www.justament.de, 28.5.2018: Schmutzige alte Liebe
Recht historisch Spezial: Justament-Autor Thomas Claer über seine wilden Nullerjahre im Berliner Wedding vor der Gentrifizierung
Es war Sommer 2002. Wir standen gewissermaßen vor dem Nichts. Meine Promotion hatte ich abgegeben und wartete nur noch auf die mündliche Prüfung, die dann schließlich erst acht Monate später endlich stattfinden sollte. Das Stipendium, das ich durch glückliche Umstände nach dem Referendariat zur Fertigstellung meiner Dissertation bekommen hatte, war ausgelaufen. Meine Frau war auch gerade mit ihrem Studium fertiggeworden. Nichts hielt uns mehr in Bielefeld, der vielleicht nicht in jeder Hinsicht schönen, aber zum Studieren doch sehr praktischen Stadt am Teutoburger Wald, wo wir uns sieben Jahre zuvor kennengelernt hatten. Während ich hinsichtlich unseres weiteren Lebensweges noch sehr unentschlossen war und mir angesichts meiner schwachen Examensnoten große Sorgen über unsere Zukunft machte, wusste meine Frau bereits genau, was sie wollte: Weg aus Bielefeld! In eine möglichst große Stadt ziehen!! Und, wenn es irgendwie geht, nach Berlin!!! Dort waren wir bereits 1996 auf einem von unserer Uni organisierten Ausflug gewesen. Die Stadt hatte uns sofort gepackt. Und dann hatte ich auch noch alle diese Bücher gelesen, die in Berlin spielten und ein abenteuerliches Leben an der Spree versprachen: „Paarungen“ von Peter Schneider, „Sommerhaus, später“ von Judith Herrmann und „Herr Lehmann“ von Sven Regener. Dennoch konnte ich mir lange Zeit nicht vorstellen, wirklich dort zu leben. Beinahe alle rieten uns ab. „Da gibt es doch keine Jobs“, meinten meine Kommilitonen. „Ihr werdet dort untergehen!“, warnten meine Verwandten. Meine Eltern fanden schon die Idee unmöglich. „Man geht dorthin, wo man Arbeit findet. Und man kann auch sehr gut in kleineren Orten leben“, belehrte uns meine Mutter. Und doch hörten wir damals von so einigen, die nach Berlin zogen. Das waren aber alles keine Juristen, sondern Geistes- und Sozialwissenschaftler und ein Architekt. Ich hatte fünfzig und später über hundert Bewerbungen geschrieben, überall hin. Ich bekam nur eine einzige Einladung zu einem Bewerbungsgespräch für ein Praktikum in einem winzig kleinen Verlag – aber der war in Berlin! Und ich wurde prompt genommen, für ein halbes Jahr, das später noch einmal um weitere sechs Monate verlängert wurde.
Mehr hatten wir nicht in Aussicht, als wir im Sommer 2002 nach Berlin aufbrachen. Es war klar, dass die kümmerliche Praktikantenentlohnung für uns niemals zum Leben ausreichen würde. Und meine Frau hatte mit ihrem Literatur-Abschluss ebenso schlechte Karten auf dem Arbeitsmarkt wie ich. Aber es gab ja noch meine Eltern, die uns jeden Monat mit ein paar hundert Euro bezuschussten, uns aber gleichzeitig mit dem ständigen Vorwurf im Nacken saßen, doch nun aber wirklich bald einmal für uns selbst zu sorgen, schließlich waren wir schon über dreißig. In welchen Berliner Stadtbezirk sollten wir also unter diesen Voraussetzungen ziehen? Natürlich dorthin, wo die Mieten am billigsten und dennoch die Wege zur Praktikumsstelle kurz waren. So landeten wir also im sprichwörtlich roten Wedding, dem damaligen Problembezirk, wo wir einen regelrechten Kulturschock erlebten.
Schon früher hatten uns Bekannte, die Berlin besucht hatten, darüber berichtet, dass es dort so „schmutzig“ sei. Ich konnte mir zunächst nichts darunter vorstellen. Wie kann eine Stadt schmutzig sein?, fragte ich mich. Da muss es doch eine Stadtreinigung geben wie woanders auch, dachte ich in meiner naiven Ahnungslosigkeit. Niemals hätte ich geglaubt, dass gar nicht so wenige Menschen dort gewohnheitsmäßig ihren Müll nicht in den Abfalleimer, sondern aus dem Fenster auf die Straße werfen würden. Noch weniger vorstellbar war für mich, dass Leute einfach mal so ins Treppenhaus pinkeln könnten. Und sich überall in den Straßen und Treppenhäusern wild entsorgter Sperrmüll stapelte. Und dass man auf den Gehwegen ständig in Hundekacke trat, auch das war für uns zunächst gewöhnungsbedürftig. In anderen Orten sind Menschen auf der Straße, um sich von hier nach dort zu bewegen. In Berlin-Wedding dagegen hingen damals sehr viele Menschen offenbar einfach nur so auf der Straße rum, ohne einer irgendwie zielgerichteten Tätigkeit nachzugehen. Na gut, manche von ihnen dealten wohl mit Drogen. Und noch viel unangenehmer konnte es werden, wenn man es mit einer der Jugendbanden zu tun bekam, die hier ihr Unwesen trieben. Dennoch fühlten wir uns nicht besonders unsicher. Wer sich um die anderen nicht kümmerte, dem passierte auch in aller Regel nichts. Es war nur alles am Anfang reichlich ungewohnt.
