Onkel dritten Grades „Moppel“ Claer und seine Romane wie „Lass jucken, Kumpel“ denken… )
Als wichtige Werke des Carl Gottfried Klaehr, nach anderer Schreibweise auch Klähr und Klär geschrieben, nennt Wikipedia:
· Dramatische Ephemeren. Meißen 1809 (enthält: Die Lotterielisten, Die Rettung und Die geliebten Feinde).
· Die Friedens-Feyern. Meißen 1810.
· Die Weihe des Danks. Gedicht. Meißen 1810.
· Neue Lustspiele. Meißen 1814 (enthält: Das Wechselrecht oder das gestohlene Manuscript und Der Patriot oder die ungewisse Hochzeit)
· Blüthen der Natur. Meißen 1815.
· Theaterspiele. Meißen 1816 (enthält: Das Wachsfiguren-Kabinett, Die Theaternoth und Die Pfirschendiebe).
· Neue Theaterspiele. Meißen 1817 (enthält: Rache, oder Wer zuletzt lacht, lacht am besten, Röschens Hochzeit und Das moderne Paradies).
· Bühnenspiele. Meißen 1819 (enthält: Der Alchymist, Das seltene Wiedersehen).
· Zwei neue Lustspiele. Meißen 1834 (enthält: Von Sieben die Häßlichste und Wachtmantel und Schlafrock).
(https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gottfried_Klaehr
c) Der Bestseller-Clair von der Bundeswehr
Und schließlich habe ich noch einen zeitgenössischen Bestseller-Autor namens Johannes Clair (geb. 1985) entdeckt, der als vorübergehend in Afghanistan stationierter Bundeswehrsoldat durch die Schilderung seiner dortigen Erlebnisse in Buchform berühmt geworden ist. Allerdings stammt dieser Autor Clair aus Wiesbaden, was nicht unbedingt an eine Verbindung zu unseren ostpreußischen Claers und Clairs denken lässt. Der einzige Umstand, der dennoch für eine solche Verbindung sprechen könnte, ist seine schriftstellerische Begabung… Bei Wikipedia heißt es über ihn:
„Johannes „Joe“ Clair (* 16. Oktober 1985 in Wiesbaden) ist ein deutscher Autor und Oberstabsgefreiter der Fallschirmjägertruppe der Bundeswehr. Im Oktober 2012 veröffentlichte er sein erstes Buch Vier Tage im November über seinen Einsatz in Afghanistan. … Als Infanterist Spezielle Operationen nahm er vom Juni 2010 bis Januar 2011 am Afghanistan-Einsatz im Rahmen des ISAF-Mandates teil und erlebte den Strategiewechsel der NATO hautnah mit. Dort wurde er als G3ZF-Schütze eingesetzt und war Teil der ersten Gruppe des G-Zuges im Feldlager Kundus. Über seinen Einsatz und seine Teilnahme an der Operation Halmazag schrieb er das Buch Vier Tage im November (2012). Es war 2013 für 37 Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste.
Nach dem Dienstzeitende begann er Sozialökonomie an der Universität Hamburg zu studieren und hält nebenbei Vorträge über seine Erfahrungen in ganz Deutschland. Im Zuge seines Engagements für mehr Bewusstsein für Bundeswehrsoldaten ist er regelmäßig im Fernsehen präsent. Zudem war er 2013 Protagonist in der Flüchtlingsdokumentation Auf der Flucht – Das Experiment, die im ZDF ausgestrahlt und für die Clair mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde. Clair schreibt außerdem für das JS-Magazin, einer Publikation der evangelischen Kirche für junge Soldaten. Zudem hat er ein Geleitwort für das im Oktober 2014 im Carola Hartmann Miles-Verlag erschienen Buch Armee im Aufbruch verfasst. Zur Bewältigung seiner Einsatzerlebnisse befindet sich Clair derzeit in einem Programm für traumatisierte Soldaten der Bundeswehr.
Clair engagiert sich ehrenamtlich in der Veteranenarbeit und ist zum stellvertretenden Vorsitzenden des Bundes Deutscher EinsatzVeteranen (BDV) gewählt worden. Über diese Organisation versucht er, mehr Bewusstsein für Einsatzrückkehrer der Bundeswehr zu generieren und Betroffenen zu helfen.“
(https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Clair)
7. Einmal am Rhein – die Filmfigur „Elvira Claer“
Zu guter Letzt noch ein recht sonderbarer Fund: Im deutschen Kino-Klassiker „Einmal am Rhein“ aus dem Jahr 1952 von Regisseur Helmut Weiss (u.a. “Die Feuerzangenbowle”) lautet der Name der weiblichen Hauptfigur (nicht der Name der sie verkörpernden Schauspielerin!): Elvira Claer. Exakt so geschrieben!
„Witwer Damian Bacchus ist der Vater der hübschen Töchter Trautchen, Billa und Grietchen. Alle vier betreiben ein kleines Gasthaus. Doch das kann nicht alles sein. Damian kauft das viel größere Restaurant “Rheinschlösschen”. Elvira Claer, die Eigentümerin des “Grand Hotel” und einst in Damian verliebt, der sich dann aber für eine andere entschied, will ihm das “Rheinschlösschen” aus Rache abjagen… Mit Volksschauspielern wie Paul Henckels, Beppo Brem und Harald Paulsen. Mit vielen rheinischen Liedern von Willi Ostermann und seinem berühmtesten Stück “EINMAL AM RHEIN”!“
(https://www.spondo.de/einmal-am-rhein.html)
Was die Drehbuchautoren Richard Billinger und Werner Eplinius sich wohl bei dieser Namensgebung gedacht haben? Billinger war Österreicher, Eplinius hingegen stammte aus einem Vorort von Potsdam und war vorübergehend als Dramaturg an den Theatern in Potsdam und Neustrelitz/Mecklenburg tätig. Mein Vater Joachim und seine Schwester Renate Claer besuchten von 1947 bis 1951 bzw. 1946 bis 1950 die Oberschule in Teterow/Mecklenburg (wo sich auch meine Eltern kennengelernt haben). Meine Tante Renate, die für ihre überragenden Deutsch-Aufsätze berühmt und beim anderen Geschlecht extrem beliebt war, hatte schon als Schülerin ein starkes Interesse an Literatur. Und das von Teterow aus nächstgelegene Theater war das in Neustrelitz. Alles andere ist Spekulation…
Ausblick
Das war’s schon für diesmal. Im nächsten Jahr werde ich hoffentlich wieder intensiver und ausgiebiger forschen können.
Berlin, Dezember 2017
November 2016: Ahnenforschung Claer, Teil 8
Forschungen zur Geschichte unseres Familiennamens aus den letzten anderthalb Jahren
Gerade noch im alten Jahr 2016 komme ich zur Niederschrift meiner gesammelten Erkenntnisse aus den letzten anderthalb Jahren. Das nun bald vergangene Jahr war für uns kein glückliches, da in ihm gleich drei Claers verstorben sind, wodurch auch der Kreis der Interessenten an unseren Forschungen drastisch geschrumpft ist. Doch dafür konnte ich immerhin zu einer entfernten verwandten Namensträgerin Kontakt aufnehmen, die mir überdies bei der Entzifferung einschlägiger Dokumente sehr geholfen hat…
1. Korrekturen in Ludwigswalde: Weniger Claers als gedacht!
Auch diesmal beginnen wir mit den Claers in Ludwigswalde bei Königsberg, wo unsere ältesten gesicherten Vorfahren, der Unterförster Friedrich Wilhelm Claer (1770-1815) und seine Ehefrau Susanne Hoemke, 1799 eine Familie gründeten, indem mein Urururgroßvater (Christian) Friedrich Claer das Licht der Welt erblickte. Außerdem lebte in Ludwigswalde auch „unseres“ Friedrich Wilhelm Claers mutmaßlicher Bruder Johann Friedrich Claer mit seiner Frau Susanna Dorothea Liedmann (verwitwete Kopfhammer), deren angebliche Heirat mit „unserem“ Friedrich Wilhelm 1796 (so steht es im Kirchenbuch) wir für einen Eintragungsfehler halten; sie muss Johann Friedrich geheiratet haben, mit dem sie ein Jahr später auch einen Sohn bekam, der allerdings kurz nach Geburt wieder verstarb. Darüber hinaus hatten wir in den Kirchenbüchern noch mehrere weitere eventuelle Claers entdeckt, bei denen wir uns durchweg unsicher waren, ob wir richtig gelesen hatten. Nun hat mich dankenswerterweise der Schriftexperte und Genealoge Patrick P. insoweit korrigiert, dass wir uns in allen diesen Fällen geirrt haben. Die einzigen Claers in Ludwigswalde waren die beiden Förster und ihre Familien, die aber auch nur zwischen 1796 und 1803 in den Kirchenbüchern auftreten. Hier zunächst unsere ursprünglichen Entzifferungsversuche und danach die Korrekturen des Experten:
– S. 123 (1752):
Am 1. Oktober ist des Gottfried Klair, iun, militis. Weib, Julia Ruollin mit einer Tochter niedergekommen, selbige wurde Maria 4. … getaufet.
Richtig: den 1 Octobr. ist des Gottfried Kleinen, militis, Weib, geb. Krollin, mit einer Tochter niedergekommen, …
– S.116 (1749):
Am 13. September ist des Gottfried Klair jun., Musquetiers vom Mountenfil … Regiment sein Weib mit einer Tochter niedergekommen, selbda wurde als dann 1.4. getauft nomine Louisa.
Richtig: den 13 Septembr. ist des Gottfried Kleinen, Musqvetiers vom Manteufelschen Regiment, sein Weib mit einer Tochter …
– S.101 (1739):
Am 11. September ist des Johann ??? Schmids Cleer, Schultzen in Altenburg, Ehegattin mit einem jungen Sohn entbunden welcher am 14. Jujus getaufet und Johann Christoph genannt worden.
Richtig: d 11 Septembris ist des Johann Friedrich Wincklers, Schultzen in Altenberg Ehegattin mit einem jungen Sohn entbunden …
– S. 95 links (1736):
3. February wird der (des?) Minhart Mil. (wohl Abkürzung für Miles = Soldat) Claer, Intimus von hier (könnte heißen: er ist hier gut bekannt), sein Töchterchen, welches ?? 30 (20?) January gegen Abend gebohren, zur Kirche gebracht, und ihm den Nahmen Regina gegeben.”
Richtig: d 3 February ward des Michael Möllers, Instmanns von hier, sein Töchterchen, welches d 30. January …
– S. 61 links-2 und rechts-2 (1794):
dem Johann (oder Jochen?) Christian Klaer. Aufquatier (oder Auf quatier?) vom Depots Batallion ist von seiner Ehefrau, Mar. Elisa Prangin, 8 km abge (abgelegen?) ein Töchterlein gebohren, welches achtzehnten April getauft nomina Cath. Elisabeth.
Richtig: Ludwigsw.., dem Christian M…er Musquetier vom Depot Batallion ist von seiner Ehefrau Mar. Elis Prangin d. 8ten Aprill ein Töchterleich gebohren
(„Anyway, der erste Buchstabe des Nachnamens sieht mir sehr nach einem M aus! Der Rest ist schlecht lesbar.“)
– S.198 li 02 (1754):
Am 24. Januar ist gut ??? ?? An (?) Christoff Nin. (?) Claer, Schultz in Altenberg, mit Jungfer Dagmar Dybben (Delten?) für Hrn. (?) Schultz Casse ist gezahlt 30 gu (Gulden?)
Richtig: 198 li 2 ist der Ehrenveste Christoff Winkckler
– S.238 (1715):
Dom. XVII. ? 13 8 h ließ Hanß Claire sein Töchterlein mit Gesang und Klanck begraben.
(Hier ist vor allem fraglich, ob es Claire heißt, der Rest ist gut lesbar. Der erste Buchstabe könnte eher ein T sein, aber danach folgt keinesfalls ein h…)
Richtig: 238 ist Dom. XVII d 13 8b (Oktober) Hanß Thiel sein Töchterchen mit Gesang und Klanck (Klang! = Glöckenläuten) begraben
Auch beim erwähnten Heiratseintrag, der einen für uns bisher nicht zu entziffernden Zusatz mit Bezug zum Amte Karschau hatte, konnte uns der Experte auf die Sprünge helfen:
– S. 216-rechts-01 (1796):
Ludwigswalde. Friedrich Wilhelm Claer königl. Unterförster mit Wittwe Susanna Dorothea Kopfhammelin 25. ten Sept: copuliert 30 H (Heller?) zur Schulstraße bezahlt. aber Zwilinge (?) gebucht (?) vom Amte Karschau vom (am?) 14 ten Sept. beigebracht 30/32
Richtig: Ludwigswalde. ..rich (aber nicht Friedrich!) Wilhelm Klaer königl: Unterförster mit Wittwe Susanne Dorothea …mmelin d 25ten Sept: copulirt 30 H zur Schulkaße (Schulkasse!) bezahlt. Das Theilungs=Attest (zwischen der Witwe und ihren früheren Kindern) vom Amte Karschau vom 14ten Sept: c: beygebracht (30/32 (Jahre alt))
Das heißt für uns, dass alle unsere Spekulationen über weitere (frühere) Claers in Ludwigswalde außer den beiden Unterförstern Johann Friedrich und Friedrich Wilhelm Claer und deren Nachkommen vom Tisch sind. Die beiden müssen also (wohl in den 1790er Jahren) nach Ludwigswalde zugewandert sein.
Das Amt Karschau hat also nur die zur Heirat mit einer Witwe nötige Bescheinigung ausgestellt. Es gibt keine Hinweise auf die Herkunft der beiden Förster. Ihre Geburtsjahre sind vermutlich bei „unserem“ Friedrich Wilhelm 1770 (Datenbankeintrag) und beim im Heiratseintrag nicht mit korrektem Namen eingetragenen Johann Friedrich 1766 (errechnet gem. Altersangabe bei Trauung: 1796 ist er 30 Jahre alt gewesen).
Woher können diese beiden Förster Claer also gekommen sein? Wahrscheinlich sind es Nachkommen der Clercs/Clairs aus der Schweizer Kolonie im Raum Gumbinnen, die 1710/12 aus St. Imier/ französische Schweiz eingewandert sind, siehe hierzu meine früheren Texte, insbesondere den von 2015. Oder es ist doch etwas dran an der vagen Überlieferung einer Verbindung zu den v. Clairs (Hauptmann von Gumbinnen) oder de Claires (in Küstrin). Oder, am unwahrscheinlichsten: eine anglo-normannische Herkunft über Johann Clare (geb. 1344 in Königsberg), den Erbauer des Königsberger Doms und Bischof vom Samland.
2. Die Clairs in Juditten und Umgebung
Ferner habe ich bereits im August 2015 das Evangelische Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg besucht, um die Clairs in Juditten aufzuspüren, die mein Großvater Gerhard Claer in seiner von mir schon vielfach zitierten Notiz erwähnt hatte:
„An dieser Stelle ist ergänzend auf die handschriftlichen Aufzeichnungen meines Großvaters Gerhard Claer hinzuweisen, wonach im Kirchenregister der ev. Kirche Judithen bei Neidenburg, Jahrgang 1828, Seite 451 Nr. 61 einige Male Clair mit „ai“ erscheint, nämlich: „Heinrich Clair, Förster; Otto C., Gendarm u.s.w., Franz u.s.w. Postbeamter// Geschwister Amelie (?) geb. Clair“. Er geht offenbar von einer Verwandtschaft aus und wertet die dem Französischen näher stehende Schreibweise als Indiz für die ursprünglich französische Herkunft der Familie.“
Die vollständige Notiz meines Opas Gerhard enthielt außerdem noch den Zusatz: „9 Knaben, 3 Mädchen“ Sollte dies die Anzahl der Kinder von Friedrich Claer und Justine Knaebe sein?
In meinem letzten Forschungsbericht im Juli 2015 schrieb ich:
„Wie ich nun festgestellt habe, gibt es aber gar kein Judithen bei Neidenburg. Es gibt nur ein Juditten mit tt, das ein westlicher Vorort von Königsberg ist. Mein Großvater Gerhard muss also dieses gemeint haben. Und das bedeutet: Sowohl Herrmann August / August Herrmann, der spätere Müller, als auch der Förster Heinrich Clair und der Gendarm Otto Clair sowie ein Postbeamter Franz Clair (Ist das bereits „unser“ Franz, geb. 1841, oder womöglich noch ein namensgebender Onkel?) lebten in oder nahe Juditten, wo (Christian) Friedrich Förster war, bevor er 1841 kurz vor der Geburt meines Ururgroßvaters Franz die Försterstelle in Eichenberg, Kreis Wehlau antrat. Entweder sind alle Genannten Söhne von (Christian) Friedrich (dann hätte er fünf Söhne gehabt: den Förster Wilhelm Friedrich, den Förster Heinrich, den Gendarm Otto, den Müller Herrmann August / August Herrmann und den Postangestellten Franz) oder es gab noch andere Claers in Juditten, die (Christian) Friedrich vielleicht die Försterstelle in Methgeten bei Juditten verschafft haben. In jedem Falle sollte es sich lohnen, einen Blick in die Kirchenbücher von Juditten zu werfen. Sie liegen im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg und reichen bei den Taufen bis 1681 zurück. Ich werde das bald in Angriff nehmen.“
Folgendes fand ich im Archiv heraus: Im Wesentlichen konnte ich nur die Taufen der Jahre 1823 bis 1846 in Juditten u. Umgebung durchsehen, zu mehr hat die Zeit nicht gereicht. Demnach haben meine Urururgroßeltern, der Jäger Friedrich Clair und seine Frau Justina Knaebe, dort (konkret in Abken und Metgethen) zwischen 1826 und 1839 sieben Kinder bekommen:
– 1826 Heinrich Julius (17. Dezember)
– 1828 Amalia Dorothea (??. November)
– 1830 Albert Eduard (14. November)
– 1833 Herrmann August (8. Januar)
– 1835 Justina Wilhelmine (??. Februar)
– 1837 Auguste Ernestine (11. März)
– 1839 Otto Conrad (14. April)
Außerdem wissen wir noch von der Geburt des ältesten Sohnes Wilhelm Friedrich 1824 in Corjeiten. Mein Ururgroßvater Franz, der Postangestellte, kam ja wie gesagt erst 1841 in Eichenberg (Kr. Wehlau) zur Welt, wohin die Familie kurz zuvor abgewandert war, als Friedrich Clair dort eine Försterstelle antrat. Darüber hinaus ist Friedrich Clair in diesem Zeitraum in und bei Juditten auch unzählige Male als Taufpate für andere Kinder in Erscheinung getreten.
Andere Clairs konnte ich in und bei Juditten nicht finden, dafür aber einen Arbeitsmann Gottfried Knaebe mit seiner Frau Maria Franz, die dort schon 1823 ein Kind bekommen haben. Gottfried Knaebe könnte ein Verwandter von Justine Knaebe gewesen sein, der vielleicht den Anlass für Friedrich und Justine gegeben hat, dort hinzuziehen. (Die beiden hatten ja wie erwähnt 1824 in Corjeiten geheiratet und dort ihren ersten Sohn Wilhelm Friedrich bekommen. Bald darauf werden sie wohl nach Abken/Metgethen bei Juditten gezogen sein.)
Weiterhin gibt es in und bei Juditten häufiger den Namen Hoemke. So hieß ja meine Ururururgroßmutter Susanne (Gesine?) Hoemke, die Frau meines Ururururgroßvaters Friedrich Wilhelm Clair (1770-1815). Von ihm konnte ich jedoch in Ludwigswalde 1815 keinen Todeseintrag finden. Überhaupt sind die Clairs dort letztmalig mit der
Geburt “unseres” (Christian) Friedrich 1799 und seines Bruders Johann Wilhelm 1803 in Erscheinung getreten und möglicherweise schon bald darauf aus Ludwigswalde abgewandert.
Allerdings fand ich einen etwas irritierenden Eintrag zur Geburt des ersten Kindes von Friedrich und Justine im Jahr 1826, Heinrich Julius, nebst einem rätselhaften Zusatz. Dort heißt es anfangs, dass „dem Jäger Johann Friedrich Clair“ und seiner Ehefrau Justine Knaebe ein Sohn geboren worden sei. Dabei war Johann Friedrich doch der andere Unterförster aus Ludwigswalde, also der mutmaßliche Onkel unseres (Christian) Friedrich, der in den Folgejahren nur noch als Friedrich ins Kirchenbuch eingetragen wird. Möglich wäre ein simpler Namensfehler bei der Eintragung. Oder (Christian) Friedrich hat sich aus irgendwelchen Gründen absichtlich nach seinem Onkel benannt, unter Umständen war ihm sein richtiger Taufname auch gar nicht bekannt…Vielleicht war Onkel Johann Friedrich aber auch beim Ortswechsel in die Umgebung von Juditten um 1825 mit dabei, und „unser“ (Christian) Friedrich wurde vom Schriftführer des Kirchenbuches als Neuzugewanderter im Orte noch mit ihm verwechselt. Dafür spricht auch, dass als erster Taufpate (aber auch nur hier bei der Geburt von Heinrich Julius!) ebenfalls ein Clair erwähnt wird, nämlich „Maier Jäger Clair“, was so eigentlich weder ein Name noch eine sinnvolle Berufsbezeichnung ist.
Schriftexperte P. kommentierte diesen Eintrag mit den Worten:
„Das ist ja echt blöd. „Meier Jäger Clair“ kann es wohl nicht sein. Meier als Beruf ist mir in Ostpreußen noch nicht untergekommen und Meirer Jäger ist auch kein Beruf oder Stand. Mit ein wenig Phantasie ist ganz hinten am Meier ein kleines s dran. Dann könnte es „Meiers Jäger“ sein.“
Fragt sich schließlich nur noch, wenn wir die Zahlenangabe meines Großvaters „9 Knaben und 3 Mädchen“ richtig deuten, wo und wann die restlichen drei Kinder von Friedrich und Justine geboren wurden. Vielleicht erst nach meinem Ururgroßvater Franz in Eichenberg/Wehlau? Es fehlen noch genau drei Jungs…
3. Neue Funde im Online-Archiv des Kreises Allenstein
Erst vor wenigen Wochen besuchte ich nach längerer Zeit wieder einmal das Online-Archiv des Kreises Allenstein unter http://www.vffow-buchverkauf.de/onlinedb/datenbanken.php. Ich stieß auf zahlreiche neu eingestellte Urkunden mit Trägern unseres Namens seit meinem letzten Zugriff vor fast zwei Jahren. Hier die Auflistung aller Funde, die fett gedruckten sind neu eingestellt worden:
Claer Bertha Martha Neidenburg, Stadt (Nidzica) ∞ 1902 / 26 anzeigen
Claer Bertha Martha Gross Koschlau (Koszelewy) ∗ 1884 / 36 anzeigen
Claer Bruno Saalfeld, Stadt (Zalewie) ∗ 1907 / 24 anzeigen
Claer Emma Hedwig Geierswalde (Gierzwałd) ∗ 1903 / 7 anzeigen
Claer Emma Hedwig Martha Geierswalde (Gierzwałd) † 1903 / 15 anzeigen
Claer Ernst Franz Neidenburg, Stadt (Nidzica) † 1906 / 96 anzeigen
Claer Franz Georg Neidenburg, Stadt (Nidzica) ∞ 1904 / 7 anzeigen
Claer Ida Hedwig Gross Koschlau (Koszelewy) ∗ 1891 / 106 anzeigen
Claer Ida Hedwig Allenstein, Stadt (Olsztynie) ∞ 1914 / 89 anzeigen
Claer Otto Albert Döhringen (Durag) ∞ 1899 / 7 anzeigen
Claer Otto Conrad Albert Rhein (Ryn) ∞ 1894 / 5 anzeigen
Claer Otto Georg Max Geierswalde (Gierzwałd) † 1903 / 16 anzeigen
Claer Otto Max Richard Geierswalde (Gierzwałd) ∗ 1903 / 6 anzeigen
Claer Robert Richard Hohenstein, Land (Olsztynek) ∞ 1908 / 17 anzeigen
Claer Robert Richardt Gross Koschlau (Koszelewy) ∗ 1881 / 121 anzeigen
Claer Wilhelmine Amalie Gross Koschlau (Koszelewy) ∞ 1897 / 9 anzeigen
Die neuen Funde im einzelnen, der Liste folgend von oben nach unten:
– die unverehelichte Postgehilfin Bertha Martha Claer, geb. am 30. März 1884 in Bahnhof Koschlau, Kreis Neidenburg, wohnhaft in Neidenburg, Tochter des Landbriefträgers Franz Claer und seiner Ehefrau Henrietta geb. Stryjewski, wohnhaft in Groß Koschlau, heiratet am 13.11.1902 den Buchhalter Wilhelm Samel
Anmerkung: Wie ihre drei Brüder Otto, Georg und Richard stand also auch Martha in Diensten der Post! Und geboren im Bahnhof Koschlau. Offenbar hatten die Landbriefträger eine Dienstwohnung dort, wo die Briefe ankamen.
– Geburt Bertha Martha Claer in Groß Koschlau – Seitenladefehler. Aber es ist klar, was da stehen wird: Eltern Franz und Henriette Claer
– Sterbeurkunde Ernst Franz Claer:
Neidenburg, 17. Oktober 1906: Beim unterzeichneten Standesbeamten erschien der Restaurationsverwalter (?) Paul Stryjewski, wohnhaft in Neidenburg, und zeigte an, dass der Briefträger außer Dienst, Ernst Franz Claer, 65 Jahre alt, evangelischer Religion, wohnhaft in Neidenburg, Wasserstraße Nr. 100, geboren zu Eichenberg, Kreis Wehlau, verheiratet gewesen mit Henriette Claer geborener Stryjewski, wohnhaft in Neidenburg, Sohn der verstorbenen Förster Karl und Augustina, geb. Knebe, Claer, Eheleute, beide zuletzt wohnhaft in Eichenberg, zu Neidenburg in seiner Wohnung am 16.10.1906 nachmittags um fünfeinhalb Uhr verstorben sei. Der Anwesende erklärte, dass er von dem Sterbefall mit eigener Wissenskraft unterrichtet sei.
Vorgelesen und genehmigt: Paul Stryjewski
(Anmerkung: Die Eltern unseres Franz Claer, die damals wohl schon lange tot waren, waren nach unserem Wissensstand der Förster (Christian) Friedrich Claer und seine Frau Justine (wir habe deren Hochzeitseintrag aus Corjeiten und weitere Belege), also nicht Karl und Augustine, wie es hier heißt. Der mutmaßliche Schwager o.ä. Paul Stryjewski, der diese Angaben machte, wusste es wohl nicht so genau, und es musste eben im Amt etwas hingeschrieben werden, nehme ich an…)
– Heiratsurkunde Franz Georg Claer und Wilhelmine Petschinski – das sind meine Urgroßeltern. Also mein Uropa Georg hieß mit erstem Namen Franz und nicht sein älterer Bruder, der in Wirklichkeit Otto Albert hieß, vielleicht war das der Irrtum meines Großvaters Gerhard in unserem Stammbaum!
Neidenburg, 5. Mai 1904. Es erschienen zum Zwecke der Eheschließung 1. Briefträger Franz Georg Claer, evangelischer Religion, geboren am 6. Mai des Jahres 1877 in Usdau, Kreis Neidenburg, wohnhaft Groß Koschlau Bahnhof, Sohn des Briefträgers Franz Claer und seiner Ehefrau Henrietta, geborene Stryjewski, wohnhaft in Neidenburg, 2. Die unverehelichte Wilhelmina Marta Petschinski, ohne Beruf, katholischer Religion (!) geboren am 14.2.1876 in Neidenburg, wohnhaft zu Neidenburg, Tochter des Maurers Karl Petschinski und seiner Ehefrau Catharina, geborene Kaminski, wohnhaft in Neidenburg
– Geburtsurkunde Ida Hedwig Claer 1891 Groß Koschlau – Seitenladefehler. Auch hier ist es klar: Hedwig ist eine weitere Tochter von Franz Claer und Henriette Claer geb. Stryjewski
– Heiratsurkunde Ida Hedwig Claer 1914 in Allenstein:
1. August 1914: Die Kontoristin Ida Hedwig Claer, geb. 3. Dezember 1891 zu Koschlau, wohnhaft in … Allenstein, Tochter des verstorbenen Briefträgers Ernst Franz Claer, zuletzt wohnhaft in Neidenburg, und seiner Ehefrau Wilhelmine Henriette geb. Stryjewski, wohnhaft in Neidenburg, heiratet den Beamten bei der Arbeiterzentrale Berlin Karl Gustav Zerbrowski
Anmerkung: Also Hedwig Claer, deren drei Brüder und deren Schwester Martha bei der Post waren, war ihrerseits Kontoristin. Hierzu weiß Wikipedia:
Ein Kontorist (weibliche Form: Kontoristin) ist ein Begriff für einen Angestellten, der einfachere Büro- und Verwaltungsarbeiten wie Registraturarbeiten, Karteiführung, Schreiben von Adressen in einem kaufmännischen Betrieb erledigt.
Kontoristen oder Commis 1894 bei ihrer Arbeit
Die Berufsbezeichnung leitet sich von der veralteten Bezeichnung Kontor für Büro her; ein Kontorist ist demnach eine Person, die in einem Büro arbeitet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kontorist
Und ihr Mann war Beamter bei der „Arbeiterzentrale in Berlin“. Auch über diese gibt Wikipedia Auskunft:
Die Deutsche Arbeiterzentrale (DAZ) (bis 1911 unter dem Namen Deutsche Feldarbeiterzentralstelle) war eine Organisation zur Vermittlung von landwirtschaftlichen Saisonarbeitskräften. Sie hatte lange Zeit eine Monopolstellung inne. Die Organisation bestand von 1905 bis in die 1930er Jahre.
Noch unter der Bezeichnung „Deutsche Feldarbeiter-Zentralstelle“ wurde in der Rechtsform eines Vereines eine Organisation zur Anwerbung, Vermittlung und Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte geschaffen. Die Anregung ging dabei vom preußischen Landwirtschaftsministerium aus, um kommerzielle Anwerber zu verdrängen. … Die Organisation erhielt 1907 das Monopol auf die Anheuerung polnischer Saisonarbeiter. Seit 1911 firmierte die Organisation unter Deutsche Arbeiterzentrale. … Seit 1909 bestand ein Legitimationszwang für ausländische Arbeitskräfte. … Im Jahr 1913 schloss der Verein mit Preußen eine Vereinbarung hinsichtlich des Zulassungsmonopols zunächst für polnische Zuwanderer und später über alle Arbeitskräfte aus dem Ausland.
Während des ersten Weltkrieges war die DAZ auch an der Anwerbung von Arbeitskräften im besetzten Generalgouvernement Warschau und in Oberost beteiligt. Dabei verschwommen bald die Grenzen zwischen freiwilliger Arbeitsaufnahme und Zwangsarbeit. Die DAZ selbst gab an, dass sie während des Krieges etwa 240.000 Arbeiter aus dem früheren Russisch-Polen vermittelt hätte. … Nach Ablauf ihres Arbeitsvertrages konnten die Arbeiter auch durch Androhung von Haft zum Abschluss eines neuen Vertrages gezwungen werden. … Nach dem Krieg wurden landwirtschaftliche Arbeitskräfte aus dem nun unabhängigen Polen angeworben…
Im Jahr 1923 hatte die DAZ unter dem Direktor Freiherr von dem Bussche-Ippenburg eine Hauptverwaltung Berlin mit fünf Abteilungen und siebzig Angestellten.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Arbeiterzentrale
Einer von ihnen war Hedwig Claers Ehemann Karl Gustav Zerbrowski.
– Heiratsurkunde Otto Conrad Albert Claer von 1894 in Rhein, Kreis Lötzen (südliches Ostpreußen) –
Wir kennen nunmehr, siehe oben, einen Otto Conrad Claer, von Beruf vermutlich Gendarm, geboren 1839 in Juditten, er ist ein älterer Bruder von unserem (Ernst) Franz Claer. Wenn er es wäre, hätte er mit 55 Jahren noch einmal geheiratet. Er ist es aber wohl nicht.
Die Urkunde hat eine sehr kleine Schrift, ist auch mit Vergrößerung und Lupe kaum zu entziffern:
„Rhein, Kreis Lötzen, 1894:
Postzöl(l)ner (Postschaffner? Postsekretär? Postemittent? Postillion? Postzusteller?) Otto Konrad Albert Claer, evangelischer Religion, geboren am 24. (?) August des Jahres 1840 (?) in Alt-Löbgau, Amt Wehlau, wohnhaft in Tapiau…?
Sohn des zu Steinwalde registrierten … (Berufsbezeichnung? Schmied? Siefgried?) „Arfort“ (Alfred? Arnold? Artur? August?) Wilhelm Claer und dessen zu Steinwalde wohnender Ehefrau ……mine (??) Ter…? Ferm ..? ..jetzt wohnhaft zu Steinwalde.
Die Johanne (a), Wilhelmine, Mathilde T(F)euersenger …..- evang. Religion, geb. den 2…Januar 18….in Krummschken (?), Amt Labiau, wohnhaft zu …, Tochter des zu Rhein (?) angesessenen ………T(F) euersenger und seiner zu Insterburg ……Ehefrau Luise, geb.Klas jetzt wohnhaft zu Insterburg.“
Steinwalde ist laut Wikipedia ein Dorf bei bzw. ein Ortsteil von Rhein, Kreis Lötzen, südliches Ostpreußen.
Wenn nicht alles täuscht, haben wir hier einen weiteren Claer von der Post gefunden. Das Geburtsjahr 1840 ist alles andere als eindeutig zu lesen. Sollte es doch der Otto Konrad Claer, Jahrgang 1839, aus Juditten sein, der sich geringfügig im Geburtsjahr geirrt hat? Aber in seinem Vater dürfte er sich eher nicht geirrt haben. Und dort steht jedenfalls nichts von einem Jäger Friedrich Clair.
Oder soll das Geburtsjahr 1870 heißen, und es ist der junge Otto Albert Claer von der Post, der aus irgendwelchen Gründen noch ein Conrad in den Namen geschmuggelt hat und hier fünf Jahre vor seiner Heirat mit seiner Frau Emma Sakrzewski in Döhringen bereits einmal anderweitig geheiratet hat? Aber auch hier wäre dann der Vatersname falsch, denn dort steht gewiss nichts von einem Ernst Franz Claer von der Post.
Ferner könnte man an eine Verbindung zum Schornsteinfer Otto Franz Claer aus Saalfeld und seine Ehefrau Marta geb. Krajewski denken, deren Sohn Bruno dort 1907 geboren wurde. Aber der Saalfelder Otto Franz könnte nicht einmal der Sohn des Rheiner bzw. Tapiauer Otto conrad Albert sein, weil der Sohn Bruno des ersteren nur 13 Jahre nach der Hochzeit des letzteren geboren wurde.
Denkbar wäre auch noch, dass sich hinter dem im Heiratseintrag angegebenen Vater (… Wilhelm Claer, in Steinwalde registriert) der Jäger Otto Wilhelm Claer, geb. 1859 in Argental, verbirgt, der ältere Bruder „unseres“ Franz Claer von der Post und Vorfahre unseres Verwandten Andreas Z., der später in den 1890er Jahren nach Schlesien ausgewandert ist. Aber der war mit einer Minna Klara Hübner aus Schweidnitz/Schlesien verheiratet, mit der er 1893 eine Tochter bekam, die schon in Schlesien geboren wurde. Er kann also nicht mehr 1894 in Steinwalde registriert gewesen sein.
Schließlich käme als Vater (… Wilhelm Claer, 1894 in Steinwalde registriert) noch der Jäger Johann Wilhelm Claer in Betracht, 1803 in Ludwigswalde geboren, der jüngere Bruder „unseres“ (Christian) Friedrich. Aber der müsste dann im Jahr 1894 schon 91 Jahre alt gewesen sein. Unwahrscheinlich, dass er in diesem Alter noch als irgendetwas in Steinwalde registriert war, nicht einmal als Rentner, denn für Jäger dürfte es auch nach den Bismarckschen Sozialreformen der 1880er Jahre so schnell keine Rentenanwartschaften gegeben haben. Egal, wie man es dreht und wendet: Es passt nicht zusammen!
Es bleibt aber immerhin noch die Möglichkeit, dass der Vater (… Wilhelm Claer, 1894 in Steinwalde registriert) ein Sohn des Jägers Johann Wilhelm ist. Oder es kommen die Vorfahren des Michael Clair aus Köln ins Spiel, der mir vor Jahren seinen Stammbaum geschickt hat. Hier gab es einen Friedrich Wilhelm Clair, geboren 1852 in Klein-Bauma und gestorben 1923 in Schligaten, verheiratet mit Henriette Clair geb. Stascheit, verstorben 1911 in Luschminken. Seine Eltern waren Wilhelm Clair und Justine Clair geb. Naujok.
Aber zurück zu unseren Funden im Allensteiner Online-Archiv. Hier der Rest:
– Eheschließung Robert Richard Claer in Hohenstein, Land 1908: (Richard = ein weiterer Bruder (von Otto und Georg) von der Post) – Seitenladefehler – Wir wissen aus dem Stammbaum, dass er mit Mathilde geb. Putzka verheiratet war und mit ihr die Töchter Charlotte und Hildegard hatte
– Geburt Robert Richard Claer in Groß Koschlau 1881 – Seitenladefehler – wir wissen, dass seine Eltern ebenfalls unser (Ernst) Franz Claer und Henriette Claer geb. Stryjewski waren
– Heirat Wilhelmine Amalie Claer 1897 Groß Koschlau – Seitenladefehler
Es fehlt eigentlich nur noch eine letzte Tochter von Franz und Henriette, die laut dem Stammbaum meines Großvaters eigentlich Amanda heißt und mit Ernst Willig verheiratet war. Sie könnte identisch sein mit dieser Wilhelmine Amalie.
Damit haben wir alle sechs Kinder von Ernst Franz Claer (1841-1906) und Henriette Claer geb. Stryjewski (1845-1931) vollständig:
1. Otto Albert (1872-1931)
2. Franz Georg (1877-1930)
3. Robert Richard (1881-??)
4. Wilhelmine Amelia (Armanda) (??-??)
5. Bertha Martha (1884-??)
6. Ida Hedwig (1891-??) von ihrer Mutter mit 46 Jahren geboren!
Zwei weitere spannende Funde machte ich, als ich unseren Namen in abweichender Schreibweise suchte:
– Heiratsurkunde Fritz Klaer (mit K!) 1913 in Neidenburg!
Neidenburg, 31.12.1913: Der Kaufmann Fritz Klaer, wohnhaft in Neidenburg Jarborstraße, evangelischer Religion, zeigt an, dass er von der Emma Klaer geborenen Olschenski, seiner Ehefrau, wohnhaft bei ihm, zu Neidenburg in der angezeigten Wohnung am 31.12.1913 vormittags um zwölfeinviertel Uhr ein Knabe geboren sei und dass das Kind den Namen Fritz Willy Theodor erhalten habe.
Die Namens-Schreibweisen wurden wohl erst ab Mitte/Ende des 19. Jh. verbindlich. Bis dahin wurde nahezu beliebig geschrieben. Kann also sein, dass unser Vorfahre Franz Claer von der Post (dessen ältere Geschwister sich alle noch Clair schrieben laut deren Geburtseinträgen) irgendwann vor 1877 in die Gegend um Neidenburg kamen, weil es dort schon verwandte Klaers gab, die sich mit K schrieben…
– Heiratseintrag Johann Klehr in Allenstein!
“….Allenstein, 24.06.1916 …der Braumeister Johann Klehr, z.Zt. Landsturmmann der 2.Kompagnie 3.Landsturm-Infanterie – Bataillon Lötzen…der Persönlichkeit nach durch die mit ihm geführte Aufgebotsverhandlung anerkannt….kath.Religion, geb.am 22.6.1871 zu Nassiedel Krs.Leobschütz, wohnhhaft in Allenstein, Königstr.17…Sohn des Anbauers Josef Klehr, wohnh. in Nassiedel…und seiner verstorbenen Ehefrau Monica geb.Larisch…
…die unverehelichte Köchin Martha Schnarbach…kath….geb. 23.02.1879 zu Schönbrück, Krs. Allenstein, Hindenburgstraße 6
Tochter des Altsitzers Joachim und Anna geb………..hier ist die Urkunde nicht ganz ausgedruckt.
….Der Kaufmann August Schnarbach, z.Zt. Ersatzreservist der 5. Kompagnie 2.Ersatz-Bataillon 150 ….durch pol.Ausweis anerkannt, 32 Jahre alt, wohnh. in Allenstein, Hindenburgstraße 6….
Der Kaufmann Bernhard Majewski…durch den unter 3. genannten Zeugen anerkannt, 29 Jahre…wohnh. Deutsch Eylau, Bahnhofstr.20
Also ein Klehr von der Armee (allerdings während des 1. Weltkriegs) und aus Schlesien (Kreis Leobschütz) ! Es ist schon auffällig, dass dieser Johann Klehr aus Schlesien ausgerechnet in Allenstein, d. h. in unmittelbarer Nähe zu den ostpreußischen Claers, geheiratet hat. An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass der oben bereits erwähnte Jäger Otto Wilhelm Claer, geb. 1859 in Argenthal, Sohn des Jägers Wilhelm Friedrich Claer, geb. 1824 in Corjeiten, des älteren Bruders „unseres“ Franz Claer. In den frühen 1890er Jahren nach Schlesien ausgewandert ist und dort bereits ansässige Claers vorgefunden haben soll. Ferner verweise ich auf den Jäger Clair aus Mellendorf (Schlesien), der dort 1822 im Alter von 61 Jahren mit einem Wildschwein kämpfte, siehe meine früheren Texte. Vielleicht werden da wir irgendwann noch zu weiteren Erkenntnissen kommen…
4. Schriftexperte zu den Claers in Mitteldeutschland
Nur eine kleine Ergänzung gibt es zu den Claers in Mitteldeutschland, von denen in meinen früheren Texten ausführlich die Rede war. Als ich dem besagten Schriftexperten Patrick P. die schon viel diskutierte Heiratsurkunde aus Siersleben des Johann Friedrich Klär mit Charlotte Sophie Frantz(in) von 1802 vorlegte – es war die Notheirat wegen fortgeschrittener Schwangerschaft, aus der dann der spätere renommierte überregionale Erfurter Fuhrunternehmer (Christoph) Friedrich Claer hervorging – da korrigierte er unsere bisherigen Entzifferungen wie folgt:
– statt Jgs. Joh. Friedrich Klär liest er HE (also Herr) Joh. Friedrich Klär
– dessen Berufsbezeichnung Feldjäger oder Feldhüter hält er für möglich
– H. (wieder Herrn) Xian (also Christian) Friedrich Klärs Hochlöblichen Gärtners (statt Jägers, Försters oder Storkers) zu Wollin/Wittin (statt Wittiz bei Kamenz!) ehel. jüngster Sohn
Interessant ist vor allem die Möglichkeit Wollin, das an der Ostsee liegt und übrigens nicht weit von Küstrin, wo der schon erwähnte Handelskaufmann Friedrich Wilhelm Claire (1739-1810), Spross der preußisch-hugenottischen Adelsfamilie de Claire aus Brandenburg an der Havel, gestorben ist. Und solche Zuschreibungen wie hochlöblich und die Namenszusätze Herr deuten ja in der Tat in eine solche Richtung… Und schließlich könnte „unser“ (Christian) Friedrich Claer, geb. 1799 in Ludwigswalde, ja seinen Vornamen auch von einem früheren Vorfahren bekommen haben, zumal in seinem Geburtseintrag hinter seinem Namen der Zusatz „filius“ (Sohn) vermerkt ist. Es könnte (oder müsste?) also auch einen älteren Christian Friedrich gegeben haben…
In meinen Aufzeichnungen von 2015 schrieb ich:
„Und rein theoretisch könnte natürlich unser Ludwigswalder Unterförster Friedrich Wilhelm Clair (1770-1815) ein älterer Bruder des Küstriner Johann-Ernest Clair gewesen sein (der ja ausdrücklich als zweiter Sohn des Friedrich-Wilhelm Claire bezeichnet wird), zumal der älteste Sohn damals oft den Vornamen des Vaters erhielt. Und womöglich lag ja in Küstrin das besagte Rittergut, von dem sich „unser“ Friedrich Wilhelm nach einem Streit mit seinem Vater in Richtung Ostpreußen aus dem Staub gemacht haben könnte… Doch das bleibt vorläufig noch wilde Spekulation, es fehlen dafür einfach die Anhaltspunkte.“
Ergänzen ließe sich dieses (wild spekulative) Szenario noch dadurch, dass der ältere Christian Friedrich Klär, der hochlöbliche Gärtner aus Wollin, der Vater des Jägers Johann Friedrich Klär in Siersleben (der ja womöglich seinerseits zuvor Ludwigswalde flüchtend in Richtung Siersleben verlassen hatte, siehe meine früheren Texte), noch ein weiterer (dann wohl jüngerer) Bruder des Handelskaufmanns Friedrich Wilhelm Claire in Küstrin gewesen sein könnte und somit als Großonkel der mögliche Namenspatron „unseres“ (Christian) Friedrich Claer…
5. Funde bei Bibliotheksrecherche (Kartei Quassowski u.a.)
Weiterhin fand ich auf der erwähnten Seite http://www.vffow-buchverkauf.de/onlinedb/datenbanken.php zahlreiche Hinweise auf Fundstellen zu unserem Namen in der genealogischen Literatur, insbesondere in der berühmten „Kartei Quassowski“, woraufhin ich mich in die Bibliothek der Freien Universität Berlin begab und Einsicht in diese Literatur nahm. Das Ergebnis ist letztlich enttäuschend, da die Funde kaum über unseren bisherigen Erkenntnisstand hinausgehen. Dennoch halte hier fest, was ich gefunden habe, da es uns für unsere künftigen Forschungen womöglich doch noch nützlich sein könnte.
Kartei Quassowski, Buchstabe C
v. Claer
– Alexander, Obltn. i. 3. (Pr.) I.R., Osterode Opr o Frl. Erika Schäfer … Rittergut Posorken Kr. Saalfeld (Die zugehörige Jahresangabe habe ich leider nicht notiert, aber es war nach meiner Erinnerung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.)
Anmerkung: Hier haben wir also ein Rittergut mit einem adligen v. Claer! Nur dass dieser dort nur eingeheiratet hat. Wie wir wissen, entstammt Alexander v. Claer der rheinischen Adelsfamilie anglonormannischen Ursprungs, und diese hatte nach Aussage des früheren Bundesbankdirektors Wichard v. Claer „niemals Ländereien in Ostpreußen“ gehabt. Aber womöglich konnte durch diese Heirat im Rittergut Posorken die Legende (wenn es denn eine ist) von der Verbindung unserer Familie zur Adelsfamilie vom Rittergut entstehen oder befeuert werden… Interessanterweise liegt das Rittergut im Kreis Saalfeld, wo es – siehe oben – auch Claers gab, nämlich den Schornsteinfeger Otto Franz Claer.
– Wichart, 1914 Ltn. i I.R. 83 – Kassel u. Arolsen
Anmerkung: Das ist wahrscheinlich der spätere Bundesbankdirektor als junger Mann…
– Bernhard v. C., 1914 Ltn. König. Elise Ge Gr R. 3, Charlottenburg
– Helmut, 1914 Ltn. wie vor, gef. B. Normel 8.9.1914
– 2 weit. V.C. im Weltkrieg…
– Alexander v. C. Hauptm. U. Komp. Chef + Marienburg 1934
Claer
vgl. Clair
Clair
– Elis. C., Patin Gb. Ref. K. 12.9.1734 b. Jean Dubiois aus Kailen
– Schütz „Frz. Familiennamen in Ostpr“ S. 15 aus St. Imier Distr. De Cortelary, Schweiz, spätere Änderung z.T. Claer, Klär, Klaer.
Anmerkung: Genau das, was wir bereits wussten, außer dass Elisabeth Clair 1734 als Patin in Gumbinnen fungiert hat. Elisabeth war die Tochter des Jakob Clair, des Losgängers (der kein eigenes Land besaß) in Matzutkehmen. Am 11.11.1734, also zwei Monate, nachdem sie als Patin auftrat, heiratete sie selbst den Fabrikanten („manufactionier“) Jean Hugault in Gumbinnen – sicherlich eine gute Partie! Siehe meine früheren Texte.
Clare
1. Konrad Clare zu Thorn Bürger 1293 (Preuß. Urkundenbuch 2, S.610)
2. Frowein Clare 1297 Zeuge in einer Urkunde, ausgestellt von einem Ritter Albert v. Smolne aus der Gegend von Thorn (Pr. Urkundenbuch 2, S. 683)
3. Frowein Clare 1327 v. s. Oheim, dem Bischof v. Samland, d. Schulzenamt zu Neuendorf bei Fischhausen erhalten (Anmerkung: Das wussten wir bereits von Wikipedia.)
4. Johannes Clare, Neffe des Bischofs v. Samland, aus Thorn 1325 ff. (Anmerkung: Auch er ist bei Wikipedia erwähnt.)
5. Johannes Clare, 1319 Bischof v. Samland, + 5.5.1344 (Anmerkung: Wikipedia kennt sogar sein Geburtsdatum: 5. Mai 1344 in Königsberg)
6. Mit Margarethe Benedika Claren oo auf seinem Gute zu Bradenstein i. Magdeburgischen 25.2.1698 Carl Friedrich Baron v. Krahn. (Pr. Arch. 1791, S. 537) (Anmerkung: Das wussten wir noch nicht. Immerhin hat diese mutmaßliche Nachkommin der Bischofsfamilie einen Baron geheiratet.)
Clericus
– Ober-Steuer-Inspektor, Friedland Sept. 1852 (öff. Anz. Kbg., 1852, S.721)
– L. C. Red. D. „Pallas“, Zeitschr. D. Kunstgewerbe Verl. Z. Magdeburg, Schriften von ihm 1882 angegeben im Apron. 20, S.187
– Gutsbesitzer Oskar C. zu Sausleßowen Kr. Goldap /Adressb. Reg. Bez. Gb. 1913)
Anmerkung: Es wäre natürlich eine charmante Idee in diesem Gutsbesitzer Clericus den Hintergrund unserer beiden Ludwigswalder Förster zu sehen, die 1796 plötzlich auftauchten. Aber dieser Gutsbesitzer Clericus wird über hundert Jahre später erwähnt. Es fällt schwer, hier eine Verbindung annehmen zu wollen…
– Henrietta Friederike Cl. Oo vor Mitte 1814 Karl Gotthilf Kroll
Kartei Quassowski Buhstabe Ka-Ko
Klaer (vgl. Clair)
– Magda Klaer verlobt mit Kurt Karalus Mölle Schweden, Hamburg, Eilbeck, al 34, Hannover, 9.8.1930 (Kbg. – Allg. Zg. 31.8.1930
Klaehr
– Mangelsdorf u. K. Geschäft i. Memel 1852 (öff. Anz. Kbg. 1852 S.204)
Anmerkung: Hier haben wir wieder zweimal Klaer mit K, einmal sogar noch mit Dehnungs-h. Sollte es hier eine Verbindung zum oben erwähnten Kaufmann Fritz Klaer 1913 in Neidenburg geben? Ob hingegen die oben genannte Magda Klaer, die sich mit einem Schweden verlobte, überhaupt aus Ostpreußen stammte, bleibt unklar.
Baranski – Die Taufregister der deutsch-reformierten Gemeinde Sadweitschen, Kr. Gumbinnen 1714 bis 1735
– S. 76 Clair
Nr. 514: 29.11.1722 Hans Gangei
V: Han Gangei (Ganguin)
M: Magdalena Glärin (=Clair)
P: Francois Ludwig, Daniel Brigo, David Mondange (=Montundon), Elisabeth Rusola (Rosselet)
Anmerkung: Wir kennen die Mutter bereits als Magdeleine Clerc, verheiratet mit Jean Ganguin, Kinder: Jacob Ganguin, Abraham Ganguin, Marie Magdeleine Ganguin, Jean Ganguin (1722-1786), David Ganguin (1728-1788), siehe meine Aufzeichnungen von 2015. Sie war vermutlich eine Schwester von David und Jakob Clerc (Clair) aus Matzutkehmen.