Schon am ersten Tag nach dem Einzug in unsere neue Wohnung, eine schöne Altbauwohnung aus den 1920er Jahren mit Holzdielenboden und hohen Decken, wollte mir vor dem nahe gelegenen Gesundbrunnen-Center jemand auf offener Straße Munition für Schusswaffen verkaufen. Auf dem Weg zwischen dem Bahnhof Gesundbrunnen und unserer Wohnung kamen wir in der Jülicher Straße an einer Art riesiger Mondlandschaft vorbei, oder sollte man lieber Trümmerwüste dazu sagen? Gewaltige unförmige Betonblöcke ragten aus der Erde, aus denen schwarze und metallene Drähte hervortraten. Zwischen ihnen taten sich tiefe Abgründe auf. Gesichert war diese gewaltige Bauruine durch einen ständig defekten Bauzaun, der nicht verhindern konnte, dass dort fortwährend Müll abgeladen wurde. Am Rande dieser vermüllten Betonlandschaft standen die kümmerlichen Reste einer alten Villa, die wohl einstmals sehr prächtig gewesen sein musste. Im Internet recherchierte ich, dass hier in den Neunzigerjahren während der Nachwende-Euphorie ein großes Sportzentrum errichtet werden sollte, aber der Investor bereits nach den ersten Bauetappen Pleite ging. Seitdem blieb die Bauruine sich selbst überlassen, da ein neuer Investor wohl zunächst für die Beseitigung der Hinterlassenschaften des Vorgängers hätte sorgen müssen, wozu aber niemand bereit war. Die alte verfallene Villa war die frühere Geschäftsstelle des Fußballclubs Hertha BSC gewesen, der gegenüber an der Behmstraße bis in die Siebzigerjahre noch sein altes Stadion am Gesundbrunnen hatte, bevor dieses neu errichteten Hochhäusern weichen musste. Der regelmäßige Anblick der Betonwüste, dieses Schandflecks unserer Wohngegend, hatte eine besonders deprimierende Wirkung auf uns, stand er doch symbolisch für die Hoffnungslosigkeit, dass es mit den problembeladenen Berliner Innenstadtbezirken jemals wieder etwas werden würde.
Manchmal kam ich mit einem alten Mann ins Gespräch, der ein paar Aufgänge weiter in unserem Haus immer aus seiner Erdgeschosswohnung aus dem Fenster auf die Straße blickte. Als ich eines Morgens mit meiner Tasche zu meiner Praktikumsstelle aufbrach, fragte er mich, wohin ich denn ginge. Als ich antwortete „Zur Arbeit“, kommentierte er das mit den Worten: “Arbeiten?! Du bist verrückt!“ Wir hatten schon gemerkt, dass ein großer Teil der Bewohner unserer Gegend, wenn nicht sogar die Mehrheit, von staatlichen Transferleistungen lebte.
Durch unseren Wohnsitz im Wedding waren wir in bestimmten Kreisen von Anfang an unten durch. Eine Freundin meiner Frau, die schon einige Zeit in Berlin (allerdings im vornehmen Wilmersdorf) gelebt und uns beim Umzug geholfen hatte, erklärte uns im Anschluss daran, dass sie diese unmögliche Gegend nur ganz ausnahmsweise und nur dieses eine Mal für uns betreten habe und dies ganz bestimmt nie wieder tun werde. Unsere Einladung zur Einweihungsparty schlug sie aus diesem Grunde aus. Wenn ich irgendjemandem erzählte, dass wir im Wedding wohnen, dann erntete ich mitleidige Blicke. Manche murmelten ein „Oh je“. Eine Kollegin aus dem Verlag, die aus Baden-Württemberg stammte, erzählte in der Mittags-Runde, sie sei mal im Gesundbrunnen-Center gewesen. Dort sei es aber „ganz, ganz schlimm“ gewesen, eine „ganz furchtbare Ecke von Berlin“ sei das. Wahrscheinlich meinte sie die vielen ärmlich gekleideten, zumeist südländisch aussehenden Menschen und die vielen Frauen mit Kopftüchern.
Dabei hatte das Leben im Wedding auch seine angenehmen Seiten. In der sehr lebendigen Badstraße gab es spottbillige und dabei ausgezeichnete Imbiss-Läden. Wir aßen köstliche türkische Gözleme für einen Euro (mitunter auch ganze Döner Kebabs zu diesem Preis) und große Asia-Pfannen für 2,10 Euro, von denen wir beide satt wurden. Und wenn man ein paar hundert Meter weiter in Richtung Osten lief, war man in einer völlig anderen Welt: im schon damals sehr angesagten Prenzlauer Berg. Immer wieder unternahmen wir ausgedehnte Spaziergänge ins Skandinavische Viertel und in den Mauerpark, zogen durch die Kneipen in der Kastanien-Allee und die Oderberger Straße. Aber auch in unserem unmittelbaren Umfeld im Wedding gab es schon erste Anzeichen eines Wandels. Mehrere Künstler hatten sich unter dem Namen „Kolonie Wedding“ in der Prinzenallee niedergelassen. In einem kleinen Kellerraum-Club namens „Holz & Farbe“, der aber leider nach ein paar Jahren schon wieder verschwunden war, gab es regelmäßig Konzerte mit unbekannten Bands. Wir erlebten dort zum Beispiel einen unglaublichen Auftritt der englischen Band „Florida“. Der Eintrittspreis lag bei zwei Euro. Zwischendurch ging noch jemand mit seinem Hut herum, um weiteres Geld für die Bandmitglieder zu sammeln. Ich kaufte mir eine CD von „Florida“ mit dieser ganz wunderbaren elektronischen Musik. Doch leider kann man sie heute nicht mehr abspielen, noch lässt sich irgendwelche Musik dieser großartigen Band im Internet finden… Ich vertrat damals die Meinung, dass der Wedding eine große Zukunft vor sich habe. Wenn ich das sagte, meinten aber alle anderen, das werde doch schon seit dem Mauerfall herbeigeredet, und es habe sich im Grunde nie etwas geändert. Es sei alles nur noch schlimmer geworden. Mit dem Wedding werde es nie etwas, das war die einhellige Meinung.
Nach ein oder zwei Jahren gab ich es auf, noch weitere Bewerbungen zu schreiben. Ich hatte gemerkt, dass ich auch mit Promotion beruflich nichts Großartiges reißen konnte. Wir waren in Berlin angekommen und entschlossen, hier zu bleiben. Nach und nach hatten wir uns als kleine Freiberufler vielfältige berufliche Standbeine organisiert. Eine feste Anstellung strebten wir ausdrücklich nicht mehr an. Drei Jahre lang bezog ich sogar noch einen sogenannten Existenzgründerzuschuss als freier Journalist. Klar, auch solches Glück gehört dazu. Als dieser Zuschuss Ende 2006 auslief, war es für uns aber eine grundsätzliche strategische Frage, uns Wohneigentum anzuschaffen, um angesichts unseres unsicheren beruflichen Status nicht länger durch monatliche Mietzahlungen belastet zu werden, auch wenn sie relativ noch so günstig waren. Es hätte uns ja auch einmal was passieren können, Unfälle oder Krankheiten. Da musste man natürlich vorsorgen. Die Ich-AG-Zuschüsse der letzten drei Jahre hatten wir komplett auf die hohe Kante gelegt. Unser Aktien-Depot hatte sich nach damaligen Maßstäben sensationell entwickelt und war reif für Gewinnmitnahmen. Und schon während des Studiums hatte ich ja ohnehin immer jede Menge Geld zur Seite gelegt, da ich im Studenten-Wohnheim nur Geringst-Mieten gezahlt und auch sonst fast kein Geld ausgegeben hatte. Als dann noch meine Eltern, die uns trotz aller Bemühungen nicht von unserem Entschluss, langfristig in Berlin zu bleiben, abbringen konnten, zähneknirschend einen Zuschuss zum Kauf einer Eigentumswohnung in Aussicht stellten, gingen wir auf Immobilienjagd. Ich wollte am liebsten im Wedding bleiben. Und das, obwohl alle Experten davon abrieten. In einer Gerichts-Geschäftsstelle kam ich beim Lesen von Zwangsversteigerungs-Gutachten mit einer freien Immobilien-Beraterin ins Gespräch. Anschließend erklärte sie mir, dass nun eigentlich für mich eine Beratungsgebühr von 400 Euro fällig wäre, aber sie würde mal ausnahmsweise davon absehen und gab mir ihre Visitenkarte. Diese Dame um die vierzig hatte ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Auf meine Frage, ob Wedding und insbesondere Gesundbrunnen nicht angesichts der zentralen Lage, der teilweise ansprechenden Bausubstanz und der fantastischen Verkehrsanbindung ganz aussichtsreiche Standorte für Immobilien-Investments wären, zumal dort seinerzeit Spottpreise von zum Teil weit unter 1.000 Euro pro Quadratmeter bezahlt wurden, winkte sie ab. Solche Gegenden, das wisse sie ganz genau, würden niemals besser werden. Sie empfehle solche Lagen, die früher sehr gut waren, inzwischen etwas aus der Mode gekommen seien, aber in der Zukunft bestimmt wieder sehr gut werden würden. Konkret pries sie mir Charlottenburg an, aber das richtig gute, z.B. in der Kantstraße…