Insterburger Bürgerbuch
Familienkundliche und ortsgeschichtliche Beiträge aus „Nadrauen“. Heimatbeilage des „Ostpreußischen Tageblattes“, erschienen Insterburg 1935 bis 1940
– Insterburger „Vorstadt“ u. „Freiheit“
Konkretr „Schloßfreiheit“ 1679-1687 folgende dt. oder eingedeutschte Namen: … Klehr. Zusatz: Die Einwohner sind um 1680(90 v. Beruf Handwerker, Höker, Tagelöhner, Losgänger, einige werden als „arm“ oder „blutarm“ gekennzeichnet.
Adam Klehr 1664/65 Freiheit Insterburg: Grundzins 5 Mark
Anmerkung: Hier haben wir nun den Hinweis, dass es bereits Jahrzehnte vor der Einwanderung der Schweizer 1712 nach Ostpreußen Klehrs (in dieser Schreibweise) in Insterburg gegeben hat, konkret den armen Adam Klehr, der 5 Mark Grundzins zu bezahlten hatte. Vielleicht war er ein verarmter Nachkomme der Familuie des Bischofs von Samland. Oder er kam von ganz woanders…
Raths- und Bürgerbuch (1728-1852) und Seelen-Register (1780-1788) der Stadt Gumbinnen
– Clair, von, geb. Reichardt, verwitw. Frau Hauptmann, … anno 1784 Gumbinnen, G.
Konsequenz: Schon um 1728 waren alle Clercs (Clairs) schweizerischer Herkunft aus Gumbinnen abgewandert. Erst mit dem Hauptmann v. Clair und seiner Frau kamen wieder Träger unseres Namens in diese Stadt, auch wenn es vermutlich keine Verbindung zu ihnen gibt.
Kartei Quassowski Buchstabe H
– Huguenin (frz.-schweiz. Kolonialbauern um 1710 im Bez. Gumbinnen angesiedelt (Allg. Ztg. v. 29.10.1933). Nachkommen z.B. Verbundsdirektor, der Vortrag in Reifeisenbank 1928 hält
– Anne Marie H. oo Jakob Klair + vor Ende 1734
Anmerkung: Auch das war uns schon bekannt.
Patrick Plew – Ortsfamilienbuch Laukischken 1822-1830
(aus den Generalakten des kgl. Kreisgerichts Labiau)
– Herbert Claer geb. 9.2.1918 in Perdollen, + 27.11.1942 Demecki (Demechi) Feldwebel
Anmerkung: Von diesem Herbert Claer aus Perdollen wussten wir noch nichts. Demnach hat es noch im 20. Jahrhundert weitere ostpreußische Claers (in dieser Schreibweise!) außer denen im Raum Neidenburg und in Königsberg gegeben!
Perdollen ist ein kleines Dorf, hat im Jahr 1847 ganze 291 Einwohner (davon 2 Katholiken!). „Am 22.12.1923 erfolgt die Eingliederung des Gutsbezirks Pfeil, Forst, aus dem Amtsbezirk Pfeil in die Landgemeinde Perdollen im Amtsbezirk Geidlauken.“ Der heutige Name ist Petino.
Anmerkung: Geidlauken ist der Herkunftsort des Fuhrmanns Franz Richard Claer, der später ins Rheinland auswanderte, dort hatte dessen Vater, der Müller Hermann August Claer, ein älterer Bruder „unseres“ Franz Claer, seine Mühle. Er hatte in die mutmaßliche Müllerfamilie Metschull eingeheiratet. Den Namen Metschull gibt es in dieser Gegend sehr häufig in den verschiedensten Schreibweisen. Auch der Geburtsort „unseres“ Franz Claer, Eichenberg im Kreis Wehlau, wo sein vater (Christian) Friedrich Claer 1841 eine Försterstelle angetreten hat, liegt sehr nahe an Geidlauken…
6. Sonstige Funde
Claers in der Nähe von Osterode
Wie schon eingangs erwähnt, hat eine entfernt verwandte Namensträgerin mit mir Kontakt aufgenommen und mir noch dazu sehr bei der Entzifferung einschlägiger Dokumente geholfen. Es handelt sich um meine Tante dritten Grades Lorelies, die Schwester des legendären Boxers und Skandal-Schriftstellers Moppel Claer, von dem in meinen früheren Texten schon vielfach die Rede war. Sie berichtete mir von weiteren Claers aus der Nähe von Osterode:
„Es gibt einen weiteren Hinweis, dass es Claers in der Nähe von Osterode gegeben hat:
ich machte 1999 mit einer Freundin eine Fahrt nach Ostpreußen. Wir waren auf Spurensuche und sie suchte auf einem Friedhof in Bieberswalde bei Liebemühl nach Gräbern ihrer Familie.
Meine Freundin fand keines, aber ich: Ruhestätte der Familie Claer stand auf einem schmiedeeisernen Kreuz. Sie können sich vorstellen, dass ich meinen Augen nicht traute. Ich war nun überzeugt davon, dass mein Opa Otto aus diesem Ort stammte, obwohl Bieberswalde in meiner Erinnerung nie erwähnt wurde. Ich habe mir dann die Kirchenbücher von Bieberswalde/Liebemühl bei den Mormonen angesehen, aber darin niemandem mit unserem Namen gefunden.“
Hildegard in Königsberg
Vor mehreren Monaten fand ich im Online-Archiv der Preußischen Allgemeinen den folgenden Artikel:
Click to access 1955_03_05_10.pdf
In der Sowjetunion
zurückgehalten
Heimkehrernachrichten über Verschleppte und Verstorbene
Wir veröffentlichen im folgenden nunmehr weitere Namen von Zivilverschleppten, die in Rußland zurückgehalten werden oder verstorben sind. Die Namen sind von Heimkehrern aus
ausländischem Gewahrsam aufgegeben worden.
Sollten Sie, liebe Landsleute, über diese Personen ergänzende Angaben machen können, oder den Verbleib von deren Angehörigen wissen, bitten wir Sie, uns diese mitzuteilen.
Liste 8
– Rathjen geb. Clair, Hildegard, geb. etwa 1906. Zuletzt wohnhaft (5b) Königsberg/Ostpr., Hausfrau, gemeldet von: Willig, Martin
Anmerkung: Für mich war klar: Hildegard ist laut unserem Stammbaum eine Tochter von Richard Claer. Martin Willig (ihr Cousin) ist ein Sohn von Amanda Claer (die wohl tatsächlich Amalia hieß, siehe oben), einer Schwester von Richard und meinem Urgroßvater Georg. (Interessant ist, dass Martin Willig in seiner Meldung offenbar die alte Namensschreibweise Clair angegeben hat.)
Doch die erwähnte Tante Lorelies schrieb mir:
„Mein Großvater Otto starb 1935. Meine Oma Emma gilt als verschollen. Sie war bis zum Überfall auf Königsberg im Dezember 1944 bei uns in Groeben. Sie brach auf in Angst um ihre Tochter Hildegard, die allein in Königsberg war, um sie zu “beschützen”. Sie hat Hildegard nicht getroffen. Diese kam in russische Kriegsgefangenschaft, 1948 wurde sie entlassen.“
Tatsächlich steht auch diese andere Hildegard in unserem Stammbaum: als Tochter des – wie wir nun wissen – fälschlich von meinem Großvater Gerhard als jüngerer Franz Claer deklarierten Otto Albert Claer von der Post. Nebenbei bemerkt: Dass zwei Brüder, Richard und Otto, beide Postangestellte, ihrer Tochter jeweils den gleichen Vornamen geben, lässt nur den Schluss zu, dass sie sehr lange keinen Kontakt zueinander hatten. Andererseits haben wir ja, wie bereits beschrieben, Ähnliches noch viel krasser mit den vielen Ottos erlebt…
Welche Hildegard war also nun also die in der Sowjetunion zurückgehaltene? Die Antwort von Tante Lorelies lautet:
„Klar, das ist meine Tante Hilde. Sie wurde beim Russeneinmarsch in Königsberg nach Russland verschleppt. 1948 wurde sie entlassen. Ich sehe sie bei ihrer Ankunft noch in unserer Küche sitzen. Sie ging dann nach FfM, wo ihr Mann Herrmann Rathjen inzwischen lebte und 1949 etwa kam Ingeborg auf die Welt. In den 60igern ist Hilde verstorben.“
Anzeige Fuhrwerk Friedrich Claer aus Erfurt in Leipziger Zeitung 1828
Dann habe ich noch eine Anzeige des oben erwähnten überregional operierenden Fuhrunternehmers Friedrich Claer aus Erfurt in der Leipziger Zeitung des Jahres 1828 gefunden. Der Text lautet:
Bekanntmachung: Ein geehrtes kaufmännisches Publikum benachrichtige ich hiermit ergebenst, dass mein Fuhrwerk, welches ich seit ichaelis 1827 betreibe, jetzt wöchentlich einmal bestimmt nach hier kommt. Ich besorge Güter und Bestellungen nach Eckartsberge, Budtstadt, Apolda, Weimar, Erfurt, Arnstadt, Reutietendorf, Gotha, Meiningen, Eisenach und anderen diesen nahe gelegenen Orten und halte mit meinen Geschirren im Goldnen Schiff (Fleischergasse), woselbst Herr Sieland Bestellungen und Güter nach benannten Orten übernimmt. Leipzig, im Februar 1828. Friedrich Claer, Frachtfuhrmann aus Erfurt.
Beinahe Otto-Claer-Straße in Raesfeld
Und zu guter Letzt: Als ob wir noch nicht genug Otto Claers entdeckt hätten, wäre vor ein paar Jahren beinahe eine Straße nach einem Otto Claer benannt worden, und zwar in Raesfeld, Nordrhein-Westfalen, Region Lippe-Issel-Niederrhein. Dort stand der Name Otto Claer 2012 auf einer Liste mit 27 Namen, unter denen der Namenspatron der Straße eines Neubaugebiets ausgesucht werden sollte:
„17. Otto Claer – Heilpraktiker in der Schlossfreiheit“
Meine weitere Recherche ergab, dass dieser Heilpraktiker Otto Claer aus Raesfeld 1807 sogar eine Prüfung als Chirurg ablegte:
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/5E6YTKOTK6EAK72ZUZCEUDA3VLI7ROD5
Prüfung des Otto Claer aus Raesfeld als Chirurg.
Kontext:
Fürstentum Salm – Kanzlei, Akten >> 19 Medicinalia >> 19.2 Specialia
Laufzeit:
1805-1807
Bemerkungen:
b) Spezialia
Digitalisat im Angebot des Archivs:
kein Digitalisat verfügbar
Bestand:
B 008 Fürstentum Salm – Kanzlei, Akten
Online-Findbuch im Angebot des Archivs:
http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?guid=Fb_b2928c13-1a23-4c25-82dd-925028d94b53&archivNr=1
Allerdings gibt es bei ihm keinerlei Hinweise auf eine Verbindung zu
„unseren“ ostpreußischen Claers. Die Straße in Raesfeld wurde schließlich auch nicht nach ihm benannt.
Hier enden nun meine Ausführungen – zumindest in diesem Jahr. Meine Forschungen zur Namens- und Familiengeschichte werde ich weiter fortsetzen und die Ergebnisse an gewohnter Stelle posten.
Juli 2015: Ahnenfoschung, Teil 7
Gesammelte Erkenntnisse zur Historie unseres Namens aus den letzten 12 Monaten
Nach längerer Pause ist es nun wieder dringend geboten, den aktuellen Stand unserer Forschungen schriftlich festzuhalten, da sich inzwischen eine solche Menge an neuen Erkenntnissen angesammelt hat, dass ich ansonsten befürchten müsste, die Thematik könnte mir über den Kopf wachsen. Zwar kann vom „großen Durchbruch“ auch weiterhin keine Rede sein, doch gibt es immerhin einige vielversprechende neue Spuren und Ansätze. Insbesondere konnten in den vergangenen Monaten mehrere erstmalige Kontakte zu mutmaßlichen entfernten Verwandten oder zumindest Namensträgern unsere Forschungen beflügeln.
Ausgangspunkt sind aber zunächst auch diesmal wieder die Claers in Ludwigswalde. Wir hatten bei Durchsicht der Ludwigswalder Geburtseinträge keinen Eintrag zur Geburt meines Ururururgroßvaters in der Namenslinie, des Unterförsters Friedrich Wilhelm Claer d.Ä. (Lebensdaten laut einer Angabe in der Mundia-Datenbank 1770-21.12.1815) gefunden. Er und seine Frau Susanne Hoemke (inzwischen glauben wir aber eher, dass es in den Einträgen Gesine Hoemke heißen soll) waren in Ludwigswalde 1799 Eltern meines Urururgroßvaters Christian Friedrich Clair und 1803 dessen Bruders Johann Wilhelm Claer geworden. Ferner gab es in Ludwigswalde noch einen Unterförster (so muss es wohl heißen, damals lasen wir …bergförster) Johann Friedrich Clair. Er und seine Frau Susanna Dorothea Liedmann wurden 1797 Eltern eines Friedrich Wilhelm Claer d.J. Darüber hinaus hatten wir bei den Geburten noch weitere Einträge des Namens Claer/Klair/Cleer gefunden bei allerdings z.T. beträchtlicher Unsicherheit, ob wir richtig gelesen haben: einen Johann Christian Klaer 1794 auf Quatier vom Depots Batallion; einen Christian Clair 1788 als Taufpate; einen Gottfried Klair, Musquetier vom Regiment 1749 und 1752; einen Johann Schmied Cleer, Schulze in Altenburg 1739 sowie einen Mil. (Soldaten?) Minhart Claer 1736. Ferner konnten wir feststellen, dass Susanna Dorothea Liedmann, die Ehefrau des Unterförsters Johann Friedrich Clair, zuvor mit dem Unterförster Johann Kopfhammer verheiratet war und in dieser Zeit 1788 und 1793 Mutter zweier Kinder wurde. Hinzu kam der etwas rätselhafte Umstand, dass in der Mundia-Datenbank als Ehefrau „unseres“ Unterförsters Friedrich Wilhelm Claer und Mutter des Sohnes Johann Wilhelm Claer im Jahre 1803 nicht Susanne/Gesine Hoemke angegeben war (wie es gemäß den Geburtseinträgen in den Taufbüchern richtig gewesen wäre), sondern Susanna Dorothea Kopfhammer.
Wir erwarteten also mit Spannung die Auswertung der Taufen 1665-1700, der Heiraten 1682-1814 und der Toten 1682-1813. Allerdings brachten uns die Taufen 1665-1700 keinerlei Funde.
1. Die Ludwigswalder Heirats- und Sterbeeintragungen
In den Heirats- und Sterbeeintragungen fanden wir:
– S. 216-rechts-01 (1796):
Ludwigswalde. Friedrich Wilhelm Claer königl. Unterförster mit Wittwe Susanna Dorothea Kopfhammelin 25. ten Sept: copuliert 30 H (Heller?) zur Schulstraße bezahlt. aber Zwilinge (?) gebucht (?) vom Amte Karschau vom (am?) 14 ten Sept. beigebracht 30/32
– S. 209_links_01 und rechts ganz unten (1782):
Johann Heinrich Kopfhammel (Unterförster) mit Jungfer Susanna Dorothea Liedmanin am 19. Jan. (Heiratseintrag)
– S.198 li 02 (1754):
Am 24. Januar ist gut ??? ?? An (?) Christoff Nin. (?) Claer, Schultz in Altenberg, mit Jungfer Dagmar Dybben (Delten?) für Hrn. (?) Schultz
Casse ist gezahlt 30 gu (Gulden?)
(Quelle ist insgesamt sehr schwer zu lesen und Inhalt daher recht unsicher.)
– S.304 (1797):
Ludwigswalde 8. Joh. Friedrich Claer königl. Unterförsters Söhnlein (?) Friedrich Wilhelm begraben am 26. Febr
– S.238 (1715):
Dom. XVII. ? 13 8 h ließ Hanß Claire sein Töchterlein mit Gesang und Klanck begraben.
(Hier ist vor allem fraglich, ob es Claire heißt, der Rest ist gut lesbar. Der erste Buchstabe könnte eher ein T sein, aber danach folgt keinesfalls ein h…)
Das sind leider nur recht bescheidene Funde, die uns noch dazu z.T. beträchtlich verunsichern. Enttäuschend ist zunächst, dass die Heiratseinträge in unseren Fällen keine Angaben über die Herkunft der Eheleute enthalten. Das wurde, wie ich feststellen musste, im Laufe der Jahre recht unterschiedlich gehandhabt, mitunter finden sich sogar recht umfangreiche Informationen über die Heiratenden, nur leider nicht in den für uns relevanten Einträgen.
Immerhin wissen wir jetzt, dass Susanna Dorothea Liedmann, die spätere Frau des Unterförsters Johann Friedrich Claer und Mutter des jüngeren Friedrich Wilhelm Claer, ihren ersten Ehemann, den Unterförster Johann Kopfhammer, mit dem sie 1788 und 1793 zwei Kinder bekam, bereits im Jahr 1782 geheiratet hat. Ferner wissen wir nun, dass der junge Friedrich Wilhelm, der Sohn des Johann Friedrich Claer und der Susanna Dorothea Liedmann 1797 bereits 14 Tage nach seiner Geburt am 8.Februar 1797 wieder verstorben ist, wie es ja damals häufiger vorkam.
Doch stürzt uns der Heiratseintrag von 1796 in erhebliche Verwirrung, wonach „unser“ Friedrich Wilhelm Claer, der königliche Unterförster, die Witwe Susanna Dorothea Liedmann geheiratet haben soll. Dass Susanna Dorothea Liedmanns erster Mann, der Unterförster Kopfhammer, gestorben sein musste, hatten wir uns ohnehin schon gedacht. Aber nur ein Jahr später, 1797, bekam Susanna Dorothea Liedmann ein Kind mit ihrem Ehemann Johann Friedrich Claer, während „unser“ Friedrich Wilhelm Claer drei Jahre später, 1799, mit seiner Frau Susanne/Gesine Hoemke eine Familie gründete. Wie konnte also Susanna Dorothea Liedmann 1796 „unseren“ Friedrich Wilhelm Claer geheiratet haben und nicht, wie es zu erwarten gewesen wäre, seinen mutmaßlichen Bruder Johann Friedrich Claer? Naheliegend wäre es, hier einen Fehler in der Eintragung zu vermuten. Der Pfarrer könnte die beiden Unterförster Claer schlicht miteinander verwechselt haben. Damals sollen die Eintragungen in vielen Kirchenbüchern nur gesammelt ein oder zweimal jährlich aus dem Gedächtnis des Pfarrers erfolgt sein. Das würde alles erklären, und doch bleibt der irritierende Umstand, dass – wie bereits erwähnt – in der Mundia-Datenbank als Ehefrau „unseres“ Unterförsters Friedrich Wilhelm Claer und Mutter des Sohnes Johann Wilhelm Claer im Jahre 1803 nicht Susanne/Gesine Hoemke angegeben war, sondern Susanna Dorothea Kopfhammer…
Darüber hinaus gibt es im Hochzeitseintrag des Friedrich Wilhelm Claer und der Witwe Susanna Dorothea Liedmann noch einige rätselhafte Zusätze. Deutlich erkennen können wir von diesen lediglich den Ortsnamen Karschau. Das Amt Karschau (dem Amt Kobbelbude mit Ludwigswalde benachbart) war eines der kgl. preuß. Dömänenämter in Ostpreußen. Beide Ämter gehörten zum Brandenburgischen Kreis in Ostpreußen.
(http://books.google.de/books?id=Mww_AAAAcAAJ&pg=PA16&dq=amt+karschau&hl=de&sa=X&ei=QCZqVN3nGsX-ygOM5YL4CQ&ved=0CCUQ6AEwAw#v=onepage&q=amt%20karschau&f=false)
Es gab drei Landesherren in Preußen: die Städte (die Kämmereigüter), den Adel (die Rittergüter) und den König (die Domänen-Ämter). (http://wiki-de.genealogy.net/Ostpreu%C3%9Fische_%C3%84mter)
Die königlichen Förster (und als solche wurden sowohl „unser“ Friedrich Wilhelm als auch sein mutmaßlicher Bruder Johann Friedrich bezeichnet) unterstanden also den Domänen-Ämtern. Insofern könnte der Hinweis auf das Domänenamt Karschau also noch von Bedeutung für uns sein. Vielleicht verrät er etwas über die Herkunft der beiden Ludwigswalder Unterförster Claer. Wir werden diese Spur weiter verfolgen.
Weiterhin haben wir einen Hochzeitseintrag aus dem Jahr 1754 gefunden, wonach – wenn wir richtig gelesen haben – ein Christoff Claer, Schulze (also Bürgermeister) in Altenberg (dem Nachbarort von Ludwigswalde), eine Jungfer Dagmar Dybben geheiratet hat. Dies würde immerhin zu unserem früheren Fund passen, wonach der Schmied Johann Cleer 1739 Schulze in Altenberg war und einen Sohn namens Johann Christoph bekam. Allerdings wäre dieser (Johann) Christoph Claer 1754 erst 15 Jahre alt gewesen, und so erscheint es doch recht zweifelhaft, ob er – wenn er es denn gewesen ist – in diesem jungen Alter schon heiraten, geschweige denn bereits Schulze gewesen sein konnte…
Bleibt schließlich noch der unsichere Fund aus dem Jahr 1715, wonach ein Hanß Claire sein Töchterlein mit Gesang und Klanck in Ludwigswalde begraben ließ. Hanß mit “ß” kommt auch in anderen Einträgen vor, war also nicht ungewöhnlich. Die Formel am Ende “mit Gesang und Klank/Klanck” (was sicherlich Klang bedeuten soll) findet sich auch in fast allen anderen Einträgen dieser frühen Jahre. Wenn dieser Hanß denn wirklich ein Claer gewesen sein sollte, dann wäre er wohl wenige Jahre nach der Einwanderung von David und Jakob Clerc/Clere/Clair aus St. Imier nach Matzutkemen (1712) in Ludwigswalde aufgetaucht. Es sollen ja große Teile der Schweizer Kolonie schon in frühen Jahren in andere Gegenden Ostpreußens abgewandert sein. Christian Clerc wurde etwas später, 1719, auf der Durchreise in Stolp/Pommern registriert…
Nach allem bleiben jedoch viele Fragen offen. Nicht nur von den Förstern Claer, sondern auch von ihren Frauen finden sich keine Geburtseinträge in Ludwigswalde. Da, wo es Taufeinträge von Claers gibt, fehlen mehrmals im Vorfeld zu erwartenden Heiratseinträge und umgekehrt. Sterbeeinträge haben wir nur von Kleinkindern gefunden. Folglich gab es über die Jahre wohl kaum Claers, die fest in Ludwigswalde verwurzelt waren.
Im übrigen ist auffällig, dass in den Einträgen der Ludwigswalder Kirchenbücher eine ganze Reihe von Militärs auftauchen, teilweise mit Hinweis auf bestimmte Regimenter, denen sie zugehörig waren.
Dennoch ist festzuhalten, dass es – zumindest in Ludwigswalde – keinerlei Funde aus der Zeit vor der Einwanderung der Clercs / Clairs aus der französischen Schweiz (1712) gibt, was dafür spricht, in unseren Vorfahren die Nachkommen der Schweizer Einwanderer zu sehen, ohne dass damit die Theorie von der Verbindung zur adligen hugenottischen Familie des Hauptmanns von Gumbinnen oder jene von der anglonormannischen Herkunft über den Baumeister des Königsberger Doms, den Bischof vom Samland Johannes Clare (geb. 1344), völlig vom Tisch wären.
2. Die Clercs / Clairs in der Schweizer Kolonie (1710)
Grund genug, sich näher mit der sog. Schweizer Kolonie im Raum Gumbinnen (1710 ff.) zu beschäftigen, die sogar sehr gut erforscht ist.
a) Große Hilfe durch Fritz Schütz
Gleich einen Volltreffer landete ich mit dem Standardwerk von Fritz Schütz, „Französische Familiennamen in Ostpreußen aus der Zeit der Schweizerkolonie, ihre Herkunft, Schreibweise, Änderung“ (Ostpreußischer Heimatverlag, Gumbinnen 1933), das ich mir in einer Bibliothek mittels Fernleihe bestellte. Aus dem darin enthaltenen Namensverzeichnis:
„Die mit *bezeichneten Familiennamen kommen heute noch in Ostpreußen vor. … Die Schreibweise der Namen ist die der Kirchenbücher“
…
– Clair *, Herkunft: aus St. Imier, Distr. De Courtelary, Schweiz; Schreibweise der Kirchenbücher: Clere, Clari; heute bestehende Änderung: Claer, Klaer, Klär.
– de Clair*, Herkunft: unbekannt.
Also zumindest der Heimatforscher Fritz Schütz führt die ostpreußischen Claers eindeutig auf die Einwanderer aus St. Imier zurück.