Immerhin mit dem zweiten Teil ihrer Analyse sollte sie Recht behalten. Was allerdings kein so großes Kunststück war, da seitdem ausnahmslos alle Lagen von Berlin steil im Wert gestiegen sind. Ich muss zugeben, dass ich schon seit unserer Ankunft in Berlin die Immobilienseiten sondiert und ungläubig feststellt hatte, dass wir mit unseren damaligen kleinen Ersparnissen gar nicht mehr weit entfernt von den Kaufpreisen für eine 3-Zimmer-Eigentumswohnung im Wedding waren. Manchmal wurden 70 qm-Wohnungen schon für 40.000 Euro angeboten. Das waren dann aber auch die schlimmsten Ecken vom Wedding, in denen Gewalt und Kriminalität herrschten. Leider wollte meine Frau keine Wohnung im Wedding kaufen. Sie war es leid, sich jahrelang solche Sprüche über ihre Wohnadresse anhören zu müssen. Auch Neukölln, das ich alternativ ins Spiel brachte, lehnte sie aus dem gleichen Grunde ab. Sie wollte am liebsten nach Prenzlauer Berg, aber das dortige Preisniveau kam für uns eigentlich nicht in Frage. Dennoch waren wir an einer Wohnung nahe dem S- und U-Bahnhof Schönhauser Allee in der Dänenstraße dran. Erdgeschoss, 3 Zimmer, 73 qm, ohne Balkon. Sie sollte weniger als die Hälfte der Wohnungen in den oberen Etagen kosten, die ebenfalls zu haben waren. Ich glaube, es waren 79.000 Euro, das Angebot war ohne Maklerprovision. Bei der Besichtigung stieg uns allerdings von überall her ein markanter Schimmelgeruch in die Nase. Und Schimmel in den Wänden kriegt man bekanntlich nicht so leicht weg. Letztlich entschieden wir uns also gegen diese Wohnung und kauften im ärmlichen Charlottenburger Norden eine Wohnung am Schlosspark. Es ist nicht so, dass wir dies jemals bereut hätten, denn die Preise dort haben sich seitdem vervierfacht. Aber manchmal trauere ich dann doch noch dem Wedding hinterher, der immobilientechnisch bis heute meine verhinderte alte Liebe geblieben ist. Hier hätte sogar eine Verfünf- bis Versechsfachung des eingesetzten Kapitals gewunken (und vom nördlichen Neukölln wollen wir gar nicht erst reden). Manchmal muss man einfach nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Und was alle anderen einem so raten, muss deshalb noch lange nicht richtig sein.
Neulich unternahmen wir aus Nostalgie und alter Verbundenheit nach längerer Zeit wieder einen Spaziergang durch unsere alte Wohngegend. Wir erkannten sie kaum wieder. Wo sich früher die riesige vermüllte Bauruine befand, stehen jetzt mehrere exklusive Studentenwohnheime. Die einst verfallene frühere Hertha-Villa ist jetzt ein gefragtes Motel. In der Umgebung wimmelt es von trendigen Cafés und Spätkaufs. Auf der Straße sieht man vornehmlich junge Leute, offensichtlich Studenten, und deutlich weniger Frauen mit Kopftüchern. Dringt man aber etwas tiefer in den Wedding ein, ist das Bild gemischt. In der früher schäbigen und vermüllten Prinzenallee befinden sich schicke Restaurants und Künstler-Ateliers. Doch in manchen Nebenstraßen sieht es nicht viel besser aus als früher. In der Koloniestraße etwa stapelt sich der Müll eher noch schlimmer als seinerzeit, und die Menschen auf der Straße wirken unverändert ärmlich und kriminell. Der eigentlich idyllische Spazierweg am Flüsschen Panke ist ebenfalls mit Müllbergen und umgeworfenen Einkaufswagen verunstaltet. Noch immer besteht ein scharfer Kontrast zum inzwischen sehr gepflegt wirkenden Prenzlauer Berg, wo wir den Abend ausklingen ließen.
Dennoch gilt der Wedding mittlerweile längst nicht mehr als schlechte Adresse, sondern zählt zu jenen inzwischen sündhaft teuren Innenstadtlagen, in denen wegen ihrer Problembezirks-Historie noch manchmal ein kleiner Preisnachlass gegenüber den anderen Gebieten drin ist. Fünf Jahre haben wir im roten Wedding gelebt, nicht einmal halb so lange wie bis heute in Charlottenburg, doch diese frühen Jahre in Berlin, in denen wir damals die Weichen gestellt haben für alles, was später noch kommen sollte, werden mir für immer unvergesslich bleiben. (Fotos: TC)
www.justament.de, 13.2.2017: Der rote Wedding marschiert…
… und in Nord-Neukölln ist es schon teurer als in Wilmersdorf! Der neue Wohnmarktreport Berlin hat es wieder mal in sich
Thomas Claer
Seit Jahren gibt es in der Hauptstadt kein beliebteres Thema als Gespräche über Wohnungen. Allerdings nervt es laut Tagesspiegel langsam schon, „wenn jeder Kneipenabend mit Immobilienblabla endet“.
Aber die harten Fakten wollen dann doch wieder alle ganz genau wissen. Nun ist er also erschienen, der auch in diesem Jahr mit Spannung erwartete Wohnmarktreport Berlin 2017 mit den aktuellen Angebotsmieten aller 192 Postleitzahlbezirke. Was hat er uns diesmal zu sagen? Während in den letzten Jahren noch alle Trends intakt waren, zeigt sich nunmehr ein gemischtes Bild. Die früheren Problembezirke Wedding und insbesondere Nord-Neukölln jedenfalls marschieren in der Miethöhe weiter von Rekord zu Rekord und nehmen Kurs aufs obere Drittel. Dagegen lässt sich im seit langem etablierten Szenekiez Kreuzberg eine deutliche Abschwächung feststellen. Die Partymeile Friedrichshain wiederum zieht mit Karacho an Kreuzberg und Prenzlauer Berg vorbei und liegt nun schon gleich hinter Mitte auf Platz zwei. Insgesamt gesehen boomen die östlichen Innenstadtbezirke mehr als die westlichen. Auch die zentraleren Lagen von Lichtenberg werden immer teurer, während Charlottenburg und Wilmersdorf auf hohem Niveau stagnieren, in Schöneberg geht es sogar etwas abwärts. Doch wer gedacht hat, das gut situierte südwestliche Zehlendorf (wo es vor nur einem Jahrzehnt noch mit am teuersten war) werde immer weiter abgehängt, sieht sich mittlerweile eines Besseren belehrt. Der „reiche Arschlochbezirk“ (wie er in einem bekannten Film genannt wurde) macht einen deutlichen Sprung nach vorne und überholt sogar die westlichen Innenstadtlagen von Charlottenburg und Schöneberg. Wie heißt es so schön: Das Imperium schlägt zurück! Allerdings liegt die zuletzt nur sehr moderate für ganz Berlin gemessene Zunahme der Miethöhe im niedrigen einstelligen Bereich lediglich an einem Rechentrick: Erstmals sind möblierte und auf Zeit vermietete Wohnungen nicht mehr in den Berechnungen enthalten. Ohne diesen Sondereffekt hätte sich wieder ein zehnprozentiges Mietwachstum im Vergleich zum Vorjahr ergeben.
Wohnkosten in Berliner Bezirken (Angebotskaltmiete pro qm 2016/2008) nach Alt-Bezirken* gem. Wohnmarktreport Berlin /eigenen Berechnungen
1. (1.) Mitte (Alt) (12,77/9,54/+33,9%/ alternativ/repräsentativ)
2. (7.) Friedrichshain (11,23/6,60/+70,2%/ alternativ/lebendig)
3. (4.) Prenzlauer Berg (11,08/7,32/+51,4%/ alternativ/neubürgerlich)
4. (9.) Kreuzberg (10,74/6,37/+68,6%/ alternativ/lebendig)
5. (2.) Wilmersdorf (10,43/8,06/+29,4%/ großbürgerlich/bürgerlich)
6. (10.) Tiergarten (10,29/6,33/+58,9%/ gemischt/lebendig)
7. (3.) Zehlendorf (10,22/7,94/+28,7%/ großbürgerlich/bürgerlich)
8. (5.) Charlottenburg (10,06/7,24/+39,0%/ großbürgerlich/lebendig)
9. (6.) Schöneberg (9,87/7,24/+36,3%/ bürgerlich/lebendig)
10. (21.) Wedding (9,19/5,26/+74,7%/ proletarisch/alternativ)
11. (22.) Neukölln** (9,19/5,23/+66,2%/ alternativ/proletarisch)
12. (11.) Pankow (8,90/6,28/+34,6%/ bürgerlich/lebendig)
13. (8.) Steglitz (8,69/6,45/+34,7%/ bürgerlich/kleinbürgerlich)
14. (17.) Lichtenberg (8,61/5,50/+56,5%/ proletarisch/kleinbürgerlich)
15. (16.) Weißensee (8,48/5,50/+54,2%/bürgerlich)
16. (12.) Köpenick (8,27/6,14/+34,7%/ bürgerlich/proletarisch)
17. (18.) Treptow (8,25/5,53/+49,2%/ proletarisch/lebendig)
18. (14.) Tempelhof (8,06/5,82/+38,5%/ kleinbürgerlich/bürgerlich)
19. (15.) Reinickendorf (7,81/5,76/+35,6%/ kleinbürgerlich/bürgerlich)
20. (13.) Hohenschönhausen (7,68/5,96/+28,9%/ proletarisch/gemischt)
21. (19.) Spandau (7,37/5,43/ +35,7%/ kleinbürgerlich/lebendig)
22. (20.) Hellersdorf (7,20/5,30/+35,9%/ proletarisch/gemischt)
23. (23.) Marzahn (6,68/4,85/+37,8%/ proletarisch/gemischt)
* Alt-Bezirke heißt: Man legt die 23 alten Bezirke von vor der Gebietsreform 2001 zugrunde und nicht die zwölf neuen Bezirke, die durch Zusammenlegungen von sozial z.T. sehr heterogenen Gebieten entstanden sind, was seitdem oft zu irreführenden Verzerrungen in den Statistiken geführt hat.