In der Einleitung seines Buches heißt es:
„Mit den Jahren 1708 bis 1710 verwüstete die aus Polen gekommene Pest ganz Ostpreußen, besonders hatte das damalige Amt Insterburg darunter zu leiden. Mißwachs, Hungersnot, drückende Lasten trugen dazu bei, dass die ländliche Bevölkerung, soweit sie noch dazu imstande war, ihre Besitzungen stehen und liegen ließ. In den Ämtern Insterburg, Ragnit, Tilsit und Memel standen allein 8411 Bauernhöfe ohne Bewohner, ausgestorben oder verlassen. König Friedrich I. erließ seine Einladungsaufrufe zur Neubesiedlung des „deputierten“ Landes im ganzen Deutschen Reich und in der Schweiz. Die Folge war ein außergewöhnlich großer Zuzug zunächst aus Ostpreußen selbst, dann auch aus Litauen und Polen, so dass schon 1711 wieder über 4000 Besitzungen in festen Händen waren. Dann kamen in größeren und kleinen Zügen Neusiedler aus der deutschen und französischen Schweiz, aus Hessen-Nassau, der Mark Brandenburg, Württemberg, Pfalz, Elsaß, Lothringen, Flandern, aus Nordfrankreich, um hier eine neue Heimat zu suchen und zu finden. Mit der Oberleitung dieses Siedlungsgeschäftes war der Burggraf Alexander zu Dohna betraut, der die Abwicklung in äußerst geschickter Weise vornahm. Dieser, selbst geborener Schweizer, hatte wiederum seinerseits in dem Königsberger Refugié Lacarrière einen außerordentlich geeigneten Helfer. Inzwischen hatte der König Friedrich Wilhelm I. die Regierung angetreten und in großzügigster Weise, verbunden mit der ihm angeborenen Sparsamkeit, das Kolonisationswerk seines Vaters übernommen und weitergeführt. Die Neusiedler wurden in der Hauptsache in der Umgebung von Judtschen und Gumbinnen angesetzt. Die Verwaltung befand sich in Judtschen, hier fanden die nicht ganz einfachen Fragen ihre Erledigung. Es ist zu bedenken, dass ein großer Teil der Siedler nur französisch sprach, bei den übrigen waren alle deutschen Dialekte vertreten. Noch 1739 war beim Besuch Friedrichs des Großen in vielen Dörfern die französische Sprache vorherrschend. Das Bedürfnis des Zusammenhaltens aus Familien-, wirtschaftlichen und sprachlichen Gründen entwickelte sich naturgemäß sehr stark, dazu kam noch, dass die Kolonisten als Reformierte in der streng lutherischen Umgebung keinen leichten Stand hatten. Die wirtschaftliche Bevorzugung der Schweizer gegenüber den Alteingesessenen rief auch unter den anderen Kolonisten beträchtliche Reibereien hervor, die aber durch den „Kolonistenvater“ Graf Alexander zu Dohna unter manchen Schwierigkeiten geschlichtet wurden. Jedenfalls erhielt im Laufe der Zeit auch ein Teil der übrigen Kolonisten die gleichen Rechte. Sie wurden unter dem Sammelnamen „Schweizerkolonie“ verwaltungstechnisch unter einen Hut gebracht.
Um einen anscheinend unausrottbaren Irrtum zu beseitigen, sei also nochmals betont, dass zur „Schweizerkolonie“ nicht nur echte Schweizer, sondern auch andere Kolonisten zu zählen sind.
Die kirchliche Versorgung erfolgte in folgender Weise: zunächst wurde die Deutsch-Schweizerische Kirchengemeinde in Sadweitschen einem deutschen Prediger, sodann die Französisch-Schweizerische Kirchengemeinde 1713 in Judtschen mit einem französischen Prediger (Kirchenbau 1727), dann die Französisch-Schweizerische Kirchengemeinde in Gumbinnen 1731 – in Vereinigung mit der aufgelösten Gemeinde in Sadweitschen – (Kirchenbau 1739) mit einem französischen Geistlichen.
Über diese Kolonisation v o r der Einwanderung der Salzburger ist leider kein ausführliches Geschichtswerk vorhanden, sie ist recht stiefmütterlich behandelt, obgleich sie mindestens von derselben kulturellen Bedeutung ist wie die Einwanderung der Salzburger. Zahlenmäßig ist sie größer, in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung von allergrößter Bedeutung. Neueinführungen und Verbesserungen in Industrie, Handel und Landwirtschaft: Wollweberei, Seidenweberei, Färberei, Gerberei, Hutfabrikation, Tabakbau, Hopfenbau, vereinzelt Weinbau, verbesserter Pflug. Uhrmacher, Kupferschmiede, Handschuhmacher, Strumpfwirker fanden ein ausgedehntes Feld für ihr teilweise nicht vertretenes Handwerk.
Als Folge dieser Einwanderung: Neugründung vieler Schulen, Erhebung von 6 Dörfern zu Städten (1724). Über die Gründe dieser Einwanderung: Während bei den Salzburgern, die als größte geschlossene Volkseinheit 1732 einwanderten, religiöse Verfolgung vorlag, sind die Gründe bei obigen Neusiedlern rein wirtschaftlicher Art, nur für die Nassauer treffen religiöse Schwierigkeiten zu. Die religiöse Frage spielt überhaupt bei der gesamten Siedlungsgeschichte lange nicht die Rolle, die man ihr zuzuerteilen geneigt ist. Friedrich Wilhelm I., selbst reformiert, zieht die lutherischen Salzburger ins Land mit dem gleichen Wohlwollen wie die reformierten Schweizer-Kolonisten. Es muss einmal klar ausgesprochen werden, dass bei der Siedlungspolitik die W i r t s c h a f t s p o l i t i k die größere Rolle gespielt hat. Friedrich Wilhelm I. war unzweifelhaft ein tief religiöser Herrscher, er war aber auch ein großer Rechenmeister. Das Land Ostpreußen wurde unter seiner Führung die ertragreichste Provinz Preußens:
,Aber das Land wird bebauet sein und ist dazu guth, wenn die Kinder erwachsen und mein Sohn Krieg bekommt, dass ihm an Menschen nit fehlet. Das ist auch ein Reichtum, Menschen halte vor den größten Reichtum.`
Die vorliegende Arbeit ist auf nicht ganz einfachem Wege zustandegekommen. Zunächst mussten die Kirchenbücher der oben genannten 3 Schweizerkirchen auf etwa 40000 Niederschriften gezettelt und nach Familien zusammengestellt werden. War es doch nur so möglich, die manchmal erstaunlich verschiedenen Schreibweisen der Familiennamen festzustellen, aus denen wiederum Schlüsse auf die Gestaltung der heutigen Namensführung gezogen werden können.
Die Kirchenbücher, teilweise in französischer Sprache geführt, sind nicht immer gut erhalten, auch ergeben sich Schwierigkeiten sprachlicher Art, da der französische Prediger nicht deutsch und der deutsche nicht französisch verstand. Es entstanden Wortungeheuer, die dem Benutzer doch Schwierigkeiten bereiten. …
Die Kenntnis der richtigen französischen Schreibweise mag bei vielen Kolonisten bald geschwunden sein, denn nur so ist die vielfache Rückgestaltung späterer Zeiten zu erklären. …
Ob diese Kolonisten den Hugenotten zugezählt werden können, läst sich im Rahmen dieses Büchelchens nicht durchweg beantworten. Es sei versuchsweise gesagt: Zu den Hugenotten gehören die aus Frankreich gekommenen Siedler, ferner vereinzelte der aus der Schweiz stammenden und aus Süddeutschland gekommenen. Nicht zu ihnen gehören diejenigen aus alteingesessenen Schweizer-Familien, die ja als Reformierte keinen Grund gehabt hätten, aus einem reformierten Lande auszuziehen. Bestimmte Richtlinien aufzustellen ist an und für sich gewagt, hier muss eben die Einzelfamilienforschung einsetzen, die feststellen soll, ob die betreffende Familie ursprünglich in Frankreich ansässig war und infolge der Französischen Religionskriege auswanderte. …
Möge diese Arbeit ihren Zweck erfüllen: Sie soll … auch hinweisen auf die große, einzig dastehende kolonisatorische Tat preußischer Könige vor über 200 Jahren. Aus der Verschmelzung deutscher und fremder Stämme ist in dieser kurzen Zeit ein Volk hervorgegangen, das sich an deutscher Gesinnung, deutscher Tatkraft nicht überbieten lässt: es entstand der ostpreußische Mensch. Denn jeder Ostpreuße, der auf den Pfaden der Familienforschung dem Auf und Ab seines Geschlechtes nachgeht, trifft irgendwann und irgendwo auf jene Kolonisten, die damals Ostpreußen mit neuem Leben erfüllt haben. ,In jedem Ostpreußen fließt ein Tropfen Kolonistenblut.‘
Gumbinnen, im Jahr des Aufstiegs 1933. Fritz Schütz“
Im letzten Absatz ist der Verfasser erkennbar darum bemüht, das Multi-Kulti der ostpreußischen Einwanderungsgesellschaft irgendwie auf die völkische Linie der neuen Machthaber zu bringen…
Kleiner Exkurs: Sehr detailliert und mit umfangreichem Zahlenwerk versehen ist die Darstellung des ostpreußischen Völkergemischs, aus dem sich im 18. Jh. der „Neustamm der Preußen“ gebildet hat, auf der Internetseite des Klaus-Peter Jurkat, Bergisch Gladbach. (http://www.prussen.org/besiedelung-bevoelkerungsentwicklung-ostpreussen.htm)
Ihm zufolge sah die Bevölkerungsstruktur Ostpreußens Ende 1711 wie folgt aus:
28.594 Litauer
89.549 Masuren
130.794 Deutsche etc.
191.063 Prußen
440.000 Einwohner
Die Prußen waren so etwas wie die ostpreußische Urbevölkerung. Sie hatten eine noch bis ins 17. Jahrhundert hinein dominante, später aber ausgestorbene westbaltische Sprache, die große Ähnlichkeit mit der ursprünglichen indoeuropäischen Sprache gehabt haben soll. Der „breite Tonfall“ der deutschen Dialekte Ostpreußens geht laut Reinhard Schmoeckel auf altpreußischen Einfluss zurück. Ende des Exkurses.
Ebenfalls aus der Feder jenes Fritz Schütz fand ich online einen weiteren Text über die Schweizerkolonie, in dem u.a. davon berichtet wird, dass der große Königsberger Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) in jenen Jahren zeitweise in Judtschen gelebt hat.
Fritz Schütz, Ein Beitrag zur Heimatgeschichte – Die kirchliche Versorgung der Schweizerkolonie, in: Preußisch-Litauische Zeitung, Nr. 45, 120. Jg., Gumbinnen Sonntag, den 22.2.1931:
…
Die Reformierte Kirche in Judtschen
Schon 1710 fanden sich in der Judtscher Gegend die ersten Schweizer ein, so dass sich schon 1714 die Einstellung eines französischen Geistlichen, des David Clarene notwendig machte. Dieser Prediger verstand kein Wort deutsch, so dass sich sehr bald Konflikte mit den inzwischen in größerer Menge angezogener deutschen Kolonisten, die wiederum kein Französisch verstanden, erhoben. Dies führte zu scharfen Beschwerden, die damit endeten, dass Prediger Clarene 1729 durch den deutschen Prediger Daniel Andersch ersetzt wurde, der wiederum kein Französisch verstand. Außerdem zeigte er den französischen Kolonisten etwas die kalte Schulter, “er sei als deutscher Prediger berufen und die Franzosen möchte sich der deutschen Sprache befleißigen.” Dies zog ihm einen ziemlichen Verweis zu, und es ist festzustellen, dass sich die Sprachkenntnisse des Predigers Andersch und somit sein Verhältnis zur Gemeinde wesentlich gebessert haben. Der Prediger Clarene hat die Eintragungen der deutschen Familien- und Ortsnamen in grausamer Weise verstümmelt, manchmal bis zur Unverständlichkeit, ebenso war es mit den Eintragungen der französischen Orts- und Familiennamen durch Pfarrer Andersch. Die Kirchenbücher der Gemeinde Judtschen sind vollständig erhalten und dadurch äußerst wertvoll, dass nicht nur der Herkunftsort des Eingewanderten selbst, sondern auch noch seine Eltern angegeben sind. Auch steht bei den meisten die Angabe des Berufes. Besonders wertvoll sind sie noch dadurch, dass die beiden größten Geister der damaligen Zeit als Taufzeugen eingetragen sind, und zwar der König Friedrich der Große und Immanuel Kant. Immanuel Kant soll mehrere Jahre bei Herrn Prediger Andersch Hauslehrer gewesen sein, er selbst sagt in seinen Schriften nichts davon. Er ist zweimal als Taufzeuge eingetragen; eine Eintragung möge hier abgedruckt werden: Am 27. Oktober 1748 lässt taufen der Schulmeister Jacob Challet aus Judtschen sein Söhnlein mit dem Namen Samuel. Die Mutter heißt Catharina Blattin (Belat). Die Taufzeugen sind gewesen Immanuel Kant, Studiosus Philosophiä, und die Frau Prediger Andersch in Judtschen. Ob Immanuel Kant noch verwandtschaftliche Bande an die Judtscher Gegend geknüpft haben, ist nicht ohne weiteres festzustellen. Jedenfalls findet sich im Taufregister eine Anne Ephrasine Kantin, 1731, die einen Johann Caspar Gehler, a.a.O. Kehler, heiratet und im Taufregister 1732 dieselbe nochmals, mit dem Zusatz “aus Stallupönen”, der Vater derselben ein David Kant. Noch nicht ganz durchgeführte Nachforschungen freundlichst behilflicher Seite haben bis jetzt ergeben, dass in Stallupönen im Jahre 1703 ein David Kandt, Schotte und Paudelkrämer gelebt hat. Da Kant seinen Ursprung auf Schottland zurückführte, ist eine Verwandtschaft nicht ausgeschlossen. Ob Immanuel Kant die Zeit seines Aufenthaltes in Judtschen (ca. 3 Jahre) benutzt hat, auch einmal die benachbarte Stadt aufzusuchen und mit seinem Geist zu durchdringen, wird bestritten, gemeint ist, damit natürlich nicht Gumbinnen, sondern die andere Nachbarstadt.(http://www.judtschen.de/Fritz-Schuetz.html)
b) Weitere Internetquellen zur Schweizerkolonie
In einer anderen Internetquelle heißt es über die Schweizerkolonie ergänzend:
„Die Einwanderung der Schweizer
von Otto Gebauer (Quelle: Gumbinnen, Dr. Grenz)
Die ersten Schweizer kamen 1709 nach Ostpreußen; in den folgenden Jahren nahm die Einwanderung erheblich zu. Der größte Teil der Schweizer Kolonisten wurde im Kreise Gumbinnen angesiedelt. Sie sind es gewesen, die als erste Kolonie die Befreiung vom Scharwerk erkämpft und damit zur sozialen Hebung des Bauernstandes wesentlich beigetragen haben. Im Jahre 1714 entstand die deutsch-schweizerische Gemeinde Sadweitschen. Die Gottesdienste wurden in der ersten Zeit in einer Scheune abgehalten.
1739 wurde in Gumbinnen die reformierte Kirche gebaut, und die kirchliche Betreuung der reformierten Gemeinden erfolgte nun von Gumbinnen aus.
1716 wurde eine französisch-schweizerische Gemeinde in Judtschen gegründet. Der Gottesdienst wurde in deutscher und französischer Sprache abgehalten. Die deutschen Schweizer fanden sich durch ihre deutsche Muttersprache leichter mit der neuen Umgebung ab als die französischen Schweizer, die schon durch die Sprache eine schwierigere Verständigung hatten. Aus diesem Missverhältnis der Sprachen und dem Umstand, dass die Pfarrer einesteils nicht französisch oder auch nicht deutsch sprechen und schreiben konnten, entstand schon bald ein großes Durcheinander in der Schreibweise der französischen Familiennamen. Diese Familien werden oft den französischen Hugenotten zugezählt. Sie haben aber mit den Hugenotten nichts zu tun. Sie kamen nicht aus Gründen religiöser Bedrängnis, sondern aus solchen rein wirtschaftlicher Natur.
Die reformierten Schweizer kamen aus der reformierten Schweiz, die reformierten Franzosen (Franzosen, Wallonen, Waldenser) hatten keine Not, ihre seitherige Wahlheimat, die Pfalz, Mark Brandenburg, Magdeburg usw. zu verlassen, es bedrängte sie dort niemand. Sie trieb lediglich der Wunsch, dem Rufe des Königs folgend, sich in Ostpreußen zumeist unter günstigen Bedingungen ein sicheres Auskommen zu schaffen. War doch Ostpreußen nach den Einladungsschreiben das „Land, in dem alles gedieh außer Wein”. Es handelte sich also um Kolonisten aus dem Berner Jura, ferner aus dem damals zu Preußen gehörigen und preußisch verwalteten Fürstentum Neuchatel. Weiter handelte es sich um Siedler aus den nordfranzösischen Provinzen, um Wallonen, die teils aus Wallonien direkt oder aus der Mark Brandenburg als Zwischenstation kamen, oder um Waldenser aus den norditalienisch-französischen Gebirgstälern und den württembergischen Waldenser-Dörfern. Nur die wenigen wirklichen Franzosen nach 1710 aus Süddeutschland waren Hugenottenabkömmlinge. Die schweizerischen Herkunftsgebiete waren damals teilweise reichlich übervölkert, so dass einzelne Städte den Abwanderern sogar Zehrgelder mitgaben.
Im Kreise Gumbinnen bildeten die deutschen und französischen Gemeinden erst um 1807 eine Einheit. Die Erinnerung an die französischen Schweizer lebt in den vielen französischen Namen fort, die wir bei unseren Gumbinner Landsleuten feststellen.“
(http://www.kreisgumbinnen.de/index.php?option=com_content&view=article&id=96:schweizer&catid=35&Itemid=89&showall=1&limitstart=)
Darüber hinaus lässt sich im Internet auch noch dieser, mit Zahlenwerk auf dem aktuellen Stand der Forschungen versehene, Text zur Schweizerkolonie finden:
„Die Hugenotten: Geschichte, Glaube und Wirkung
von Eberhard Gresch, 2005
Friedrich Wilhelm I. bemühte sich, die 1709/10 durch die Pest stark dezimierte Bevölkerung des nordöstlichen Ostpreußen wieder zu vergrößern. Am 20.09.1711 wurde ein Einladungspatent erlassen. So kamen im Zuge einer Sekundärwanderung von 1710 bis 1720 auch etwa 350 Hugenotten (-Nachfahren) in das Gebiet um Gumbinnen. Es waren nach 1685 in die Uckermark eingewanderte, mit ihrer Ansiedlung aber unzufriedene französische Ackerbauern; aber auch Pfälzer, d.h. von der Herkunft her überwiegend Wallonen. Sie gesellten sich zu knapp 5.000 weiteren reformierten Neusiedlern aus der französischen und deutschen Schweiz, aus nassauischen Grafschaften östlich des Niederrheins und aus anderen Gebieten innerhalb und außerhalb des Reiches, die zumeist aus wirtschaftlich-sozialen Gründen kamen. Verwaltungstechnisch bildeten sie gemeinsam die Schweizer Kolonie.
Sie unterstand nicht der Amtsgewalt der Provinzialregierung, sondern hatte eine eigene Verwaltung. Ihr wurden geringere Abgaben, Befreiung von der Leibeigenschaft, freie Ausübung ihrer Religion und Errichtung reformierter Kirchen zugesagt und Prediger gestellt. 1711-1722 war ein Hugenotte „Schweizerinspektor“. Der Hauptstrom der Kolonisten kam 1712 an. Sie wurden auf 68 Dörfer im Umkreis von etwa 15 km von Gumbinnen verteilt. … Bald nach der Ankunft der Kolonisten setzte ein reges Abwandern in andere Gebiete des nordöstlichen Ostpreußens ein, wo sie wesentlich an der Gründung weiterer RKG (reformierter Kirchgemeinden) beteiligt waren. Seit 1730 wurde die Eigenverwaltung der Kolonie stark eingeschränkt. … Heute ist ein großer Teil der Dörfer der damaligen Schweizer Kolonie ausgelöscht, bei anderen sind nur noch wenige Gebäude vorhanden.
Das Dorf Judschen, 10 km westlich von Gumbinnen, erhielt 1927 als Zentrum Französisch-Reformierter ein eigenes Kirchgebäude (um 1985 abgerissen).
Literatur:
Machholz, Ernst – Reformierte in Masuren, Lötzen 1907
Ders. – Materialien zur Geschichte der Reformierten in Altpreußen und im Ermlande. 300 Jahre preußischer Kirchengeschichte, Lötzen 1912
Schütz, Fritz – Französische Familiennamen in Ostpreußen aus der Zeit der Schweizerkolonie, ihre Herkunft, Schreibweise, Änderung. Gumbinnen 1933“
Und schließlich finden sich auf einer privaten Internetseite (http://www.gossing-family.de/page2.html) auch noch die folgenden Informationen über die Schweizerkolonie:
„Das Leben der Schweizer in Ostpreußen
…
Es setzte bald eine Fluktuation ein, ja es gab auch Abwanderungen nach Litauen, Polen oder gar Rückwanderungen in die Schweiz.
Auffällig war, dass die eingewanderten Familien fast nur untereinander heirateten, wie die Taufregister aus Judtschen bezeugen. So sind in der Zeit von 1714 bis 1727 von 180 Trauungen 150 der Ehepartner beide aus der selben landsmanschaftlichen Gruppen. Von den drei reformierten Gemeinden Insterburg, Judtschen und Gumbinnen betrug die zahlenmäßige Stärke der „französischen Kolonie“ 1781 Personen, im Jahre 1745 nur für Gumbinnen und Judtschen noch 1019 Personen. Im Jahr 1736 stammten in den „Listen der französ. Kolonie in Litauen“ (LFL) von 431 erfaßten Familien, 28% aus dem Kanton Neuchâtel, 35% aus dem Prévoté Moutier-Grandval, 11% aus der Seigneurie d’Erguel, 5% aus anderen Teilen der Schweiz und 20% waren Rèfugiés (Pfälzer, Uckermärker, Rysselaers, Waldenser)
Verbindung zur alten Heimat
Die Verbindungen der Schweizer in Ostpreußen zu ihrer Heimat sind nie ganz abgerissen. So sind etliche Reisen, siehe auch die von Abraham Gossin u. a. 1711/12, bekannt. Auch in schriftlicher Form wurde die Verbindung gehalten. So sind viele der Eintragungen in den Kirchenbüchern z. B. von Grandval, die der Pastor Jean-Philippe Gobat zusammengetragen hat, aus Ostpreußen stammende Informationen über Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle.
Darüberhinaus war ein sehr wichtiger Grund das Schweizer Heimatrecht. Danach ist jeder Schweizer in erster Linie Bürger seiner Heimatgemeinde und danach seines Kantons und der Eidgenossenschaft. Dieses Heimatrecht blieb ihm erhalten, auch wenn er die Schweiz verließ. Auch seine in der Fremde geborenen Kinder hatten dieses Recht inne, wenn dies der Heimatgemeinde gemeldet und sie dort registriert wurden. Manche sind auch wegen anderer Gründe wie Erbangelegenheiten, Beurkundungen oder sonstiger Art wegen dort gewesen. Aber auch Rückwanderungen hat es gegeben, so dass jüngere, bereits in Ostpreußen geborene Schweizer zurückgekehrt sind und ihre Eltern und Geschwister dort ließen. Aber auch Ältere, nach etlichen Jahren in Ostpreußen, sind aus Gründen der Unzufriedenheit mit den Umständen wieder in die Schweiz zurückgekehrt.
Die Gründe für die Auswanderungen im 17. und 18.Jahrhundert waren die noch weit ins 19. Jahrhundert hineinreichenden schlechten Lebensbedingungen der Landbevölkerung. Diese wurden im Wesentlichen durch einen Mangel bzw. ungünstige Verteilung der landwirtschaftlichen Nutzfläche und durch eine zunehmende Überbevölkerung verursacht. Daher handelt es sich bei den Auswanderern dieser Zeit meist um Personen der ärmeren Schichten wie Heimarbeiter, Tagelöhner oder Kleinbauern. Auch die Realteilung von Höfen, innere und größere wirtschaftliche Auseinandersetzungen wie Missernten oder Viehsterben waren Ursachen, wie auch nichtschweizerische Krisen oder Kriege. So wanderten Mitte des 17. Jahrhunderts über 4000 Züricher in die vom Dreißigjährigen Krieg entvölkerten Gebiete im Südwesten des heutigen Deutschland. Ab dem 18. Jahrhundert verschlechterte sich die sozial-wirtschaftliche Lage auch in der Schweiz durch steigende Bevölkerungszahlen, Realteilung, geringe Zunahme der landwirtschaftlichen Erträge und Verharren in alten gewerblichen Strukturen. Die erste Schweizer Kolonie im 17. Jahrhundert an der Wolga wurde unter Katharina II. in der Mitte des 18. Jahrhunderts durch eine neue Auswanderungswelle von Schweizern vergrößert. Im 18. Jahrhundert lockten die großen Weiten Nordamerikas. Durch bessere Reisewege dorthin steigerte sich der Anteil auf die Hälfte aller schweizerischen Auswanderer. Dem folgten im Beginn des 19. Jahrhunderts erste Ausreisen nach Südamerika.
Es gab schon vor 1710 Auswanderungen nach Brandenburg-Preußen. Während der Regierung von Kurfürst Friedrich Wilhelm I. (der Große Kurfürst) warb dieser Kolonisten zur Wiederbesiedlung der wüst liegenden Stellen in der Mark an, weitere Schweizer aus Bern zur Kultivierung des Golmer Bruchs bei Potsdam. Dies wiederholte sein Sohn Friedrich III. (später König Friedrich I. in Preußen) mehrfach, um fähige Bauern oder Handwerker ins Land zu bekommen. Aber auch Soldaten der Schweiz erbat der Kurfürst 1691 aus den evangelischen Kantonen. Diese sollten seine „Schweizer Garde“ sein. Das wurde seitens der Schweiz genehmigt. Diese königliche Leibgarde bestand bis zu seinem Tod 1713.
Das Hauptaugenmerk war aber die Anwerbung von Bauern. Diese verlief nicht kontinuierlich, sondern in Wellenbewegungen. Wenn immer der Strom der Einwanderer nachließ, setzte die Werbung durch so genannte „Patente“ ein. Eine Masseneinwanderung von Schweizern nach Preußen im Jahr 1712 setzte nach einem Patent vom September 1711 ein. Auch unter dessen Sohn, Friedrich Wilhelm I. (der Soldatenkönig) fand weiterhin die Anwerbung der Schweizer statt.“
Weiterhin führt diese Internetseite auch noch ein vielsagendes Zitat des „Kolonistenvaters“, des Grafen v. Dohna an. Er sah
„…die Schweitzerische Nation, alß die Eintzige, die einen Überfluß an Volck hat, und die sich nicht zu opponieren pfleget, wann man Ihre Einwohner an sich zu ziehen suchet…“. (A .von Dohna, Schlobitten, 5.4.1713).