**Neukölln-Nord (10,45/5,08/+105,7%/ alternativ/proletarisch)
Neukölln-Süd (7,56/5,41/+39,7%/ kleinbürgerlich/proletarisch)
Top 30 der Postleitzahlbezirke nach Höhe der Angebotskaltmiete pro qm 2016 (2008)
1. 10178 Hackescher Markt/ Alexanderplatz (Mitte) (13,80/10,30/+34,0%)
2. 10117 Unter den Linden (Mitte) (13,01/12,60/+ 3,3%)
3. 10785 Potsdamer Platz / Lützowstr. (Tiergarten) (13,00/7,80/+66,7%)
4. 10119 Rosenthaler Platz (Mitte) (13,00/9,00/+44,4%)
5. 10405 Prenzlauer Allee (Prenzlauer Berg) (12,50/7,80/+60,3%)
6. 10115 Chausseestraße (Mitte) (12,50/8,40/+48,8%)
7. 10435 Kollwitzplatz (Prenzlauer Berg) (12,00/8,60/+39,5%)
8. 12055 Richardplatz (Neukölln) (11,92/5,00/+138,4%)
9. 10245 Ostkreuz / Boxhagener Platz (Friedrichshain) (11,82/6,80/+73,8%)
10. 10965 Mehringdamm / Bergmannstraße (Kreuzberg) (11,66/6,30/+85,1%)
11. 10179 Jannowitzbrücke (Mitte) (11,53/7,40/+55,8%)
12. 10707 Olivaer Platz / Kurfürstendamm (Wilmersdorf) (11,50/8,40/+36,9%)
13. 14195 Dahlem (Zehlendorf) (11,50/9,40/+22,3%)
14. 10719 Ludwigkirchplatz/ Kurfürstendamm (Wilmersdorf) (11,50/9,70/+18,6%)
15. 10437 Helmholtzplatz (Prenzlauer Berg) (11,44/7,70/+48,6%)
16. 10629 Sybelstraße/ Kurfürstendamm (Charlottenburg) (11,43/9,00/+27,0%)
17. 10627 Westliche Kantstr./ Bismarckstr. (Charlottenburg) (11,37/6,60/+72,3%)
18. 14193 Grunewald (Wilmersdorf) (11,29/10,60/+6,5%)
19. 10997 Wrangelstraße / Paul-Lincke-Ufer (Kreuzberg) (11,20/6,30/+77,8%)
20. 12051 Hermannstraße Süd (Neukölln) (11,17/5,00/+123,4%)
21. 10249 Volkspark Friedrichshain (Friedrichshain) (11,09/6,60/+68,0%)
22. 10777 Viktoria-Luise-Platz (Schöneberg) (11,04/7,60/+45,3%)
23 .10967 Graefestraße (Kreuzberg) (11,03/6,30/+75,1%)
24. 12049 Hermannstraße West (Reuterkiez/Neukölln) (11,00/5,10/+115,7%)
25. 12045 Sonnenallee Nord (Neukölln) (11,00/5,20/+111,5%)
26. 10247 Samariterstraße (Friedrichshain) (11,00/6,40/+71,9%)
27. 10243 Ostbahnhof (Friedrichshain) (11,00/6,60/+66,7%)
28. 10961 Gneisenaustraße (Kreuzberg) (11,00/6,80/+61,8%)
29. 14167 Zehlendorf-Südost / Sundgauer Straße (Zehlendorf) (11,00/7,50/+46,7%)
30. 10623 Savignyplatz (Charlottenburg) (10,96/9,00/+21,8%)
Gebiete mit dem stärksten Anstieg der Angebotskaltmieten im Achtjahreszeitraum
1. 12055 Richardplatz (Neukölln) (11,92/5,00/+138,4%)
2. 12051 Hermannstraße Süd (Neukölln) (11,17/5,00/+123,4%)
3. 12059 Weigandufer (Neukölln) (10,95/5,00/+119,0%)
4. 12043 Rathaus Neukölln (Neukölln) (10,89/5,00/+117,8%)
5. 12049 Hermannstraße West /Reuterkiez (Neukölln) (11,00/5,10/+115,7%)
6. 13355 Humboldthain/ Brunnenviertel (Wedding) (10,60/5,00/+112,0%)
7. 12045 Sonnenallee Nord (Neukölln) (11,00/5,20/+111,5%)
8. 12053 Rollbergstraße (Neukölln) (10,10/4,90/+106,2%)
9. 13357 Gesundbrunnen (Wedding) (9,87/5,10/+93,6%)
10. 12047 Maybachufer („Kreuzkölln“) (Neukölln) (10,52/5,50/+91,3%)
11. 10553 Beusselstraße (Moabit/Tiergarten) (9,46/5,10/+85,5%)
12. 10965 Mehringdamm / Bergmannstraße (Kreuzberg) (11,66/6,30/+85,1%)
13. 10315 Friedrichsfelde-Nord (Lichtenberg) (8,44/5,10/+85,1%)
14. 10551 Birkenstraße (Moabit/Tiergarten) (9,95/5,40/+84,3%)
15. 13347 Nauener Platz (Wedding) (9,29/5,10/+82,2%)
16. 13359 Soldiner Straße (Wedding) (8,50/4,70/+80,9%)
17. 10367 Am Stadtpark (Frankfurter Allee/Lichtenberg) (9,75/5,40/+80,6%)
18. 10559 Stephanstraße (Moabit/Tiergarten) (9,51/5,30/+79,4%)
19. 13351 Rehberge (Wedding) (8,91/5,00/+78,2%)
20. 10997 Wrangelstraße / Paul-Lincke-Ufer (Kreuzberg) (11,20/6,30/+77,8%)
21. 10967 Graefestraße (Kreuzberg) (11,03/6,30/+75,1%)