Angesichts dieser Berichte über die häufigen Reisen zwischen Ostpreußen und der französischen Schweiz in beiden Richtungen lässt sich möglicherweise auch unser „Christian Clerc, der nach Preußen gehet“, wie es 1719 in Stolp, Pommern notiert wurde, besser einordnen. Er könnte zu den anderen Clercs in Matzutkehmen, zu David und Jacob Clerc gehört haben. Vielleicht ist er damals von der Schweiz aus aufgebrochen, um sich seinen Verwandten in Ostpreußen anzuschließen. Oder er hatte bereits zu den Einwanderern nach Ostpreußen um 1712 gehört und stattete der Schweiz 1919 nur einen kurzen Besuch ab, von dem er über Stolp in Pommern zurückkehrte. Vielleicht hatte er Erbangelegenheiten zu regeln oder sonstige Behördengänge in der alten Heimat vorzunehmen.
c) Die Clercs (Clairs) in Matzutkehmen, Judtschen und Gumbinnen
Die von Fritz Schütz vorgenommene und für uns bedeutsame namentliche Gleichsetzung von „Clerc“ und „Clair“ findet ihre Bestätigung auch im Namensverzeichnis des Heiratsregisters von Judtschen auf der einschlägigen Internetseite:
– Clerc (Clair) B 29, S. 7 li., 1718 Nr. 57
– Clerc (Clair) B 29, S. 14 li., 1724 Nr. 129
(http://www.judtschen.de/Heiratsregister%201714%20-%201820.pdf)
Wir haben es hier offensichtlich mit der von Dierk Loyal erwähnten Heirat des „Stammvaters“ David Clerc 1718 sowie mit der Wiederverheiratung seiner Wittwe 1724 jeweils in Judtschen zu tun.
Bei Dierk Loyal hieß es:
„Stammvater der Familie Clerc war David Clerc, der aus St. Imier stammte. Er wanderte 1712 ein und siedelte sich in Matzutkehmen an. Er heiratet in Judtschen 1718. Bereits 1724 heiratet die Witwe erneut. Kinder sind leider nicht bekannt. Dann gab es noch einen Jacob Clerc, der ebenfalls in Matzutkehmen lebte. Kinder sind ebenfalls nicht bekannt. Ich vermute, dass bereits in dieser frühen Zeit die Familienmitglieder aus dem Kreis Gumbinnen abwanderten. Zumindest war Jacob Losgänger und besaß daher kein eigenes Land.“
Noch konkreter wird es im Familienbericht der „Familiendatenbank NLF“ (http://www.online-ofb.de/famreport.php?ofb=NLF&lang=de&modus=&ID=I323945&nachname=GANGUIN)
Dort finden wir u.a.:
David Clerc
– Familien: 1. Ehefrau: Maguerite Guiot (Keine Kinder gefunden!), 2. Ehefrau: Barbe Morel (Keine Kinder gefunden!)
– Eltern: —
– Geschwister: —
Quellen: N 0303, Holger Bremer: Familie Bremer und andere
Laut der Namensliste von Fritz Schütz kam Davids erste Frau Maguerite Guiot aus Boudevillier, Neuchatel, und Davids zweite Frau Barbe Morel im Jahr 1712 aus Corcelles, Neuchatel oder aus Cormondreche, Neuchatel.
Aus dem Familienbericht der „Familiendatenbank NLF“ ergibt sich außerdem, dass Davids erste Frau Maguerite Guiot (aus Boudevillier, Neuchatel) vor ihrer Ehe mit David Clerc bereits mit einem – später verstorbenen – Joseph Vaucher verheiratet war (leider fehlen hier Zeitangaben), der laut Namensliste von Fritz Schütz seinerseits aus Corcelles, Neuchatel stammte (so wie Davids zweite Frau Barbe Morel). Weiter ergibt sich, dass die Eltern eben jener Barbe Morel, Davids zweiter Frau, ein Samuel Morel und eine Anne Marie Pury (laut Fritz Schütz ebenfalls aus Cormondreche, Neuchatel) waren. Ferner hatte Barbe Morel noch eine Schwester: Salomé Morel. Und schließlich war auch Barbe Morel ein weiteres Mal verheiratet: mit einem Jonas Munier. Laut Fritz Schütz stammten die Muniers (später eingedeutscht zu Müller) aus vielen unterschiedlichen Schweizer Kantonen.
Aber es gibt noch einen weiteren Fund im Familienbericht der „Familiendatenbank NLF“:
Magdeleine Clerc
– verheiratet mit Jean Ganguin
– Kinder: Jacob Ganguin, Abraham Ganguin, Marie Magdeleine Ganguin, Jean Ganguin (1722-1786), David Ganguin (1728-1788)
Quellen: N 0303, Holger Bremer: Familie Bremer und andere
Und über einen der Söhne, nämlich Jean Ganguin d.J., gibt es aus selbiger Quelle weitere Informationen: Er lebte vom 29.11.1722 – 1786, war 1747 wohnhaft in Matzutkehmen, zwischen 1749 und 1753 in Gumbinnen. Er war verheiratet mit einer Catherine Perrelet (geb. 9.6.1732), die Ehe wurde am 5.10.1747 in Gumbinnen geschlossen, da war die Braut übrigens gerade erst 15 Jahre alt! Kinder aus dieser Verbindung sind Abraham Ganguin (geb. 1749) und Marguerite Ganguin (geb. 1750). Laut der Namensliste von Fritz Schütz kommen die Ganguins aus Corgemont, Distr. de Cortelary, Schweiz, aus Escheret, Distr. de Moutier, Schweiz, und aus Chaidon, Princ. De Porrentruy, Schweiz.
Insbesondere aufgrund der Übereinstimmung der Wohnorte des jüngeren Jean Ganguin und des David Clerc, jeweils Matzutkehmen, lässt sich schlussfolgern, dass die Mutter des jüngeren und Ehefrau des älteren Jean Ganguin, Magdeleine Clerc, eine Verwandte des David Clerc gewesen sein dürfte, womöglich seine Schwester. Auch aufgrund der Namen der Kinder des Jean Ganguin und der Magdeleine Clerc, nämlich Jacob, Abraham, Marie Magdeleine, Jean und David, lassen sich Vermutungen anstellen. Wie schon vielfach erwähnt war es seinerzeit sehr verbreitet, die Kinder entweder direkt nach den Eltern oder aber nach Onkeln oder Tanten zu benennen. Da es, wie wir wissen, auch einen Jacob Clerc in Matzutkehmen gab, könnte dieser demnach ein Onkel der Kinder und ein Bruder der Mutter gewesen sein, gleiches gilt für David Clerc; kurz: David Clerc, Jacob Clerc und Magdeleine Clerc könnten Geschwister gewesen sein. Und es könnte womöglich auch noch weitere Geschwister namens Abraham und Marie gegeben haben, sofern diese nicht Geschwister auf der väterlichen Seite oder sonstige Verwandte des älteren Jean Ganguin gewesen sind.
Nur am Rande sei bemerkt, dass zumindest der junge Jean Ganguin, immerhin der Sohn der Magdeleine Clerc und vermutlich ein Neffe des David und Jacob Clerc, nachweislich zu eben jener Zeit im Dorf Judtschen lebte (1747/48), in welcher der junge Philosoph Immanuel Kant im Alter von 23-24 Jahren dort als Hauslehrer des Pfarrers ansässig war. Sie werden sich mit Sicherheit gekannt haben, zumal sie vom Alter her nicht weit auseinander lagen: Jean Ganguin d.J. war Jahrgang 1722, Immanuel Kant war Jahrgang 1724. Es ist nicht einmal auszuschließen, dass damals noch weitere Clercs/Clairs die persönliche Bekanntschaft des großen Philosophen gemacht haben.
(P.S. Der letzte kleine Absatz ist leider nicht ganz richtig, fällt mir beim nochmaligen Korrekturlesen auf. Hier war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Der junge Jean Ganguin, Sohn der Magdeleine Clerc, lebte zu dieser Zeit nicht in Judtschen, sondern im ca. 15 km östlich gelegenen Gumbinnen, siehe oben. Ob er oder andere Clercs dem jungen Immanuel Kant seinerzeit begegnet sind, ist fraglich, wenn auch nicht völlig auszuschließen.)
Doch bringen uns diese Erkenntnisse leider noch nicht entscheidend weiter. Wichtig wäre es jetzt, eine Verbindung zu den Ludwigswalder Claers zu finden. Offensichtlich haben die Familien aus der französischen Schweiz in der Schweizerkolonie zunächst fast ausschließlich untereinander geheiratet. Nun wäre es natürlich interessant, ob sich die teilweise französisch klingenden Namen der Ehefrauen der Ludwigswalder Claers auch in der Schweizerkolonie finden lassen: Wir haben hier insbesondere die Damen Wilhelmine Henriette Warnien (1807-1871, Ehefrau des Oberförsters Johann Wilhelm Claer) und Julia Ruollin (1752 Ehefrau des Soldaten Gottfried Klair). Doch lassen sich beide Namen nicht in der Namensliste der Schweizerkolonie von Fritz Schütz finden.
d) Herkunftsort St. Imier
Der kleine Schweizer Ort Saint-Imier (dt. Sankt Immer) im Berner Land, von dem aus die Clercs in die ostpreußische Schweizerkolonie eingewandert sind, ist heute laut Wikipedia „mit 4949 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2013) die zweitgrößte Gemeinde des Berner Juras. Von den Bewohnern sind heute 84.2 % französischsprachig, 6.6 % deutschsprachig und 3.8 % italienischsprachig (Stand 2000). Die Bevölkerungszahl von Saint-Imier erreichte bereits um 1890 mit rund 7600 Einwohnern ihren Höchststand.
Von 1797 bis 1815 gehörte die Gemeinde zu Frankreich und war anfangs Teil des Département du Mont-Terrible, das 1800 mit dem Département Haut-Rhin verbunden wurde. Durch den Entscheid des Wiener Kongresses kam Saint-Imier 1815 an den Kanton Bern, der es dem Bezirk Courtelary zuteilte.
3. Die Claers in Thüringen bzw. Mitteldeutschland
Wenden wir uns nun einem anderen Bereich in unserem Puzzle zu, den Claers in Thüringen bzw. Mitteldeutschland. Hier war der letzte Stand, dass ich in der Online-Datenbank Mundia auf einen Chausseewächter Friedrich Claer in Frienstedt (Vorort von Erfurt), geb. um 1800, mit dem Sohn Friedrich Wilhelm Heinrich Claer (geb. 1825) gestoßen war, weiterhin im Bürgerbuch Erfurt auf einen Fuhrmann Christian Friedrich Claer, geb. 1802 in Siersleben, und drei Damen namens Claer sowie außerdem auf einen Förster Friedrich Claer in Krakendorf/Thüringen (nahe Weimar). Zwischenzeitlich hatte ich geglaubt, dass „unser“ Friedrich Claer (geb. 1799 in Ludwigswalde) sich vorübergehend in Thüringen aufgehalten habe, doch verwarf ich diesen Gedanken angesichts der großen Entfernungen letztendlich doch wieder. Dennoch blieb angesichts der auffälligen namentlichen Parallelen zwischen „unseren“ ostpreußischen und den Thüringer Claers der Verdacht auf eine Verbindung weiterhin bestehen.
Vor knapp einem Jahr kontaktierte ich Frau Kerstin W., welche die Daten des Frienstedter Chausseewächters Friedrich Claer in die Mundia-Datenbank gestellt hatte. Kerstin W. erwies sich als dessen direkte Nachkommin und war inzwischen mit ihren Forschungen schon deutlich weiter gekommen.
a) Stand der Recherche:
– Eleonore Marie Claer x 21.05.1861 Erfurt (Kirchengemeinde?)
– Friedrich Wilhelm Heinrich Claer, Sattlermeisetr u. Bg. in Erfurt
x 23.07.1825 Erfurt (Kirchengemeinde?)
+ vor 1882 (Erfurt)
oo um 1850- 80 (Erfurt) Barbara Rosine Mohnhaupt
(sie x 16.02.1826 Erfurt)
– Christoph Friedrich Claer, Fuhrmann in Erfurt, Bg. ebda.
x 16.11.1802 Siersleben (b. Hettstedt) gest. 20.11. ebda.
+ (Erfurt)
oo um 1822/24 (Erfurt) Anna Maria Ruge (sie x 1.01.1799 Erfurt)
– Johann Friedrich Claer
x
+
oo 1802 (Siersleben) Sophie Charlotte Frantz (unsicher!)
1802 Feldscher in der preuß. Armee (1802 in Siersleben/ Gft. Mansfeld/ Preußen)
Daraus ergibt sich: Der Frienstedter Chausseewächter Friedrich Claer aus dem Mundia-Eintrag ist identisch sowohl mit dem Fuhrmann Christian Friedrich Claer aus dem Erfurter Bürgerbuch (Christian statt Christoph war wohl ein Schreibfehler) als auch mit dem Christoph Friedrich Claer (Klär) aus dem Sierslebener Kirchenbuch. Das heißt also: (Christoph) Friedrich Claer wurde am 16.11.1802 in Siersleben als Sohn des Feldschers (Militärarztes) Johann Friedrich Claer geboren, war in seinen jungen Jahren zunächst Chausseewächter in Frienstedt (Erfurt), hat als solcher in Erfurt eine Familie gegründet und war später Fuhrunternehmer mit Sitz in Erfurt. Als solcher taucht er u.a. auf in der Allgemeinen Enzyklopädie der Kaufleute und Fabrikanten so wie der Geschäftsleute überhaupt, 3. Aufl. Leipzig 1838 http://books.google.de/books?id=XIBQAAAAYAAJ&pg=PA167&lpg=PA167&dq=fuhrmann+f.+claer+erfurt&source=bl&ots=FyHVnl-cng&sig=8Pr19a0B0L8yj4sGhAvnxN-grnM&hl=de&sa=X&ei=Eps_VMfPKsGBywOkjILgCw&ved=0CCUQ6AEwAA#v=onepage&q=fuhrmann%20f.%20claer%20erfurt&f=false .
Hierzu passt auch, dass im Erfurter Bürgerbuch von 1882 eine Christine Claer, geb. Scherlitz als Ökonomenwitwe ausgewiesen wurde.
Im Sommer 2013 schrieb ich:
„Ferner ist zu erwähnen, dass sich im Adressbuch von Erfurt (etwa 25 km entfernt vom besagten Krakendorf) aus dem Jahr 1882 der Eintrag findet:
– Claer Dorothea Margarethe geb. Fischer, Wittwe, Weißfrauengasse 1
– Rosine geb. Mohnhaupt, Wwe., Schmidtstädterstraße 50
– Christine geb. Scherlitz, verw. Oekonom, Fleischgasse 9
Also gleich drei verwitwete Damen mit dem Namen Claer…“
Ein Ökonom war damals nicht nur ein Wirtschaftswissenschaftler, sondern auch ein größerer Unternehmer wie z.B. ein überregional agierender Fuhrunternehmer. Es gibt Hinweise darauf, dass der Erfurter (Christoph) Friedrich Claer tatsächlich eine nicht unbedeutende Marktstellung innehatte. So heißt es in einem Bericht über das Transportwesen jener Zeit (Hervorhebung von mir):
„Auch das Eisenacher (Krause, Dänert, Bruder etc.), das Erfurter (Clär, Gebr. Müller, Helbig etc.) und das Ober-Weimarische Fuhrwerk (Reichard) kam weit herum.“
(http://de.wikisource.org/wiki/Bilder_von_der_deutschen_Landstra%C3%9Fe_1._Der_Fuhrmann_von_dazumal)
Christine Claer, geb. Scherlitz, war also offensichtlich die zweite Frau des Fuhrmanns Christoph Friedrich Claer. (Barbara) Rosine war, wie wir wissen, die Ehefrau des Sattlers Friedrich Wilhelm Heinrich Claer, geb. 1825, des Sohnes des Fuhrmanns Christoph Friedrich Claer. Die dritte Witwe Dorothea Margarethe Claer, geb. Fischer, können wir noch nicht zuordnen.
Ebenfalls fehlt weiterhin die Zuordnung des Krakendorfer Försters Friedrich Claer.
Dafür lassen sich weitere Spuren späterer Claers in Thüringen finden:
So entdeckte ich im Internet einen Koffer- und Lederwaren – Original Katalog, wohl aus 1930er Jahren Stammend, von Friedrich Claer, Koffer- und Lederwaren Erfurt.
(http://www.zvab.com/buch-suchen/autor/friedrich-claer-koffer–und-lederwaren-erfurt-hrsg)
Weiterhin fand ich unter den „Pfarrstellen in Nordhausen“ einen Hans Hermann Gustav Klär (1920 – 1931).
(http://www.geschichtsportal-nordhausen.de/index.php?id=nordhaeuser-pfarrstellen)
b) Das Urteil des Genealogen
Glücklicherweise hat sich auch der mit Kerstin W. befreundete Genealoge Thomas E. den Sierslebener Geburtseintrag des Fuhrmanns Christoph Friedrich Claer sowie den Traueintrag seiner Eltern angesehen. Ich erhielt von ihm direkt seine Einschätzung.
Den Geburtseintrag las er zunächst wie folgt:
„22. Xtoph (steht für Christoph) Friedrich nat. d. 16. Nov. f…6 mat. baptd. 20. ej….darunter in Latein die Eltern Joh. Friedrich Claer (Clär?), Feldscher und Sophie Charlotte geb. Froeßen – Froselen
Paten
Johann Gottfried Schmerberg Gastwirt
Johann Gottfried Wölfer,
Mst. Johann Friedrich Schötke , Müller und – Vorsteher in Heyfritz
Mstr. Johann Gottfried Schaach
Johann Martin Kohner Roßschmied
Fisiliers (Soldat)
Frau Juliane Schäfer .. „
„Siersleben gehörte zur Gft. Mansfeld preuß. Anteils. Die Musterlisten der preuß. Armee sind seit 1945 leider Kriegsverlust. Bislang unbekannt ist, welches Regiment in Siersleben in Garnison lag. Da Erfurt ab 1815 zu Preußen gehörte (preuß. Prov. Sachsen) und auch vor 1807 bereits einmal preußisch besetzt wurde (1802- 1806) liegt es nahe, hier einen Zusammenhang für die Ortsveränderung Siersleben/ Erfurt zu sehen. Was noch zu beweisen sein wird. Insbesondere interessieren primär ergänzende Angaben und Informationen zur
Herkunft und Abstammung des genannten preuß. Feldschers Johann Friedrich Claer.“
Später korrigierte er seine Einschätzung aber teilweise:
„In dem Taufeintrag aus 1802 …wird der Vater Johann Friedrich Clär als Feldjäger und nicht etwa als Feldscher bezeichnet. Und bei dem Feldjäger sind wir nahe bei am Förster. Sich meist im Dienst als Jäger bei ortsansässigen Adelsfamilien befindlich versahen solche adligen (“hochherrschaftlichen”) Jäger i.d.R. zugleich den Dienst als Förster. Diese Konstellation begegnete mir oft. Es ist wie heute. Wer waren die großen Wald- und Grundstücksbesitzer? Adlige, reiche Stadtbürger (und in der Frühen Neuzeit Patrizier), der Landesherr, die Kirche. Die Dienstanstellungen erfolgten in aller Regel für drei Jahre (meist von Michaelis bis Michaelis) und wurden dann per Handschlag erneuert (damals galt noch “ein Mann ein Wort”) oder aber der Jäger/Förster verdingte sich neu, suchte eine neue Stellung. Insofern wiesen gerade die Träger dieses Sonderberufes eine für diese Zeit außergewöhnlich hohe Mobilität auf!“
Den Traueintrag las er wie folgt:
„Siersleben … Dom. XXI p. Tr. procl. et copul. so allhier d. 9. …
Sponsg. Jgs. Joh. Friedrich Klär, Feldjäger (Feldhüther?). H. (Herrn) Xian (Christian)
Friedrich Klärs, Hoch … (unleserl.) …. …
ehel. jüngster Sohn
Sponsa Jf. Xarlotte Sophie Frantzin (?), H. Xtoff Got(t)lieb
Frantzens , Zoll- und Grenzwächters, ehel. älteste Tochter
Das Wort nach: Hoch … könnte im Zusammenhang ‘Hochherrschaftlicher’ heißen, jedoch ist die zweite Silbe verwischt oder überschrieben.
Der nach diesem unleserl. Wort folgende Begriff (wohl Beruf oder Stand) könnte Jäger oder Förster heißen, jedoch ist eben das nicht herauslesbar.
Die evtl. Ortsbezeichnung (so es sich denn um eine solche handelt) ist meines Erachtens nicht Wettin. Werde mir den Eintrag aber in den nächsten Tagen noch einmal zu Gemüte führen.
Bislang habe ich noch nie ein solch schlechtes Schriftbild vom Anf. d. 19. Jh. vor mir gehabt.
Christoph Friedrich Klär (Claer) wurde am 16.11.1802 geboren und am 20.11. getauft. Insofern liegt hier eine Notheirat infolge vorgerückter Schwangerschaft vor. Normalerweise wurde in derlei Fällen so verfahren, dass, da eine voreheliche Schwangerschaft vorlag, die Brautleute auswärts (meist in einer benachbarten Kirchengemeinde) heirateten. Und darüber hinaus war für die Trauung nicht der Ortspfarrer, sondern das zuständige Konsistorium für die Amtshandlung der Trauung verantwortlich.
Da die Amtskirche über alle Lebensfragen wachte und die Oberaufsicht inne hatte, wurde auch streng das Ehereglement überwacht.
In allen Fällen vorehelicher Schwangerschaften, bei Verwandtenheiraten sowie bei gemischtkonfessionellen Trauungen (etwa kath. Braut und ev. Bräutigam) war die Trauung vor dem zuständigem Konsistorium zwingend vorgeschrieben. D.h. der Ortspfarrer hatte seiner vorgesetzten Kirchenbehörde (dem Sup. bzw. Oberpfarrer) den Vorgang zu melden und anzuzeigen. Er selbst durfte die Amtshandlung/ die Trauung nicht vornehmen. Diese Konsisorialtrauungen sind in eigenen Aktenstücken vermerkt und erfaßt. Parallel erfolgte i.d.R. jedoch der Eintrag auch im Trauregister der Heimatgemeinde(n) der Brautleute.
Diese eigenständigen Konsistorialregister/ Konsistorial- Trauregister sind oft erhalten; i.d.R. sind sie aber nicht in kirchl. Archiven als vielmehr in staatl. Archiven überliefert (in den Überlieferungsbeständen der jeweiligen polit. Terr.; dort meist unter “Kirchensachen” oder “Konsistorialbestand”.
Die Bezeichnungen der Akten wechseln und sind durchaus nicht einheitlich. In manchen Fällen findet man die Konsistorialakten jedoch auch in überlieferten kirchl. Archiven. Für Erfurt und das Erfurter Gebiet beispielsweise liegen die Bestände des Konsistoriums meines Wissens im Archiv des Ev. Ministeriums, nicht etwa im Stadtarchiv. Im Einzelfall ist das stets zu überprüfen. In der Dresdner Konsistorialkartei findest Du aber keine Konsistorialtrauungen.
Im vorliegenden Fall ist die besondere Zeit zu berücksichtigen. Wir befinden uns mitten in der napoleon. Epoche. Napoleon nahm umfangreiche und weitgehende terr. Veränderungen vor. Stichwort Rheinbund (das “Dritte Deutschland”), Annexion der linksrhein. Reichsgebiete, 1803 Reichsdeputationshauptschluß, 1806 Auflösung des Heiligen Röm. Reichs Deutscher Nation, 1806 Bildung des Königreichs Sachsen, 1807 Kgr. Westphalen usw. usf.), Sachsen wurde 1806 Königreich, verlor jedoch im Westen erhebliche Gebiete an das napoleon. Kgr. Westphalen (Hauptstadt: Cassel !) usw. usf. In dieser Zeit des polit. Durcheinanders und Umbruchs wurde in der Tendenz auch der bis dahin überragende Einfluß der Amtskirche zielgerichtet zurück gedrängt, die Kirche quasi marginalisiert.
Soviel noch an zusätzlichen Gedanken zu zeitlichen Konstellation. Ob Siersleben hart an der preußisch- sächs. Grenze (Grenze Kgr. Preußen / Kurfürstentum Sachsen) (eigtl. handelte es sich um eine Staatsgrenze zweier selbständiger deutscher Territorialstaaten quer durch die Alt- Gft. Mansfeld) gelegen tatsächlich Stationierungsort bzw. Garnison preuß. Truppen war, wage ich zu bezweifeln.
Aus militärtaktischen Gründen disloziierten die polit. Terr. der damaligen Zeit ihre Truppenkontingente in der Tendenz eher nicht an den Außengrenzen.“
In späteren Mails ergänzte er:
„Den Traueintrag 1802 habe ich mir nun noch einmal angesehen (wie gesagt, mehrmaliges Wiederlesen hilft in derlei Fällen meistens weiter).
Das fragliche Wort nach Hoch … heißt wahrscheinlich Storker. Storker war ein (Augen-)Arzt oder eben ein handwerklich ausgebildeter (niederer) Arzt.
Bleibt noch der Ort Wittiz u klären. Ein Wittiz gab es im Böhmischen. Dann hätte der KB- Scheiber (oder Pfarrer) jedoch wahrscheinlich “in Böhmen” oder “aus Böhmen” vermerkt.
Das ist also noch zu klären. Jetzt macht aber auch wieder der “Feldscher” Sinn.
Möglicherweise heißt es statt Feldjäger also doch: Feldscher.
…
Zwar las ich auch Wittiz. Aber sicher bin ich nicht. Dieses Wittiz kann (theoretisch) auch nur ein adliges Gut, eine Waldförsterei oder ein inzwischen eingeganges Vorwerk gewesen sein. Im Gesamtzusammenhang würde das sogar Sinn machen. In der Vergangenheit habe ich bereits einige solcher früher einzeln in der Landschaft stehende landadlige Güter identifizieren können, die i.d.R. in keinem, auch keinen historischen, Ortsverzeichnissen auftauchen. Dies nur als zusätzlicher Hinweis.
…
Der Storger wird eigtl. so geschrieben. Falls meine Vermutung zutrifft, wäre die Schreibweise
Storker aber mit Dialektverfälschung erklärbar. Eventuell. Und es handelte sich auch nicht um einen Augenarzt sondern ein Storger war ein Zahnarzt im engeren Sinn und Wundarzt im
allgemeinen damaligen Sprachgebrauch (mit tendenzieller Negativbewertung; ein Storger also ein ziemlich lausiger Handwerksarzt. Das Hoch … könnte i.G. dazu aber auch bedeuten Hochgeehrter oder Hochgebildeter o.ä.
Ggf. ist hier Witznitz (bei Borna) gemeint.
Das wäre zu prüfen. Witznitz war ein Dorf mit patrimonialer Grundherrschaft im Amt Borna.“
…
Das letzte, was ich von Kerstin W. zu diesen Fragen hörte, war, dass andere Sachverständige überwiegend „Feldjäger“ (statt Feldscher) lasen und der Herkunftsort möglicherweise ein Wittiz bei Kamenz in Ostsachsen sei. (Das hielt auch der Genealoge Thomas E. für denkbar.) Dieses liegt wiederum in unmittelbarer Nähe zu Schlesien, nicht weit von Mellendorf, Kreis Sagan, das früher auch als Möllendorf bezeichnet wurde.
An dieser Stelle ist an den Jäger Clair von Möllendorf (geb. 1759) zu erinnern, der auf spektakuläre Weise (siehe meine Aufzeichnungen von 2013) 61-jährig im Jahre 1820 ein Wildschwein im direkten Kampf bezwang.
Der Genealoge Thomas E. äußerte sich zu Mellendorf wie folgt:
„Mellendorf gehörte bis 1932 (1932: preuß. Kreisreform) zum Krs. Sagan und in diesem zum Bez. Priebus (heute Przewoz). Der Kreis Sagan wurde 1932 aufgelöst, der Saganer Westkreis
mit Priebuser Bezirk fiel an den Landkreis Rothenburg/ OL (OL steht für oberlausitz: 1815 fiel der nördliche Teil der bis dahin sächs. Oberlausitz an Preußen!), der Restkreis Sagan bildete mit anderen Gebietsbestandteilen den nunmehrgen Landkreis Sprottau (jedoch mit Sagan als Kreisstadt!).
Mellendorf (früher auch: Möllendorf) gliederte sich in der Tat in Ober- und Unter-.
Ein anderes Möllendorf kann ich nicht nachweisen. Sagan war eines der Mediat- Füstentümer (seit 1742 zu Preußen); “Schlesien” (bis 1742 österr. bzw. habsburgisch) an sich existierte so nicht; erst Preußen unterwarf die einzelenen Herzog- und Fürstentümer einer modernen Landesverwaltung; rechtlich bestanden diese Einzelterr. jedoch bis 1918 weiter.“
c) Verbindung nach Ostpreußen?
Bleibt noch die (für uns entscheidende) Frage einer möglichen Verbindung zu “unseren” ostpreußischen Claers. Natürlich dachte ich beim Vater des 1802 nach Notheirat in Siersleben geborenen Fuhrmanns Christoph Friedrich Claer, dem Feldjäger oder Feldscher Johann Friedrich Claer, sogleich an „unseren“ namensgleichen ostpreußischen Unterförster Johann Friedrich Klaer aus Ludwigswalde, der am 19.2.1797 Vater eines (weiteren) Friedrich Wilhelm Klaer geworden ist (welcher bereits nach wenigen Tagen verstarb). Vermutlich war Johann Friedrich der Bruder meines Ururururgroßvaters Friedrich Wilhelm Clair. Johann Friedrich Klaer hatte wahrscheinlich (wenn es nicht doch sein mutmaßlicher Bruder Friedrich Wilhelm war) am 25.9.1796, also wenige Monate vor der Geburt des jungen Friedrich Wilhelm, die Försterwitwe Susanna Dorothea Kopfhammer geb. Liedmann geheiratet (und möglicherweise erst dadurch die Försterstelle bekommen). Nach 1797 ist Johann Friedrich Klaer in den Ludwigswalder Kirchenbüchern nicht mehr in Erscheinung getreten.
Nun ließe sich spekulieren, ob Johann Friedrich nach einigen Jahren aus irgendwelchen Gründen Ostpreußen verlassen haben könnte. Sein Sohn war 1797 ohnehin kurz nach der Geburt verstorben… Vielleicht ist er mit seiner illegalen Geliebten Sophie Franz „durchgebrannt“, bis er nach langer Flucht dort, wo ihn keiner kannte, schließlich war er ein erfahrener Jäger, eine neue Stellung als Feldjäger fand, woraufhin es 1802 zur Nothochzeit in Siersleben kam. Allerdings hätte sein Herkunftsort Wittiz dann in Ostpreußen gelegen haben müssen, worauf es keine Hinweise gibt.
Der Genealoge Thomas E. beurteilte meine Spekulation über eine bestehende Verbindung zwischen den mitteldeutschen und ostpreußischen Claers allerdings skeptisch:
„Mit einer vermuteten Herkunft der mitteldeutschen Claer/ Clär/ Klär aus Ostpreußen wäre ich vorsichtig. Das ist rel. unwahrscheinlich. Die preuß. Armee rekrutierte ihre Soldaten (die Mannschaften) aus den einzelnen Militärkantonen zugewiesenen Militärkantonen. Die Identifikation der Militärangehörigen mit ihrer Heimatregion war sehr hoch und ein Ostpreuße wäre wohl kaum ins preußische Mansfeld gegangen.“
Gleichwohl brachte ich noch einmal meine Argumente in Stellung:
„Es stimmt natürlich, die große Entfernung ist ein starkes Argument gegen die Annahme einer solchen Verbindung. Aber wir haben auch mehrere (für sich jeweils schwächere) Argumente dafür:
1. den identischen Namen
2. den fast identischen Beruf – Ich habe bisher bei allen meinen Recherchen Jäger/Förster Claer ausschließlich in Ostpreußen, Schlesien (mit Verbindung nach Ostpreußen: die Vorfahren von Andreas Z. sind von Ostpreußen nach Schlesien abgewandert) und nur zweimal in Mitteldeutschland gefunden: nämlich zum einen unseren Feldjäger mit Hochzeit in Siersleben und zum anderen den ominösen “Friedrich Clair, Unterförster zu Krakendorf” im heutigen Landkreis Weimar. Es könnte der Sierslebener Johann Friedrich gewesen sein, der später womöglich nach Krakendorf weitergezogen ist.
3. die Namensgebungen seiner Nachkommen: sein Sohn Christoph Friedrich (im Erfurter Bürgerbuch später eingetragen als Christian Friedrich!, sein Enkel Friedrich Wilhelm – Namen, die auch die ostpreußischen Claers trugen. Aber diese Namen trugen damals überall sehr viele…
4. der Vater Christian Friedrich. Auch unter den ostpreußischen Förstern Claer könnte es noch einen älteren Christian Friedrich gegeben haben. (Unter dem Namen „unseres“ Christian Friedrich steht im Geburtseintrag 1799 das Wort Filius.)“
Also, vielleicht war er’s ja doch…
4. Die Claers in Geierswalde, Döhringen und Saalfeld
Zurück nach Ostpreußen. Einen überraschenden Fund machte ich, als ich auf die Seite des Vereins für Familienforschung in West- und Ostpreußen gelangte. (http://www.vffow-buchverkauf.de/onlinedb/datenbanken.php) Dort befinden sich mehrere Datenbanken, in denen ich auch eine ganze Reihe von Claers fand.
Zunächst wurde ich gleich vierfach fündig hinsichtlich der Claers von der Post:
Ernst Vogelsang Personenkundliche Auszüge ostpreußischer Postpersonalien
Zeile Nr. : 12274
Claer
Postsekretär in Königsberg
40jähr. Dienstjubiläum
Jubiläum
DVZ 27 / 5.7.1930 Originalabschrift anzeigen
Zeile Nr. : 12691
Claer
Postsekretär in Königsberg
gestorben
gestorben
DVZ 5 / 4.2.1933 Originalabschrift anzeigen
Zeile Nr. : 18667
Claer
Postassistent in Neidenburg
gestorben
gestorben
DVZ 24 / 14.6.1930 Originalabschrift anzeigen
Zeile Nr. : 18720
Richard Claer
Postbetriebswart in Neidenburg
ausgezeichnet mit Treuedienst-Ehrenzeichen Gold
ausgezeichnet
DDP 45 / 9.11.1940 Originalabschrift anzeigen
Claer von der Post Nr. 1 und 2 ist also der Postsekretär Claer in Königsberg, der am 12. Juli 1930 sein 40-jähriges Dienstjubiläum beging und am 4.2.1933 verstarb. Er muss der Ehemann der Königsberger Postsekretärswitwe Emma Claer sein, deren Adressbucheintrag aus dem Jahr 1935 (Lutherstraße 4) wir bereits früher im Internet entdeckt hatten. Wir vermuteten in ihm den älteren Bruder meines Urgroßvaters Georg Claer (1877-1930), des Neidenburger Briefträgers und Meldereiters in China beim Boxeraufstand um 1900. Bisher glaubten wir, der Name dieses älteren Bruders sei Franz d.J. gewesen, denn so steht es im Stammbaum, den mein Großvater Gerhard Claer angefertigt hat. Hierzu weiter unten gleich mehr.
Claer von der Post Nr. 3, der Postassistent in Neidenburg, ist zweifellos mein Urgroßvater Georg, der laut Stammbaum am 2.5. 1930 gestorben ist. Die Todesanzeige in den Post-Veröffentlichungen erfolgte dann offenbar etwas zeitversetzt am 14.6.1930.
Claer von der Post Nr. 3 ist mein Neidenburger Urgroßonkel Richard von der Post, ein weiterer Bruder meines Urgroßvaters Georg und der Dritte im Bunde der drei Claer-Brüder, die in Diensten der Post standen. Nun wissen wir immerhin, dass er als Postbetriebswart tätig war und 1940 mit dem Treuedienst-Ehrenzeichen Gold ausgezeichnet wurde.
Noch mehr Volltreffer warteten im Namensindex der Standesamtsregister des Kreises Allenstein.
Bernhard Ostrzinski
und viele fleißige Erfasser Namensindex der Standesamtsregister des Archiv in Allenstein
Abschriften von Geburts-, Sterbe- und Heiratsurkunden
Claer Bruno Saalfeld, Stadt (Zalewie) ∗ 1907 / 24 anzeigen
Claer Emma Hedwig Geierswalde (Gierzwałd) ∗ 1903 / 7 anzeigen
Claer Emma Hedwig Martha Geierswalde (Gierzwałd) † 1903 / 15 anzeigen
Claer Otto Albert Döhringen (Durag) ∞ 1899 / 7 anzeigen
Claer Otto Georg Max Geierswalde (Gierzwałd) † 1903 / 16 anzeigen
Claer Otto Max Richard Geierswalde (Gierzwałd) ∗ 1903 / 6 anzeigen
Clär Erich Otto Georg Geierswalde (Gierzwałd) ∗ 1901 / 3 anzeigen
Clär Margarete Amanda Geierswalde (Gierzwałd) ∗ 1904 / 44
Beginnen wir chronologisch mit dem Heiratseintrag vom 15.6.1899 in Döhringen (Kreis Allenstein):
Döhringen, 15.6.1899: Landbriefträger Otto Albert Claer (geb. 13. November 1872 Usdan, Kreis Neidenburg, wohnhaft in Grieshonen, Kreis Allenstein, Sohn des früheren Schneidermeisters und jetzigen Landbriefträgers Franz Claer und seiner Ehefrau Henriette, geb. Stryjewski, wohnhaft zu Koschlau, Lagerhof, heiratet Emma Sakrzewski, geb. am 29.1.1881 in Groß-Groeben Dorf, ohne Beruf, wohnhaft in Groß-Groeben Dorf, Tochter des Albert August Sakrzewski und dessen Ehefrau Auguste, geb. Rauter, Groß-Groeben Dorf. Trauzeugen: Gastwirt Friedrich Marks, 53, Groß-Groeben Gut, Wirt Samuel Tilinski, 40.
Das Ehepaar ließ sich offenbar später in Geierswalde (Kreis Allenstein) nieder, denn dort wurden vier Geburts- und zwei Todeseinträge seine Kinder betreffend vorgenommen:
– 1901 Geburt Erich Otto Georg Clär (geschrieben mit ä, die eigenhändige Unterschrift des Vaters Otto Albert lautete aber Claer mit ae)
– 1903 Geburt der Zwillinge Emma Hedwig Claer und Otto Max Richard Claer
– 1903 Tod der Emma Hedwig Martha Claer und des Otto Georg Max Claer. Auch wenn die Namen nicht vollständig übereinstimmen, handelt es sich doch offensichtlich um die gerade geborenen Zwillinge, da auf deren Geburtsdatum verwiesen wird.
– 1904: Geburt der Margarete Amanda Clär (wieder mit ä geschrieben, eigenhändige Unterschrift des Vaters Otto Albert wieder Claer mit ae)
Zwar wussten wir bislang noch nichts von einem Otto Albert Claer, doch muss es sich bei ihm um den älteren Bruder meines Urgroßvaters Georg handeln, der im Stammbaum als Franz Claer d.J. bezeichnet ist. Dafür sprechen alle Begleitumstände, insbesondere der Name seiner Frau Emma und die Namen seiner Kinder Erich und Margarete, die auch alle so im Stammbaum auftauchen. (Die als Säuglinge verstorbenen Zwillinge erscheinen dort natürlich nicht.) Hinzu kommt, dass „Moppel Claer“, der Sohn des Erich Claer, des Kaufmanns in Berlin, in seiner Autobiographie häufig seinen Großonkel Max Sakreschewski erwähnte, der ein Bruder seiner Oma Emma gewesen sei. Es passt also alles zusammen. Offensichtlich hat er als Landbriefträger in Döhringen und Geierswalde begonnen und später als Postsekretär in Königsberg Karriere gemacht. Meinem Großvater Gerhard muss demnach, obwohl er den Ruf hatte, immer sehr genau und pingelig zu sein, bei der Abfassung unseres Stammbaums ein Fehler unterlaufen sein. Statt Franz Claer d.J. muss es also dort heißen: Otto Albert Claer.
Außerdem wissen wir jetzt, dass mein Ururgroßvater Franz Claer, der erste Claer von der Post, nicht nur als Postschaffner, sondern auch als Landbriefträger tätig war und ursprünglich gelernter Schneidermeister war, bevor er zur Post wechselte.
Und schließlich gibt es noch den Geburtseintrag aus Saalfeld (Kreis Mohrung), 18.3.1907: Der Schornsteinfegergeselle Otto Franz Claer und seine Frau Marta Claer, geb. Krajewski, wohnhaft Genter Str. 61, bekommen den Sohn Bruno Claer.
Von diesen Claers haben wir auch noch nie etwas gehört. Sicherlich sind auch sie Verwandte, wobei es kurios anmutet, dass der Schornsteinfegergeselle in Saalfeld ebenfalls mit erstem Vornamen Otto heißt, genau wie der vermutlich ähnlich alte junge Landbriefträger in Döhringen und Geierswalde. Sollten ihre Eltern nichts voneinander gewusst haben, als sie ihren Kindern nahezu identische Vornamen gaben, obwohl sie doch eng miteinander verwandt sein mussten? Da es seinerzeit offensichtlich sehr in Mode war, die zweiten und dritten Vornamen der Kinder nach Onkeln und Tanten zu vergeben, dürfte mein Urgroßvater Franz Claer, der Postschaffner, Landbriefträger und frühere Schneidermeister, vermutlich der Onkel des Schornsteinfegergesellen Otto Franz gewesen sein. Daraus ergibt sich, dass Franz Claer (1841-1906) wohl noch mehr Brüder hatte als den uns bislang bekannten älteren Bruder Wilhelm Friedrich (geb. 1824 in Corjeiten), den Jäger, dessen Sohn übrigens Otto Wilhelm hieß, also auch wieder Otto. Wir kommen gleich noch auf ihn zurück.
5. Der Förster von Argenbruch
Jener älteste Sohn meines Urururgroßvaters, des königlich-preußischen Revierförsters (Christian) Friedrich Claer und meiner Urururgroßmutter Justine Knebe, der 1824 in Corjeiten geborene Wilhelm Friedrich Claer, setzte – anders als seine Brüder, insbesondere als mein Ururgroßvater Franz Claer, der sich wie gesagt als erster Claer bei der Post verdingte – die Försterdynastie der Familie in dritter Generation fort. Unserem entfernten Verwandten Andreas Z., der ein direkter Nachkomme des Wilhelm Friedrich ist, gelang es, noch nähere Informationen über dessen Wirken in Argenbruch nahe der Stadt Tilsit beschaffen.
Gemäß der Auskunft von der zuständigen Familienforscherin der Kreisgemeinschaft Niederungen tat Wilhelm Friedrich Claer (1824-1889) seinen Dienst in der Försterei Argenbruch. Argenbruch lag nicht weit von Argenthal und Ackmonienen entfernt. Die folgende Karte aus einem Schulatlas aus der Zeit vor 1938 enthält noch die alten Ortsnamen:
Und weiter berichtet die Familienforscherin:
„Die Försterei Argenbruch gehörte zunächst zum Forstamt Schnecken, seit 1869 zum Forstamt Hohensprindt-Wilhelmsbruch. 1932 kam sie vom Forstamt Wilhelmsbruch wieder zurück zum Forstamt Schnecken. … Die älteste Angabe zur Försterei Argenbruch stammt von 1851, als dort ein Herr FLORIAN Dienst tat. Seit 1857 war der Förster CLAER für die Försterei Argenbruch/Forstamt Schnecken zuständig. 1869 war Förster CLAER immer noch in Argenbruch tätig, jetzt Forstamt Hohensprindt/Wilhelmsbruch. 1871 wurde er vom Förster ROHRMOSER abgelöst. So hat er wohl von 1857 bis 1871 in der Försterei Argenbruch gewirkt.
Leider fand ich nirgends einen Hinweis, ob es in Argenbruch überhaupt ein Forstgebäude gab; vielleicht wohnte er mit seiner Familie im nahegelegenen Argenthal, wenn dort der Sohn (Otto Wilhelm Claer im Jahre 1859; Hinzufügung von mir) geboren wurde. Ich habe auch keinerlei Foto eines Forstgebäudes entdecken können. Bilder des Forstamts Schnecken und des Forstamts Wilhelmsbruch gibt es natürlich. …
Argenthal und Ackmonienen gehörten im Gegensatz zur Försterei Argenbruch zum ev. Kirchspiel Groß Friedrichsdorf.“
Um das Jahr 1890 herum ist dieser Zweig der Claers nach Schlesien abgewandert. Und das sollte nicht die einzige Abwanderung von Claers aus Ostpreußen in jener Zeit gewesen sein.
6. Der rheinische Familienzweig
Zu meiner großen Überraschung erhielt ich vor einigen Monaten Post von einem Manfred Claer aus der Nähe von München. Er entstammt einer seit weit über hundert Jahren im Rheinland, dort insbesondere in Stolberg, ansässigen Familie Claer mit Wurzeln in Ostpreußen. (Ich hatte bisher angenommen, die Stolberger Linie, die mir bei meinen Recherchen im Internet schon häufiger begegnet ist, habe nichts mit den ostpreußischen Claers zu tun. Aber so kann man sich täuschen!)
Konkret lebte der Großvater des Manfred Claer (und seiner fünf Geschwister) namens Arnold Claer von 1900 bis 1956 in Stolberg/Rhld. und war der Sohn des Fuhrmanns und späteren Dienstknechts Franz Richard Claer (geb. 16.3.1872 in Geidlauken, Kreis Labiau), den es Ende des 19. Jh. auf einer seiner dienstlichen Fahrten ins Rheinland verschlug, wo er der Liebe wegen hängenblieb, zum Katholizismus konvertierte und eine Maria Josepha Münstermann (geb. 1877 in Langerwehe/Rhld.) ehelichte. Geidlauken im Kreis Labiau also – das Revier des gerade oben erwähnten Försters Wilhelm Friedrich Claer (1824-1899) in Argenbruch lag etwa 40 km von der Kreisstadt Labiau am Kurischen Haff entfernt.
Darüber hinaus findet sich in der Heiratsurkunde des Fuhrmanns Franz Richard Claer von 1897 noch der Zusatz: „Sohn des Müllers August Hermann Claer und dessen Ehefrau Henrietta Wilhelmina Mettschull, ersterer wohnhaft zu Wehloch, letztere verstorben und zuletzt wohnhaft in Geidlauken.“
Da kein Ort namens Wehloch nachweisbar ist, kann ein Schreibfehler der rheinischen Standesbeamten angenommen werden. Wahrscheinlich ist das ostpreußische Städtchen Wehlau gemeint, das uns ebenfalls gut bekannt ist, da mein Ururgroßvater Franz Claer von der Post 1841 in Eichenberg, Kreis Wehlau, geboren wurde.
Mir kam der Name August Hermann Claer gleich bekannt vor… Im Jahr 2013 (siehe: Ahnenforschung, Teil 5 auf dieser Internetseite) hatte ich geschrieben:
„Ich fand folgenden Eintrag in der „Kleine(n) Jäger/Försterdatei“ von
mitglied.multimania.de/kbbinder/kartei/foerster.xls:
Zufallsfunde von Jägern und Förster vor 1850 Stand Apr. 2013 Erstellt von kbbinder@gmx.de
Name Vorname Status in Quelle Auftreten Verehelicht Bemerkung
Clair Friedrich Jä verml. Metgethen KB Juditten *1833 Knaebe Justine 20.1. Hermann Aug. geb.
Clair Friedrich Jä verml. Metgethen KB Juditten *1834 Pa bei Littmann oo Schwill
Ich würde es so verstehen, dass am 20.1.1833 ein Hermann August Clair als Sohn von Friedrich Clair, Jäger vermutlich in Metgethen, und Justine Knaebe geboren wurde. Außerdem fungierte Friedrich 1834 als Hochzeitspate des Paares Littmann/Schwill.“
Zwar ist die Namensreihenfolge hier andersherum – Hermann Aug. statt August Hermann –, aber ansonsten würde alles passen: Manfreds Ururgroßvater Hermann Aug. / August Hermann könnte demnach ein älterer Bruder meines Ururgroßvaters, des Postschaffners Franz Claer (1841-1906) gewesen sein. Unser – wenn es denn so wäre – gemeinsamer Urururgroßvater Christian Friedrich (genannt: Friedrich) Clair/Claer (geb. 1799 in Ludwigswalde) hatte wohl noch mehrere Kinder, so dass nicht alle Söhne Förster werden konnten… Auch würde es ins Bild passen, dass Manfreds Urgroßvater Franz Richard (der Fuhrmann) den Namen seines mutmaßlichen Onkels Franz (also meines Ururgroßvaters) trug.
Und dann brachte Manfred noch einen Aspekt ins Spiel, den ich inzwischen schon fast abgeschrieben hatte, das angebliche frühere „von“:
„Verblüfft war ich aber über die Aussage, dass es mal ein „von“ in der Familie gegeben haben soll, denn die selbe Aussage gibt es auch in unserer Familie und stammt wohl von Franz Richard Claer an meinen Großvater Arnold, dort ging es wohl um ein Rittergut.“
Und später konkretisierte er die Angabe wie folgt:
„Ja, die “von Claer “-Sache…..so wurde es mir von meinem Vater erzählt, der es wohl von seinem hatte. Ein Rittergut und zwei Söhne und einer ist gegangen. Da ja alle Claer nach meinem Grossvater in Ostpreussen waren, muss es wohl dort gewesen sein.“
Sollte es doch eine Verbindung zum Hauptmann von Gumbinnen, Wilhelm Theodor v. Clair, und dessen Vater, dem Ingenieurkapitän Gottlieb August de/le Clair gegeben haben?! Oder womöglich sogar zu den rheinischen de Claers?!
Noch kurz zur zweiten Angabe der oben angeführten Zufallsfunde: (Christian) Friedrich war Taufpate bei der Hochzeit Littmann/Schwill. Littmann könnte durchaus mit Liedmann identisch sein. Und Liedmann ist der Geburtsname der im 1. Kapitel dieses Textes oft erwähnten Susanna Dorothea, die zunächst mit dem Förster Kopfhammer, nach dessen Tod wahrscheinlich mit Johann Friedrich (wenn nicht doch mit Friedrich Wilhelm) verheiratet war, gemeinsam mit Johann Friedrich einen Sohn hatte (der als Säugling verstarb), aber in der Datenbank doch wieder als Ehefrau des Friedrich Wilhelm erwähnt wurde… Susanna Dorothea dürfte also (Christian) Friedrichs Tante, wenn nicht sogar Stiefmutter gewesen sein. Und womöglich war der heiratende Littmann, für den (Christian) Friedrich als Taufparte mitwirkte, ja ein Bruder oder sonstiger Verwandter der Susanna Dorothea.
Hängen geblieben bin ich aber diesmal bei der Quellenangabe „KB Juditten“. Schon vor vier Jahren hatte ich geschrieben:
„An dieser Stelle ist ergänzend auf die handschriftlichen Aufzeichnungen meines Großvaters Gerhard Claer hinzuweisen, wonach im Kirchenregister der ev. Kirche Judithen bei Neidenburg, Jahrgang 1828, Seite 451 Nr. 61 einige Male Clair mit „ai“ erscheint, nämlich: „Heinrich Clair, Förster; Otto C., Gendarm u.s.w., Franz u.s.w. Postbeamter// Geschwister Amelie (?) geb. Clair“. Er geht offenbar von einer Verwandtschaft aus und wertet die dem Französischen näher stehende Schreibweise als Indiz für die ursprünglich französische Herkunft der Familie.“
Wie ich nun festgestellt habe, gibt es aber gar kein Judithen bei Neidenburg. Es gibt nur ein Juditten mit tt, das ein westlicher Vorort von Königsberg ist. Mein Großvater Gerhard muss also dieses gemeint haben. Und das bedeutet: Sowohl Herrmann August / August Herrmann, der spätere Müller, als auch der Förster Heinrich Clair und der Gendarm Otto Clair sowie ein Postbeamter Franz Clair (Ist das bereits „unser“ Franz, geb. 1844, oder womöglich noch ein namensgebender Onkel?) lebten in oder nahe Juditten, wo (Christian) Friedrich Förster war, bevor er 1844 kurz vor der Geburt meines Ururgroßvaters Franz die Försterstelle in Eichenberg, Kreis Wehlau antrat. Entweder sind alle Genannten Söhne von (Christian) Friedrich (dann hätte er fünf Söhne gehabt: den Förster Wilhelm Friedrich, den Förster Heinrich, den Gendarm Otto, den Müller Herrmann August / August Herrmann und den Postangestellten Franz) oder es gab noch andere Claers in Juditten, die (Christian) Friedrich vielleicht die Försterstelle in Methgeten bei Juditten verschafft haben. In jedem Falle sollte es sich lohnen, einen Blick in die Kirchenbücher von Juditten zu werfen. Sie liegen im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg und reichen bei den Taufen bis 1681 zurück. Ich werde das bald in Angriff nehmen.