22. 10245 Ostkreuz Boxhagener Platz (Friedrichshain) (11,82/6,80/+73,8%)
23. 10555 Alt-Moabit-West (Tiergarten) (10,25/5,90/+73,7%)
24. 10627 Westliche Kantstr./ Bismarckstr. (Charlottenb.) (11,37/6,60/+72,3%)
25. 10247 Samariterstraße (Friedrichshain) (11,00/6,40/+71,9%)
26. 10823 Alt-Schöneberg (Eisenacher Str./ Schöneberg) (10,82/6,30/+71,7%)
27. 10999 Görlitzer Park (Kreuzberg) (10,54/6,20/+70,0%)
28. 10827 Crellestraße/Kleistpark (Schöneberg) (10,00/5,90/+69,5%)
29. 10249 Volkspark Friedrichshain (Friedrichshain) (11,09/6,60/+68,0%)
30. 13353 Amrumer Straße (Wedding) (9,19/5,50/+67,1%)
Quelle jeweils: Wohnmarktreport Berlin / eigene Berechnungen
Justament März 2008: Land der Extreme
Eine vergleichende rechtskulturelle Betrachtung
Thomas Claer
Ein wenig vereinfachend könnte man sagen: Das heutige Deutschland zerfällt rechtskulturell gesehen in zwei heterogene Teile, nämlich in seine Hauptstadt Berlin einerseits und den Rest der Republik andererseits. Exemplarisch soll zum Beleg dieser These ein punktueller Vergleich der Bundeshauptstadt mit der – wie man sagt – durchschnittlichsten aller deutschen Städte dienen, in welche es den Verfasser während seines Jurastudiums so zufälliger- wie unglücklicherweise verschlagen hatte. Die Rede ist von Bielefeld, der Stadt am Teutoburger Wald, wo meine heutige Frau und ich die Wohnzeit im Studentenwohnheim irgendwann nicht mehr weiter verlängern konnten und uns eine Genossenschaftswohnung am Stadtrand suchten.
Putzorgien in Bielefeld
Man hatte uns gewarnt, die Gegend sei ein sozialer Brennpunkt, hieß es. Aber die schöne, große und billige Wohnung und die Lage direkt am Wald waren doch zu verführerisch. Schon bald nach dem Einzug mussten wir feststellen, dass in jenem Hause eine weit über siebzigjährige Dame, nennen wir sie Frau Kurz, als Hausordnungsverantwortliche der Genossenschaft ein gar strenges Regiment führte. Von Anbeginn nahm sie uns unter ihre Fittiche und erklärte uns genau, was wir laut Hausordnung nun alles im Hause und drum herum zu tun haben würden. Und das war weiß Gott nicht wenig: Alle zwei Wochen war man jeweils mittwochs und samstags dran mit dem Treppenhausdienst, der aus Treppefegen, Treppe feucht wischen und dazu noch Fensterputzen bestand. Mit Huschhusch war es da nicht getan. Auch die zumeist offensichtliche Sauberkeit des Treppenhauses und erst recht die der Fenster war nicht ausschlaggebend. Frau Kurz wachte unerbittlich darüber, dass alle Arbeiten umfassend und gründlich ausgeführt wurden. Es gehe ja nicht allein um den Schmutz, sondern vor allem um den Staub, belehrte sie uns. Recht häufig klingelte sie auch an unserer Wohnungstür, um uns ihre Beanstandungen unserer Arbeiten mitzuteilen oder uns zu verdächtigen, diese nicht oder nicht fristgerecht ausgeführt zu haben. Und noch viel grotesker war es mit den anderen Verpflichtungen: Zweimal im Jahr musste jeder Wohnungsbesitzer den gesamten Gemeinschaftskeller auswischen. Nie konnte ich einen Unterschied zwischen Vorher- und Nachherzustand feststellen. Frau Kurz aber merkte sofort, wenn man sich auch nur einmal drücken wollte. Und dann die Gehwege vor dem Haus: Da war man alle sechs Wochen dran. Ein einziges Mal in vier Jahren fand ich ein weggeworfenes Stück Papier, ansonsten fegten wir jeweils fast eine Stunde lang vereinzelte Sandkörner zusammen. Und alle Nachbarn machten mit bei der wöchentlichen Reinigung des ohnehin immer wie geleckt aussehenden Umfelds. Niemand außer uns schien sich an diesem Irrsinn zu stören. Hilfe, wo waren wir gelandet?