7. Die Forschungen des Manfred Claer
Auch unser mutmaßlicher entfernter Verwandter Manfred Claer hat in den vergangenen Jahren umfangreiche Forschungen unternommen, die er mir dankenswerter Weise in vollem Umfang zur Verfügung gestellt hat. Im Folgenden werde ich hauptsächlich jene Erkenntnisse anführen, die über unsere bisherigen hinausgehen:
a) Das sagen die Genealogen
Die Genealogin Marianne S. schrieb an Manfred u.a.:
„Der Name Claer wird auch Clair geschrieben, manchmal auch Klär oder Klaer. Claers sind französische Schweizer, die als Siedler nach Ostpreußen (Litauen) nach 1710 eingewandert sind. Der Name Mettschul (so hieß die Ehefrau des Müllers Aug. Herrmann; Hinzufügung von mir) – litauischer Name, auch Mettschulat oder Mettschuleit genannt.“
Und weiter zitiert sie aus Kenkel – „Französische Schweizer und Refugies als Siedler im nördlichen Ostpreußen (Litauen) 1710-1750“:
“Clero – Clair(d), Clerde, Clari – aus St. Imier Distr. De Courtelary, Schweiz
1. David * 1712, 1. oo Judt. 26.6.1718 Barbe Morel(l), Witwe des Jonas Munier aus Candre (Kanton Basel), 2. Oo Judt. 24.2.1724 Marguerite Guiot(l), Witwe des Joseph Vaucher. 1713 in Stehlkehmen 1 Hufe, 1724 Matzutkehmen, Losgänger
2. Jacob, oo Anna Marie Huguenin. Losgänger in Matzutkehmen, tot 1730. Tochter: Elisabeth, oo in Gumbinnen 11.11.1734 Jean(l) Hugault, Vater in Gumbinnen, er manufacturier in Gumbinnen
3. Abraham, nur bekannt durch Unterschrift 1729 Pieragienen?
4. Christian, 30.8.1719 in Stolp auf dem Weg nach Preußen
Clerc – (Clair) Magdaleine, oo Jean Ganguin, 1742 Tod, im Jahr 1728: Kinder: Abraham 4 J, Jacob 5 J, Jean * 29.11.1722 (6 J), David 7 J.
Ferner zitiert die Genealogin aus dem Amts-Blatt der Kgl. Preuß. Regierung (1811-1870) von Moeller (Hamburg 1992):
Claer, Wilhelm, Kriegsreserve-Corpsjäger, als Forstschutzgehilfe in der Oberförsterei Dingken angenommen (1847)
Clär, Förster in Argenbruch, Forstrevier Schecken, Försterstelle Rahnkalwen, Forstrevier Astrawischken, verliehen (1869)
Außerdem zitiert sie aus den Aufzeichnungen von Walter Grunert:
Claire, Marie Magdalene, verstorben vor 1736, oo Jean Ganguin, der 1714 nach Matzutkehmen kam auf eigene und ½ Hufe noch 1729 besaß.
Clair – 1713 in Stehlischken
Und schließlich führt sie aus zum Namen Metschulat:
1. Im Kreis Wehlau kommen Metschuleit i. Akt. D. Dom.-A Taplacken v. 1714 schon als Schatull- od. Freibauern vor.
2. Metschulat August, verstorben Insterburg 13.6.1941 (77 J) Müllermeister, Kinder: August und Hans, Gustel, oo Hans Schuman, Gustav, Hermann, Ernst
(Quelle: Die Kartei Quassowski, Buchstabe M von Zipplies
Aus diesen Angaben ergibt sich, dass auch David Clercs Ehefrau Barbe Morel (ebenso wie Davids andere Ehefrau Marguerite Guiot) bereits vor ihrer Ehe mit David verwitwet war. (Die allgemeine Sterblichkeit in den Jahren nach der großen Pest wird groß gewesen sein…) Auch wissen wir jetzt die genauen Zeitpunkte von Davids Eheschließungen. Allerdings war David nach den Datenbankeinträgen aus dem Internet zuerst mit Maguerite Guiot und anschließend mit Barbe Morel verheiratet. Laut der von Manfred beauftragten Genealogin war es genau umgekehrt. Noch wieder anders klingt es bei Dierk Loyal: (David Clerc) „heiratet in Judtschen 1718. Bereits 1724 heiratet die Witwe erneut.“ Richtig hätte es wohl heißen müssen: Bereits 1724 heiratete David Clerc erneut eine Witwe. Festzuhalten ist demnach, dass David wohl zweimal in Judtschen heiratete, 1718 und 1724, und zwar die Witwen Barbe Morel und Marguerite Guiot (die Reihenfolge ist unklar). Das heißt aber entgegen unserer bisherigen Annahme auch: David Clerc war nach 1724 noch am Leben.
Von Jacob Clercs Ehe mit Anna Marie Huguenin und ihrer Tochter Elisabeth wussten wir bislang ebenfalls nichts. Die Familie Huguenin stammte nach Fritz Schütz aus Le Locle, Neuchatel und aus Renan, Distr. De Cortelary, Schweiz. Es war wohl eine besondere Familie. Bei Fritz Schütz heißt es: „Neuenburger Familie. Seit dem 14. Jh. in Le Locle bekannt. Wappen der Huguenin von Le Locle: in Blau eine goldene Lilie, überhöht von einer silbernen Taube und umgeben von zwei goldenen Lorbeerzweigen.“
Auch den nur durch Unterschrift in Pieragienen bekannte Abraham Clerc/Clair kannten wir bisher nicht. Aber – siehe oben im 2. Kapitel – die vier Kinder von Magdaleine Ganguin, geb. Clerc/Clair heißen Abraham, Jacob, Jean und David. Es liegt also nahe, dass David Clerc, Jacob Clerc, Abraham Clerc und (Marie) Magdaleine Clerc alle Geschwister waren und wohl gemeinsam aus St. Imier in die Schweizerkolonie eingewandert sind.
Interessant sind weiterhin die Informationen, dass David Clerc 1713 in Stehlkehmen 1 Hufe Land besaß, 1724 in Matzutkehmen aber nichts mehr, und dass es den Namen Clair 1713 auch in Stehlischken gab. Dieser Ort (der heutige Name ist Sadowskoje) liegt etwas nordöstlich von Matzutkehmen und war später eine Station auf der Eisenbahnstrecke Tilsit- Stallupönen.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Tilsit%E2%80%93Stallup%C3%B6nen) Stehlischken gehörte zum Kirchspiel Kattenau, Kreis Stallupönen. Allerdings sollen durch ein Feuer in der Kirche von Kattenau im Jahre 1805 alle Kirchenbrücher der noch früheren Jahre vernichtet worden sein, so dass man hier wohl keine weiteren Funde mehr erwarten kann.
Gleichfalls von Interesse ist für uns der Umstand, dass der Kriegsreserve-Corpsjäger Wilhelm Claer 1847 als Forstschutzgehilfe in der Oberförsterei Dingken angenommen wurde. Vermutlich war es der 1824 in Corjeiten geborene spätere Jäger Wilhelm Friedrich Claer, der seine ersten beruflichen Schritte beim Militär unternahm. (So wie es ja auch sein Onkel, der Oberjäger Johann Wilhelm Claer getan hatte, der 1838 mit einem Forstversorgungsschein versehen auf der Försterstelle zu Klein-Fließ, Oberförsterei Leipen, definitiv bestätigt wurde; siehe meine Aufzeichnungen von 2012). Der Forstschutzgehilfe Wilhelm (Friedrich) Claer dürfte identisch sein mit dem Förster Clär in Argenbruch, der 1869 auf die Försterstelle Rahnkalwen, Forstrevier Astrawischken, verliehen wurde. Das wird aber nur vorübergehend gewesen sein, denn – siehe oben – er war in Argenbruch noch bis 1871 im Amte.
Zuerst dachte ich, dass auch der „ehem. Unteroffizier Wilhelm Klair“ vom ehemaligen 3ten kurmärkischen Landwehr Kavallerie-Regiment, den ich im Amtsblatt der Regierung in Potsdam 1838 gefunden habe, mit dem Förster von Argenbruch identisch sein könnte, was jedoch aufgrund dessen Geburtsdatums 1824 ausscheidet. Mit 14 Jahren kann man noch kein ehemaliger Unteroffizier sein, es muss sich also um einen anderen Klair vom Militär gehandelt haben…
Die Informationen über die Familie Metschul lassen es schließlich denkbar erscheinen, dass der Müller Herrmann August / August Herrmann Claer (vermutlich geb. 1833) seine Mühle über die Schwiegereltern bekommen hat, denn ein Metschulat war Müller (allerdings fast hundert Jahre später).
b) Die „von“-Frage
Ein besonderer Höhepunkt in Manfred Claers Forschungen sind schließlich noch zwei persönliche Briefe an ihn vom 26. und 31. Juli 2001 des Bundesbankdirektors a. D. Wichard v. Claer, der aus jener rheinischen Adelsfamilie stammt, von der in meinen früheren Texten bereits ausführlich die Rede war. Manfred hatte sich originellerweise in der v. Claer-Kirche in Königswinter, welche der Adelsfamilie gehört, mit seiner Frau trauen lassen. Der irritierte Bankdirektor forderte ihn höflich, aber bestimmt dazu auf, seine etwaige Verwandtschaft mit den v. Claers offenzulegen. Im zweiten Brief an Manfred legte er seine Auffassung dar, wonach in der Ahnentafel des Bartholomäus (II) de Claer sämtliche Nachkommen der Königswinterer Claers aufgeführt seien. Alle lebenden Claers aus ihrer Familie stammten demnach von Franz Bernhard (I) – 1785-1853 – ab. Aus den vorangegangenen vier Generationen gebe es keine anderen Namensträger mit männlichen Nachkommen. Eine Verwandtschaft mit anderen Familien zufällig gleichen Namens scheide damit aus. Wenn Manfreds Großvater „aus Ostpreußen vom Lande“ stamme, so müsse es sich um eine andere Familie Claer handeln, denn seine Familie habe nie Grundbesitz in Ostpreußen gehabt. Auch die frühere andere Schreibweise des Names der ostpreußischen Claers spreche gegen eine Verwandtschaft, denn die Schreibweise des Namens sei in seiner Familie schon seit dem 18. Jahrhundert unverändert. Vorher sei sie, wie damals üblich, variabel gewesen. Im übrigen gebe es in Deutschland etwa 20 nicht zu seiner Familie zählende Träger des Namens Claer, die ein Telefon besitzen. Das habe sein Schwiegersohn kürzlich im Internet festgestellt, denn er, Wichard v. Claer, besitze keinen Computer.
Somit können wir uns noch einmal der „von“-Frage zuwenden: Während es in Manfreds Familie, die auf den Müller Herrmann August / August Herrmann Claer zurückgeht, eine offenbar sehr konkrete Überlieferung gibt, steht in unserer Familie dahinter jedenfalls ein dickes Fragezeichen (siehe meine früheren Aufzeichnungen). Dennoch ist es natürlich nicht auszuschließen, dass doch etwas dran sein könnte…
Wir haben ja inzwischen schon recht konkrete Informationen über die v. Claers und v. Clairs in Ostpreußen: Aus der rheinischen Adelsfamilie war erst ab Mitte des 19. Jh. ein Offizier dort ansässig. Hinzu kommt noch die Aussage des Bundesbankdirektors Wichard v. Claer in seinem Schreiben, dass seine Familie keinen Grundbesitz in Ostpreußen hatte. Das passt jedenfalls nicht mit dem Gut und den zwei Söhnen und dem Erbe zusammen. Also die rheinische Adelsfamilie ist raus, denke ich.
Dann gab es aber noch den Hauptmann von Gumbinnen, Wilhelm Theodor v. Clair (1767-1831) und seine Eltern, den Ingenieurkapitän Gottlieb August v. Clair / de Clair / le Clair /v. le Clair (1731-1779) und Anna Rosine v. Dobrokowska. Wilhelm Theodor hat um 1800 in Gumbinnen gelebt. Wir wissen aber bisher nicht, ob er oder sein Vater auch schon früher in Ostpreußen gelebt haben. Soweit ich sehe, hieß der Ingenieurkapitän aber ursprünglich le Clair und wurde erst später von Friedrich dem Großen geadelt (wohl für seine Verdienste bei der Urbarmachung von Ländereien im Osten und die Übersetzung eines Buches über die Kriegskunst Ludwigs XIV. aus dem Französischen). Das heißt, dass diese v. Clairs wohl eher nicht von den Schweizer Clairs in Ostpreußen abstammen, sondern von den hugenottischen Le Clairs / Le Clercs, die es z.B. in Berlin gab.
Unsere Vorfahren konnten wir bisher bis zum Unterförster Friedrich Wilhelm Clair in Ludwigswalde (1770-1815) zurückverfolgen. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder stammen unsere Vorfahren von den Schweizer Einwanderern ab (David Clerc/Clair u.s.w. aus St. Imier 1712 ff.) und die Verbindung zu den v. Clairs ist nur eine Legende. So etwas kann bei den langen Zeiträumen schnell entstehen. Jemand sagt, es könnte vielleicht so gewesen sein und der nächste sagt schon, es war so… Die räumliche Nähe zur fast gleichnamigen Adelsfamilie könnte dazu eingeladen haben, solche Legende entstehen zu lassen. Oder es ist wirklich etwas dran: Dann wäre vielleicht unser Unterförster Friedrich Wilhelm (1770-1815) ein rebellischer Sohn vom Ingenieurkapitän Gottlieb August (1731-1779) gewesen, der sich mit der Familie überworfen und das Gut verlassen hat. Und Wilhelm Theodor (1767-1831) war sein älterer Bruder, der das Erbe angetreten hat. Vielleicht war Friedrich Wilhelm ja auch ein illegitimer Sohn mit einer Hausangestellten o.ä.
Das Problem ist allerdings, dass es in Ludwigswalde neben unserem Friedrich Wilhelm auch noch den Unterförster Johann Friedrich Clair gab. Dann hätten gleich zwei Brüder das Gut verlassen haben müssen… Wobei man jetzt natürlich wieder über eine dramatische Flucht des Johann Friedrich nach Siersleben spekulieren könnte (siehe oben)… Doch es gab ja, wie wir gefunden haben, in Ludwigswalde in früheren Jahren noch weitere Clairs / Klairs, wenn auch nicht viele. Der älteste (wenn auch fragliche) Eintrag eines Clairs in Ludwigswalde ist Hanß Claire 1715. Das ist kurz nach der Einwanderung der Schweizer 1712. Also alles in allem halte ich derzeit noch die Abstammung von den Schweizern für wahrscheinlicher, aber eine Abstammung von den v. Clairs ist durchaus noch im Rennen. Ich werde weiter intensiv auch nach Infos über den Ingenieurkapitän und den Hauptmann von Gumbinnen suchen. Dann wissen wir vielleicht irgendwann mehr.
8. Weitere de Claires/ Clairs und Klärs in Berlin und Brandenburg
Nicht unterschätzen darf man, wie viele Claers es noch in unterschiedlichen Schreibweisen gibt. Vor einigen Monaten wurde ich erstmals von Klaers mit K kontaktiert, konkret von einer Frau Monika Klaer aus Teltow bei Berlin. Ihr Mann ist gemäß der mündlichen Überlieferung in seiner Familie von hugenottischer Abstammung. Sein ältester bekannter namenstragender Ahne ist ein Johann Klär, geboren 1770, verstorben in Klein Rodensleben, geheiratet hat er seine Frau Dorothee Koch 1796 in Stemmern (südlich von Magdeburg).
Ich schrieb in meinen früheren Aufzeichnungen:
„Doch gab es eine Reihe von Clairs in Magdeburg, wo es sich um Nachkommen des Blaise Clair, ursprünglich Sergeant bei den alliierten Truppen in Piemont (Italien), handelte. Alle seine Kinder hießen dann Le Clair.“
Möglicherweise gibt es hier eine Verbindung…
Die Schreibweise der besagten hugenottischen Familie soll abwechselnd Klaer oder Klär gewesen sein. Seit dem 19. Jahrhundert haben Teile der Familie zeitweise oder dauerhaft in Berlin gelebt. Es gibt ein Ahnenhaus der Familie in Zehlendorf, gebaut von Fritz Klaer 1910. Dieser war ein Cousin des Großvaters von Monika Klaers Ehemann und ein sehr bekannter Kunsttischler, der u.a. im Königlichen Schloss zu Berlin tätig war, das ja nun wieder aufgebaut wird. Um 1920 haben die Brüder Karl, Ernst und Max Klaer mit ihren Familien in Berlin gelebt. Häufig ausgeübte Berufe unter den Vorfahren von Monika Klaers Mann in der Namenslinie waren Cantor und Lehrer, jedoch gab es keine Förster. Eine Verbindung dieser preußischen Klaers zu unserer Familie erscheint eher unwahrscheinlich, aber wir werden es im Auge behalten…
Und schließlich bin ich noch auf eine weitere preußische hugenottische Familie de Claire / Claire / Clair / Klair / Klaer / Klär gestoßen, aus sicherer Quelle, die ich aber nicht nennen darf, da die Nachkommen Wert auf Diskretion legen. Zur Zeit des Großen Kurfürsten von Brandenburg, des Gründers von Preußen 1699, wanderte eine Familie de Claire nach Brandenburg ein. Erster vollständig namentlich bekannter Namensträger ist ein René de Claire, geboren 1680 in Brandenburg, gestorben dort 1739. Mit seiner Frau Marie-Jeanne Remis war sein erster Sohn Ernest de Claire, Lieutenant des Königs von Preußen, geb. 1712 in Brandenburg, gestorben dort 1789. Dessen Frau war eine Louise Collel (1713-1772). Deren zweiter gemeinsamer Sohn war ein Friedrich-Wilhelm Claire, Handelskaufmann, geboren 1739 in Brandenburg, gestorben 1810 in Küstrin, verheiratet mit einer Sophie Perchaise (1748-1820).
Hier sind gleich zwei Aspekte interessant. Zum einen ist von einer Generation auf die nächste das „de“ im Namen verlorengegangen. Könnte dies etwas damit zu tun haben, dass Friedrich-Wilhelm „nur“ der zweitälteste Sohn war? Zum anderen stellt sich die Frage nach einer Verbindung zu den v. Clairs in Berlin im 19. Jahrhundert, siehe oben. Vor allem sei hier an den Ingenieur-Capitain Friedrich Wilhelm von Le Clair erinnert, der am 19.11.1776 in Potsdam ein Schreiben Friedrich des Großen erhalten hat (siehe meine früheren Aufzeichnungen). Könnten der Handelskaufmann Friedrich-Wilhelm Claire (immerhin der Sohn eines Lieutenants des Preußischen Königs namens Ernest de Claire) sowie der Ingenieur-Capitain Friedrich Wilhelm von Le Clair, dem der König einen Brief schreibt, miteinander identisch sein? Die Entfernung zwischen Brandenburg und Potsdam sollte überbrückbar gewesen sein…
Friedrich-Wilhelm Claire und Sophie Perchaise hatten als zweiten Sohn einen Johann-Ernest Clair, wiederum Handelskaufmann, geboren 1776 in Küstrin, gestorben 1840 in Fürstenberg. Verheiratet war dieser mit einer Antoinette Katharina Liasere (1779-1852).
Küstrin in der Neumark (bei deren Urbarmachung im übrigen der Ingenieur-Capitän Gottlieb August le Clair eine wichtige Rolle spielte, siehe meine früheren Aufzeichnungen) liegt geographisch immerhin nicht ganz so weit von Ostpreußen entfernt wie Berlin. Und rein theoretisch könnte natürlich unser Ludwigswalder Unterförster Friedrich Wilhelm Clair (1770-1815) ein älterer Bruder des Küstriner Johann-Ernest Clair gewesen sein (der ja ausdrücklich als zweiter Sohn des Friedrich-Wilhelm Claire bezeichnet wird), zumal der älteste Sohn damals oft den Vornamen des Vaters erhielt. Und womöglich lag ja in Küstrin das besagte Rittergut, von dem sich „unser“ Friedrich Wilhelm nach einem Streit mit seinem Vater in Richtung Ostpreußen aus dem Staub gemacht haben könnte… Doch das bleibt vorläufig noch wilde Spekulation, es fehlen dafür einfach die Anhaltspunkte.
Johann-Ernest Clair und seine Frau Antoinette Katharina Liasere hatten als dritten Sohn einen Friedrich Josef Klair, Botschaftssekretär, geboren 1809 in Fürstenberg, gestorben 1867 in Berlin. Verheiratet war dieser mit einer Agathe Marie Adolfin (1816-1871). Deren gemeinsamer dritter Sohn war ein Ernst Friedrich Karl Klaer, Fuhrunternehmer, geboren 1841 in Fürstenberg, gestorben 1900 in Berlin. (Übrigens wurde dieser zehn Jahre nach Manfred Claers Ururgroßvater, dem Fuhrunternehmer August Hermann /Herrmann August Claer geboren, der vermutlich 1831 zur Welt kam…) Die Ehefrau des Ernst Friedrich Karl Klaer war eine Marie Agnes Pauline Damm (1854-1892). Deren zweiter gemeinsamer Sohn war ein Karl Friedrich Klär, Kaufmann, geboren 1876 in Berlin, gestorben 1939 in Berlin. Dessen Ehefrau hieß Emma Martha Ramin (1878-1949). Der erste gemeinsame Sohn der beiden war schließlich ein Ernst Karl Alexander Klaer, Beamter des Reiches, geboren 1902 in Berlin, gestorben 1950 (Todeserklärung in der Sowjetunion). Dessen Frau war eine Luise Ogossell, geb. 1906. Hier brechen wir aus Diskretionsgründen ab.
Auffällig an dieser fürwahr beeindruckenden adelig-großbürgerlichen Familiengeschichte ist insbesondere, dass die genannten Ehefrauen fast ausschließlich französisch klingende Geburtsnamenamen trugen, d.h. über Generationen haben die preußischen Hugenotten nur „unter sich“ geheiratet. Für die Schweizerkolonie in Ostpreußen galt das offenbar nur in den Anfangsgenerationen. Schon die Ludwigswalder Förster, woher sie auch immer stammen mochten, hatten Ehefrauen mit überwiegend deutschen Geburtsnamen, später auch mit polnischen Geburtsnamen.
9. Sonstiges und Ausblick
Hier endet nun unser diesjähriger Abriss zur Namensgeschichte. Der primäre Ansatz unserer weiteren Forschungen werden die Kirchenbücher von Juditten im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg sein. Ich habe mir bereits einen Termin zur dortigen Recherche besorgt. Abschließend noch ein Hinweis zum dort von meinem Großvater Gerhard ausgemachten Gendarmen Otto Clair. Bei Wikipedia heißt es: „Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im Polizeidienst fast ausnahmslos ehemalige Soldaten beschäftigt. Die Berliner Schutzmannschaft akzeptierte seit 1852 nur solche Bewerber, die freiwillig neun Jahre (statt der üblichen zwei bis drei Jahre Aktivdienst im Rahmen der Wehrpflicht) gedient hatten, davon mindestens fünf Jahre als Unteroffizier. Ähnliches galt in den meisten deutschen Ländern.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Sergeant) Also nicht nur die Jäger, sondern auch die Gendarmen hatten regelmäßig eine berufliche Vergangenheit beim Militär, wo ja viele Hugenotten bzw. ganz allgemein Französisischstämmige beschäftigt waren. Wir werden hierauf unser besonderes Augenmerk richten.
August 2012: Ahnenforschung, Teil 3
Ahnenforschung über die Familie Claer, Zwischenstand Sommer 2012
Hier ein aktuelles „Update“, das auf einigen neuen Fundstellen aus dem Internet, einer Anfrage bei der Deutschen Hugenottengesellschaft sowie Informationen des Internetnutzers „Spooky“ alias Andreas Z. (wohnhaft in Moritzburg bei Dresden) beruht, den ich kontaktiert habe und der sich wie erwartet als ein entfernter Verwandter erwiesen hat. Er sammelte diese seine Informationen in den letzten drei Jahren und fasste sie anlässlich des 90. Geburtstags seiner Oma in einem Text zusammen, den er mir dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hat und aus dem ich im Folgenden zitieren werde.
1. Die Linie Claer / Clär / Clair in Ostpreußen, soweit sie sich zurückverfolgen lässt
Es gibt weitere Hinweise, die unsere Annahme unterstützen, dass der Jäger Friedrich Claer der Vater meines Ururgroßvaters Franz Claer (des Postschaffners) ist. Inzwischen ist nämlich das „Amtsblatt der preußischen Regierung zu Königsberg“ weitgehend digitalisiert und online verfügbar. Da heißt es u.a.:
„Dem invaliden Jäger Friedrich Claer ist die einstweilige Verwaltung der Försterstelle zu Eichenberg, Oberförsterei Drusksen, vom 1sten Oktober d. J. an übertragen.“ (1839) http://books.google.de/books?id=eg5PAAAAcAAJ&pg=PA304-IA6&lpg=PA304-IA6&dq=J%C3%A4ger+Friedrich+Claer+.&source=bl&ots=lZ5SQCyZHN&sig=LaY761NqZz3HrOcmMe_rqFRXpRE&hl=de&sa=X&ei=Kqz5T_urKIbYtAaW8dzpBQ&ved=0CE0Q6AEwAw#v=onepage&q=J%C3%A4ger%20Friedrich%20Claer%20.&f=false)
Später heißt es:
„Der invalide Jäger Friedrich Clär ist auf der Försterstelle zu Eichenberg I., Oberförsterei Drusken, definitiv als Förster bestätigt worden.“ (1840) (http://books.google.de/books?id=sg5PAAAAcAAJ&pg=PA146-IA3&lpg=PA146-IA3&dq=J%C3%A4ger+Friedrich+Cl%C3%A4r+definitiv.&source=bl&ots=ggTv_yj0pd&sig=zMUyhXuMVEoZYqnGPMIaNZrVkPA&hl=de&sa=X&ei=waz5T4GTGM_Isgbu5ImHBQ&ved=0CE0Q6AEwAA#v=onepage&q=J%C3%A4ger%20Friedrich%20Cl%C3%A4r%20definitiv.&f=false)
Zur Erinnerung: Mein Ururgroßvater Franz Claer wurde geboren am 27.9.1841 in Eichenberg/Wehlau (gest. am 16.10.1906 in Neidenburg). Folglich sollte nun kein Zweifel mehr bestehen, dass es sich beim Jäger Friedrich Claer um dessen Vater, also um meinen Urururgroßvater handelt. Dass aber selbst im Amtsblatt der preußischen Regierung ein und dieselbe Person unterschiedlich geschrieben wird, nämlich einmal „Claer“ und einmal „Clär“, zeigt, wie wenig Genauigkeit es bis weit ins 19. Jahrhundert hinein in der Namens-Schreibweise gab. Man sollte die Untersuchungen also immer auch auf ähnliche abweichende Schreibweisen der Namen ausdehnen.
Ein weiterer Jäger, sogar Oberjäger!, des Namens Claer / Clär wird im „Amtsblatt der preußischen Regierung zu Königsberg“ bereits einige Jahre zuvor erwähnt:
„Die Försterstelle zu Klein-Fließ, Oberförsterei Leipen, ist dem mit einem Forstversorgungs-Schein versehenen invaliden Oberjäger Johann Wilhelm Clär vom 1. November d.J. an interimistisch übertragen worden.“ (1837)
Und ein Jahr später heißt es dann:
„Der mit einem Forstversorgungs-Schein versehene invalide Oberjäger Johann Wilhelm Claer ist auf der Försterstelle zu Klein-Fließ, Oberförsterei Leipen, definitiv als Förster bestätigt worden.“ (1838) http://books.google.de/books?id=UA5PAAAAcAAJ&pg=PA186-IA5&lpg=PA186-IA5&dq=invaliden+Oberj%C3%A4ger+Johann+Wilhelm+Claer&source=bl&ots=VS11jW-Xgt&sig=1GzUBSAKtVlZlqHacAnAxmgNAfU&hl=de&sa=X&ei=yK35T6CnI47tsgak1L3cBQ&ved=0CD4Q6AEwAA#v=onepage&q=invaliden%20Oberj%C3%A4ger%20Johann%20Wilhelm%20Claer&f=false)
Der Forstversorgungs-Schein wurde z.B. Jägern ausgestellt, die im preußischen Garde-Jäger-Bataillon gedient hatten. Wikipedia weiß hierzu: „Seit Mitte des 19. Jahrhunderts rekrutierte sich das Bataillon überwiegend aus dem Bürgertum sowie Angehörigen der Forstwirtschaft. Seit 1871 wurde ihm die gleiche Zahl gelernter Jäger wie dem Garde-Jäger-Bataillon zugewiesen. Diese konnten nach zwölfjähriger (Unteroffiziere nach neunjähriger) Dienstzeit den „Forstversorgungsschein“ erwerben.“ (Er sicherte den betreffenden Personen offenbar den Anspruch auf eine öffentlich besoldete Försterstelle.) „Das preußische Garde-Jäger-Bataillon war 1814 errichtet worden. … Die Umgangs- und Kommandosprache war zunächst Französisch, erst ab 1816 durften mündliche und schriftliche Befehle nur noch auf Deutsch erteilt werden.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Garde-Sch%C3%BCtzen-Bataillon)
Es könnte sich beim Oberjäger Johann Wilhelm Claer folglich um einen Verwandten des Friedrich Claer, womöglich um seinen Bruder gehandelt haben. Dass Friedrich Claer zwei Jahre später als Johann Wilhelm ebenfalls eine (weitere neue?) Försterstelle erhielt, könnte er eventuell dessen Einfluss zu verdanken gehabt haben.
Darüber hinaus hat unser besagter Verwandter Andreas Z. im Rahmen seiner Recherchen Informationen aus dem Evangelischen Zentralarchiv (EZA) in Berlin-Kreuzberg und aus dem Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem angefordert und ausgewertet:
Im EZA fand sich die Trauungsurkunde von Friedrich Clair (geschrieben mit „“ai“; im Kirchenbuch stand er noch mit „ae“; im Amtsblatt später einmal mit „ä“) und Justina Knaebe (im Kirchenbuch stand sie als Justine mit „-e“; in unserem Fragebogen für die Reichsstelle für Sippenforschung stand sie als „Justine Knebel“) am 19.11.1824 in Germau (KB 364, S. 2, Nr. 14). Die Urkunde enthält ferner die Angaben über Friedrich Clair, dass er zur Zeit der Trauung 25 Jahre alt war und sein Geburtsort Ludwigswalde (Ostpreußen) ist. Folglich muss das Geburtsjahr von Friedrich Clair Ende 1798 oder 1799 gewesen sein. Sein Geburtsort Ludwigswalde ist ein kleiner Ort ca. acht Kilometer südlich von Königsberg (Germau und Corjeiten/Fischhausen liegen hingegen 25 bis 30 km westlich von Königsberg). Die Trauung erfolgte etwa vier Wochen nach der (formal unehelichen) Geburt von Friedrich Wilhelm Claer (geb. 23.10.1824 in Corjeiten), dem älteren Bruder unseres Vorfahren Franz Claer.
Im Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem fand sich zudem die Geburtsurkunde des bereits erwähnten Johan (hier mit einem „n“ geschrieben) Wilhelm Claer, geb. 10.6.1803, getauft am 15.6.1803. Als Vater ist angegeben: Unterförster Friedrich Wilhelm Claer; Mutter ist Susanna Claer, geborene Hoemke.
Auch Andreas Z. ist der Ansicht, dass es sich bei Johan Wilhelm Claer um einen Bruder unseres Vorfahren Friedrich Claer handeln könnte. Dafür gibt es aber noch keinen Beleg. Sollte unsere Vermutung zutreffen, wäre der Unterförster Friedrich Wilhelm Claer d. Ä. (nicht zu verwechseln mit Friedrich Wilhelm Claer d. J., dem ältesten Sohn des Friedrich Claer), der wahrscheinlich zwischen 1750 und 1780 geboren wurde, auch der Vater von Friedrich Claer und somit unser ältester bekannter direkter Vorfahre.
Bezüglich der Förstertradition der Familie ist noch daran zu erinnern, dass sich bei meiner Recherche im Verzeichnis der Forstbediensteten in Ostpreußen für die Jahre 1662-1743 des Obersts a.D. Georg v. Winterfeldt aus Potsdam in der Zeitschrift „Archiv für Sippenforschung“ (1936-1941) keinerlei Funde für „Claer/ Clair/ Clare“ ergaben. Die Förstertradition hätte demnach also maximal noch eine Generation hinter Friedrich Wilhelm Claer d.Ä. zurückgereicht.
Nach Einschätzung von Andreas Z. könnte eine genauere Recherche in beiden genannten Archiven möglicherweise noch weitere Funde bringen, jedoch hat er von dort auch die Auskunft bekommen, dass Kirchenbücher von vor 1800 dort nicht verfügbar seien. Es sei fraglich, ob sie überhaupt noch existieren.
Weiterhin machte ich noch einen überraschenden Fund im Internet bezüglich unseres Vorfahren, des Jägers Friedrich Claer (geb. 1898/99). Im „Großherzoglich-Sachsen-Weimar-Eisenachischem Hof- und Staatshandbuch auf das Jahr 1819“ (inzwischen digitalisiert aus der Bayrischen Staatsbibliothek) erscheint:
– Friedrich Clair, Unterförster zu Krakendorf (http://books.google.de/books?id=B4MAAAAAcAAJ&pg=PA54&lpg=PA54&dq=Friedrich+Clair,+Unterf%C3%B6rster+zu+Krakendorf&source=bl&ots=C5KjJNrVvE&sig=FbhJfzYqceG_Z9WqeHMstzNu_Uc&hl=de&sa=X&ei=WP4bUP-JKs3htQaQ44BQ&ved=0CCgQ6AEwAA#v=onepage&q=Friedrich%20Clair%2C%20Unterf%C3%B6rster%20zu%20Krakendorf&f=false)
Krakendorf ist heute ein Ortsteil der Stadt Blankenhain im Landkreis Weimarer Land, Thüringen. Offenbar hatte der junge Friedrich Clair (im Alter von ca. 20 Jahren) eine Anstellung als Unterförster in Sachsen-Weimar (heute Thüringen). Bereits fünf Jahre später (1824) war er aber wieder in seiner ostpreußischen Heimat, nämlich in Corjeiten, und hat dort eine Familie gegründet.
Ferner ist zu erwähnen, dass sich im Adressbuch von Erfurt (etwa 25 km entfernt vom besagten Krakendorf) aus dem Jahr 1882 der Eintrag findet:
– Claer Dorothea Margarethe geb. Fischer, Wittwe, Weißfrauengasse 1
– Rosine geb. Mohnhaupt, Wwe., Schmidtstädterstraße 50
– Christine geb. Scherlitz, verw. Oekonom, Fleischgasse 9 (http://forum.ahnenforschung.net/showthread.php?t=42802&page=9)
Also gleich drei verwitwete Damen mit dem Namen Claer, der sonst in Mitteldeutschland zu dieser Zeit fast überhaupt nicht auftritt. Sollte hier unser Vorfahre Friedrich Claer/Clair bei seinem Aufenthalt in Thüringen über 60 Jahre zuvor in irgendeiner Weise Spuren hinterlassen haben?
Und im „Bürgerbuch der Stadt Erfurt 1761-1831“ findet sich der Eintrag:
– Claer, Christian Friedrich, ev., Fuhrmann, geb. 16.11.1802 in Siersleben bei Hettstedt (http://wiki-de.genealogy.net/B%C3%BCrgerbuch_der_Stadt_Erfurt_1761-1833/329)
Könnte das womöglich auf Verwandte hindeuten, der Friedrich Claers Aufenthalt in Thüringen erst veranlasst haben (ihm vielleicht die Försterstelle besorgt haben)?
An dieser Stelle ist noch einmal ergänzend auf die handschriftlichen Aufzeichnungen meines Großvaters Gerhard Claer hinzuweisen, wonach im Kirchenregister der ev. Kirche Judithen bei Neidenburg, Jahrgang 1828, Seite 451 Nr. 61 einige Male Clair mit „ai“ erscheint, nämlich: „Heinrich Clair, Förster; Otto C., Gendarm u.s.w., Franz u.s.w. Postbeamter// Geschwister Amelie (?) geb. Clair“. Er geht offenbar von einer Verwandtschaft aus und wertet die dem Französischen näher stehende Schreibweise als Indiz für die ursprünglich französische Herkunft der Familie.”
Also gab es auch noch den Förster Heinrich Clair, der ähnlich alt gewesen sein könnte wie Friedrich und Johan(n) Wilhelm, also u.U. ein weiterer Bruder oder Cousin. Vielleicht war Heinrich sogar der erste der Familie, der überhaupt die Königsberger Ecke in Richtung Neidenburg (einige zig km südwestwärts) verließ, denn er lebte dort schon (wie auch einige andere Clairs), als unsere direkten Vorfahren noch im Umland von Königsberg wohnhaft waren.
Schließlich ist noch ein weiterer möglicher Verwandter zu erwähnen, der sich im „Adreßbuch der Haupt- und Residenzstadt Königsberg i. Pr. und der Vororte 1888“ (S.40) findet:
Nachname: Clär
Vorname: L.
Beruf: Arbeiter
Adresse: Neuroßgärtsche Kirchenstr. 13 b
Ort: Königsberg (Pr.) (http://adressbuecher.genealogy.net/entry/book/412?offset=16701&max=25&sort=firstname&order=asc)
2. Die Frage eines hugenottischen oder eines anglonormannischen Ursprungs
Es gibt widersprüchliche Hinweise hinsichtlich eines hugenottischen Ursprungs der ostpreußischen Familie Claer. Für einen solchen Ursprung spricht erst einmal die sowohl in unserem Familienzweig als auch in dem der Urgroßmutter des Andreas Z. (die eine geborene Claer war) erfolgte mündliche Überlieferung.
Zunächst hatte Andreas Z. im Rahmen seiner Forschungen eine Anfrage an Herrn Dierk Loyal gerichtet, einen Ahnenforscher, der sich auf die Geschichte der Hugenotten in Ostpreußen spezialisiert hat (und eine entsprechende Internetseite betreibt). Hier seine Auskunft:
Gesendet: Donnerstag, 9. Februar 2012
An: Andreas Z.
Hallo Herr Z.,
alle französischen Familien in Ostpreußen sind bekannt und bei Horst Kenkel (Franz. Schweizer u. Réfugiés als Siedler im nördlichen Ostpreußen (Litauen) 1710 – 1750, in: Sonderschrift des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e.V., Nr. 13, Hamburg 1970.) verzeichnet. Eine Familie Claer fehlt hier.
Die französischen Familiennamen in Ostpreußen haben sich allerdings stark verändert. So könnte der Familienname ursprünglich sich von Clerc (Clair, Claird, Clere, Claer, Clari, Klär etc). Es gibt auch die Familie Loclair. In den Kirchenbüchern kommt vereinzelt auch „Lo Claire“ vor.
Meiner Meinung nach dürfte hier aber wohl eine Herleitung von Clerc vorliegen. Dies müsste man aber allerdings durch Kirchenbucheintragungen nachweisen.
Der Ort Corjeiten liegt in dem Kirchenkreis Fischhausen. Die zuständige ev. Kirche war Germau. Die Kirchenbücher liegen heute im „Evangelischen Zentralarchiv“ in Berlin. Dort müssten Sie nach weiteren Vorfahren suchen. Ich vermute, dass die Vorfahren aus dem Kreis Gumbinnen kamen.
Stammvater der Familie Clerc war David Clerc, der aus St. Imier (Dieser kleine Ort liegt im Berner Land in der Schweiz, Anm. TC) stammte. Er wanderte 1712 ein und siedelte sich in Matzutkehmen an. Er heiratet in Judtschen 1718. Bereits 1724 heiratet die Witwe erneut. Kinder sind leider nicht bekannt. Dann gab es noch einen Jacob Clerc der ebenfalls in Matzutkehmen lebte. Kinder sind ebenfalls nicht bekannt. Ich vermute, dass bereits in dieser frühen Zeit die Familienmitglieder aus dem Kreis Gumbinnen abwanderten. Zumindest war Jacob Losgänger und besaß daher kein eigenes Land.
Dann gab es noch einen Christian Clerc, der 1719 in Stolp auf dem Weg nach Ostpreußen registriert wurde. Wo er sich in Ostpreußen ansiedelte, ist allerdings unbekannt.
In Berlin gibt es die Familie le Clerc. Es könnte sein, dass Familienmitglieder von dort nach Ostpreußen wanderten.
Gruß
Dierk Loyal
Mir wollte diese Clerc-Theorie zuerst nicht recht einleuchten, doch es gibt gewisse Anhaltspunkte, die sie stützen könnten.
Von der Deutschen Hugenottengesellschaft in Bad Karlshafen erhielt ich auf Anfrage einen Auszug aus ihrer immensen hugenottischen Datenbank, nämlich insgesamt 48, sich z. T. überschneidende Datensätze von nach Deutschland (oder in den deutschen Sprachraum) eingewanderten Hugenotten mit den Namen Clair, Claire, Le Clair, Le Claire und Clare aus dem frühen 18. Jahrhundert. In etlichen Fällen ist hinter den Namen Clair, Claire oder le Clair in Klammern der Zusatz „Le Clerc“ angegeben. Ich fand dann heraus, dass das hintere „c“ in Le Clerc bei korrekter französischer Aussprache tatsächlich stumm ist. (http://de.forvo.com/word/felix_leclerc/)
Die meisten hugenottischen Namensträger waren gem. den Datensätzen ansässig in der Schweiz (Bern, Lausanne) sowie in Süd-, Südwest- und Westdeutschland (Strasburg, Kassel, Köln, Zweibrücken, Hanau, Moers, Frankenthal /Pfalz); zwei Trägerinnen des Namens Clare gab es in Holzappel-Charlottenberg (Rhein-Lahn-Kreis) und Hanau – eine Verbindung zum anglo-normannischen Zweig oder gar zum Bischof von Samland drängt sich aus geographischen Gründen nicht auf. Doch gab es eine Reihe von Clairs in Magdeburg, wo es sich um Nachkommen des Blaise Clair, ursprünglich Sergeant bei den alliierten Truppen in Piemont (Norditalien), handelte. Alle seine Kinder hießen dann Le Clair. Daneben gibt es vier Damen aus Berlin: Anne Francoise Clair (geb. 1734); Dlle. Marie le Clair (le Clerc, Cler), Patin am 27./31.7.1724 bei Abraham Jacques Louis; Susanne le Clair /le Clerc), Patin am 1.1.1727 bei Etienne Gedeon, am 3./5.1.1727 bei Jean Louis Matthieubei: Dlle. Dorothee Claire, Patin 1717 bei Paul Ravenel; und schließlich in Stettin eine Anne Susanne le Clair (le Clerc), am 10.4.1739 dort getraut mit dem 28-jährigen “droguiste” Jean Tournier.
In der Internet-Datenbank https://familysearch.org findet sich darüber hinaus noch ein in der reformierten Kirche (Die reformierten Kirchen gehen zurück auf die Kirchenreformer Calvin und Zwingli, deren Anhänger die Hugenotten waren.) Prenzlau getrauter (also hugenottischer) Johann Clair (Hochzeit am 16.11.1712, Eltern: Abraham Clair, Marienn Magdalene Bunie; Braut: Judith Pionnier). (https://familysearch.org/pal:/MM9.1.1/JHJC-T6X) In derselben Datenbank taucht auch ein weiterer Johann Clair auf mit den Zusätzen: geb. 1763, gestorben 1837 in Luisenstadt, Berlin. (https://familysearch.org/pal:/MM9.1.1/J4ZM-ZXD)
Eine Verbindung zwischen Friedrich Claer / Friedrich Wilhelm Claer und den hugenottischen Clairs /Le Clairs/ Le Clercs insbesondere aus Magdeburg oder Berlin (wo es ja auch noch den Sänften-v. Clair und den Übersetzer v. Clair gab; vgl. meine Infos von 2011) wäre denkbar, wenngleich alles andere als zwingend.
In diesem Zusammenhang ist auch noch einmal an die Namensliste der Offiziere der „Alten preußischen Armee“ (also vor 1800) aus der „Familienchronik von Claer“ zu erinnern, die der preußische Offizier Otto v. Claer zusammengestellt hat, der sich als erster aus dem rheinischen Zweig der Familie in östlicheren Gefilden niederließ und dort auf etliche Offiziere ähnlichen Namens stieß.
Offiziere der alten preußischen Armee
(Zweite Hälfte des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts)
Die Namen sind, mit Ausnahme von Nr.1, durch Otto v. Claer, fwb. 1827, gest. 1909, aus preußischen Ranglisten ausgezogen.
1. v. Clar, Fähnrich im Rgt. Prinz von Preußen, 1758 in der Schlacht bei Zorndorf verwundet (s. „Helden-, Staats- und Lebensgeschichte Friedrichs des Anderen“, Teil V, S. 173.
2. v. Clair, Lieut. Im Regiment Krockow, 1765 ausgeschieden
3. v. Clair, Capt. Bei den Ingenieuren, 1779 ausgeschieden
4. v. Clair, 1785 jüngster Fähnrich im Garnison-Regt. V. Pirch
5. v. Claar, 1781 und 1793. Zuletzt Major im Regt. Kronprinz von Preußen, beim Depot-Btl. Oranienburg.
6. v. Clar, 1785 Capt. Im Rgt. Prinz v. Preußen zu Fuß (Potsdam)
7. v. Clar (v. Claar) Friedr. Wilh., 1789 Capt. Im Regt. Nr. 18, gest. 1805
8. v. Claar, P.C. (?) im Regt. Kronprinz v. Preußen, 1790 ausgeschieden
9. v. Clair, 1797 Sec. Lieut. im Regt. Herzog v. Holstein-Beek in Königsberg
10. v. Clair, 1797 oder 1798 vom Regt. 11 in das Regt. Courbiere (Goldap, Gumbinnen, Oletzko) versetzt, dort 1798-1800 als Stabs.Capt. geführt. 1801 in das Regt. Herzog v. Braunschweig versetzt, dort noch 1805 und 1806 geführt. 1809 aus Regt. 4 ausgeschieden.
Insbesondere im Falle der beiden letzten in Ostpreußen stationierten v. Clairs (Nr. 9 und 10) sowie beim unter 7. Genannten Friedrich Wilhelm v. Clar lässt sich über eine Verbindung zu den Förstern spekulieren, denn die räumliche Nähe war gegeben bzw. der Name Friedrich Wilhelm trat auch bei den Förstern gehäuft auf. In diesem Falle wäre sowohl ein hugenottischer Ursprung (wenn es sich um z.B. aus Berlin versetzte Offiziere gehandelt haben sollte) als auch ein anglo-normannischer, auf die Familie des Bischofs von Samland Johannes Clare zurückgehender Ursprung denkbar.
Überdies noch ein interessanter Hinweis aus einem Web-Forum: Auf erneute Anfrage des Internetnutzers „Spooky“ alias Andreas Z. in mehreren Online-Foren, in welcher er noch einmal betont, dass der Name nach der Überlieferung seiner Oma seinen Ursprung im Umfeld der Hugenotten habe, antwortete ein anderer Forum-Nutzer namens Fritz Loseries (der selbst eine Internetseite zur Ahnenfoschung in Ostpreußen betreibt und Zugang zu größeren Datenbanken hat):
„Das Adlig Gut Corjeiten im “Kreis” Fischhausen gehört zum Kirchspiel Germau. Zivilstandsregister gibt es erst ab 1875.Da es sich um Hugenotten handelt, solltest Du berücksichtigen, dass evtl. nicht im Kirchspiel Germau zu suchen ist, sondern in einer reformierten Kirche (z.B. in Königsberg). Außerdem ist der Name Clare (!) in der nachgearbeiteten Colonieliste 1699 von Königsberg, Preußen enthalten.“ (http://list.genealogy.net/mm/archiv/ow-preussen-l/2012-02/msg00162.html)
Bei der Colonieliste handelt es sich um eine Liste aller Hugenotten in einer bestimmten Stadt. Wenn nun ausgerechnet der Name „Clare“ (also in möglicherweise alter englischer, auf die Familie des Bischofs von Samland zurückgehender Schreibweise!) in dieser Liste von Königsberg 1699 auftaucht (was ich bislang nicht direkt überprüfen konnte), dann kann das vielerlei bedeuten:
Handelte es sich um Hugenotten, die ihre Namens-Schreibweise rein zufällig oder im Andenken an den Bischof vom Samland Johannes Clare (dessen Grab sich über die Jahrhunderte im Königsberger Dom befand) anglifizierten? Oder hatte sich in der seit dem 14. Jh. ostpreußischen Familie Clare die Überlieferung von ihrer anglo-normannischen Herkunft erhalten und diese sie deshalb im späten 17. Jh. in die weitläufig verwandte Hugenottische Community eintreten lassen? Erfolgte daher die vorübergehende Französierung der Namens-Schreibweise in „Clair“, woraus später die Eindeutschung in „Claer/Clär“ wurde?
Angesichts der langen Zeiträume wäre natürlich auch mit Überlieferungsfehlern oder falschen Schlussfolgerungen bzw. Zuordnungen zu rechnen.
Abschließend noch ein Blick auf die mögliche Namens-Variante Clerc / Le Clerc: Ein berühmter Träger dieses Namens war der französischer Kaperkapitän des 16. Jahrhunderts François Le Clerc, genannt Jambe de Bois („Holzbein“) oder spanisch Pie de Palo (* Reville, Normandie; † 1563 vor den Azoren). Bei Wikipedia heißt es über ihn:
„Nachdem Le Clerc in einer Seeschlacht 1549 vor Guernsey ein Bein verloren hatte, wurde er als Jambe de Bois („Holzbein“) bekannt. Mit einem Kaperbrief des französischen Königs Heinrich II. griff Le Clerc 1552 zunächst Puerto Santo auf der portugiesischen Insel Madeira an und war damit der erste Pirat mit einem Holzbein, der urkundlich belegt ist. Im März 1553 begann Le Clerc mit acht Schiffen, deren Oberbefehl er hatte, die spanische Handelsflotte und amerikanische Siedlungen anzugreifen und überfiel zunächst San German auf Puerto Rico und dann systematisch die Häfen der Insel Hispaniola. Ihr Hauptquartier hatten Le Clerc und seine Männer auf der Insel St. Lucia. Von dort griffen sie vorbeisegelnde spanische Schiffe an. Bei einem Überfall auf Santiago de Cuba am 1. Juli 1554 zerstörten Le Clerc und seine Gefolgsleute die Stadt derart gründlich, dass sie sich lange nicht davon erholte. Bis 1555 gefährdete er den spanischen Schiffsverkehr zu den kanarischen Inseln. Als Hugenotte kämpfte er in den Anfängen der französischen Religionskriege mit, doch starb er bald auf See.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Fran%C3%A7ois_Le_Clerc)
Francois Le Clerc
Es gab also, wie wir sehen, auch Hugenotten aus der Normandie, womit sogar eine Synthese der Hugenotten- und der anglo-normannischen Ursprungstheorie möglich erscheint.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass wir den „Stammbaum“ zwar inzwischen bis ins späte 18. Jahrhundert zurückverfolgen können, es aber, was die Zeit davor angeht, eine ganze Reihe von Möglichkeiten gibt, die alle noch im Dunkeln liegen und bisher nur Gegenstand von Spekulationen sein können.
Fortsetzung folgt.