Schmuddelkram in Berlin
Das vollständige Kontrastprogramm erleben wir seit unserem Umzug nach Berlin vor gut fünf Jahren. Auch hier zogen wir in eine einfache Wohnlage: schöne große Wohnung, billige Miete. Zuerst staunten wir, dass der Hauswart der Genossenschaft die Treppe selbst putzte: “Sonst macht det ja keener”, antwortete er auf unsere Anfrage. Auch andere Putzverpflichtungen der Mieter waren hier unbekannt. Wie schön, dachten wir, und genossen unsere neue Freiheit. Doch bemerkten wir schon bald, dass man hier – anders als in Bielefeld – nun wirklich mal häufiger die Gehwege fegen müsste. Überall lagen weggeworfene Plastikbeutel, Werbezettel, Imbisstüten, Essensreste und sonstiger Müll auf den Straßen und Wegen – im reinen Wohngebiet wohlgemerkt. Wenn die Stadtreinigung, zu deren Aufgaben die Säuberung der Gehwege gehörte, wieder mal da war, war es sauber – aber das hielt, vor allem im Sommer, höchstens für einen Tag. Und manchmal sah man sogar Ratten, die sich an den Essensresten erfreuten. Wenn das unsere Frau Kurz sehen würde, die fiele sofort in Ohnmacht, dachten wir oft. Wer macht das bloß, fragten wir uns, bis wir einmal eine Gruppe südländisch aussehender Jugendlicher sahen, die ihre Plastikbecher vom Imbiss einfach fallen ließen. Politische Korrektheit hin oder her, nun glaubten wir, die Schuldigen gefunden zu haben: Die Türken mussten es sein. Doch in unserem anschließenden Türkeiurlaub konnten wir feststellen: überall nur strahlende Sauberkeit. Und in den zentralen Berliner Ostbezirken registrierten wir schließlich ebenfalls öfter Bilder der Verwüstung. Auch fiel uns ein, dass es damals in Bielefeld ein türkischer Mann vom Nebenaufgang gewesen war, der uns energisch dazu aufgefordert hatte, auch noch die andere saubere Hälfte des Gehwegs zu fegen, da sie noch zu unserem Gebiet gehöre. Dann sind es eben ganz allgemein die Jugendlichen, meinten wir nun, bis wir in einem angesagten Szeneviertel, allerdings spät am Abend, Zeuge wurden, wie ein gar nicht schlecht gekleideter, gewiss über vierzigjähriger Mann mitten auf den Gehweg einen großen braunen Haufen setzte. Einfach so. Langsam wurde uns nun auch klar, dass der penetrante Uringeruch in unserem Kellereingang nicht, wie wir anfangs glaubten, zwangsläufig von einem Hund stammen musste. Und auch am S-Bahnhof der nicht mehr ganz so schlechten Gegend, in die wir vor einem Jahr gezogen sind, sieht man täglich Männer jeden Alters und jeder Herkunft am helllichten Tage urinieren. Einmal hielt ein Taxifahrer dort, stieg aus, pinkelte gegen die Hecke und fuhr anschließend weiter. Alle hier finden das ganz normal. Als ein offensichtlicher Berlin-Neuling sich abfällig über die Vermüllung eines S-Bahn-Wagens äußerte, wies ihn ein anderer Fahrgast zurecht: “Det is hier die S-Bahn und keen Museum. Wo jehobelt wird, da fallen Späne.” Nur selten stört sich jemand daran, wenn z.B. wieder einer ins Treppenhaus gepinkelt hat, und hängt einen bösen Zettel an die Wand (siehe Foto).
Bielefeld und Berlin – der Gegensatz könnte nicht stärker sein. Deutschland ist ein Land der Extreme.