Carla Bruni auf ihrer gelungenen CD “Comme Si de Rien N’Etait”
Thomas Claer
Als an dieser Stelle Carla Brunis zweite CD “No Promises” von 2006 besprochen wurde, konnte noch niemand ahnen, dass hier die künftige französische “premier madame” ihre Aufwartung machte. Mit der Unbefangenheit im Urteil ist es nun also vorbei. Man muss der medialen Betrachtung der Künstlerin als “absolut unmögliche Person” (Claus Koch) eingedenk sein, die angeblich “dünne Liedchen” (Alex Rühle) bei “Wetten, dass …” trällert. Und schließlich gibt die Bruni auch durch ihre in zahlreichen Interviews vorgeführte Laszivität und entsprechende Songtexte (von ihren 30 Liebhabern ist in “Je suis une enfant” die Rede) genug Anlass zur Skepsis. Ferner mag man das Coverfoto der CD, auf dem sie in damenhaftem Kostüm vor einem See stolziert, für diesmal wenig gelungen halten. Doch allen Unkenrufen zum Trotz muss klipp und klar gesagt werden: Auch das neue Album ist grandios! Und das verdient umso größere Beachtung, als hier unter äußerst erschwerten Bedingungen gearbeitet wurde. Wenn es stimmt, dass Carla ihren Gatten mitunter nachts weckt, um ihm die ihr gerade zugeflogenen neuen Melodien vorzuspielen, und der Präsident hierüber keineswegs erbost ist, sondern stets sehr angetan, dann ist Monsieur Sarkozy als ein wirklich ganz besonderer Förderer der Kunst zu würdigen…
“Comme Si de Rien N’Etait” (dt: “Als ob gar nichts geschehen wäre”) knüpft nach den Ausflügen der englischsprachigen Vorgänger-CD in Country- und Rockgefilde wieder an den Chanson-Stil des Erstlings “Quelqu’un M’a Dit” an, bereichert diesen aber durch allerhand Violinen-, Cello-, Flöten- und Keyboard-Klänge. Wenn auch der Zauber des kargen Debüts nicht ganz erreicht wird, überproduziert wirkt das Werk trotz dieser Opulenz keinesfalls, vielmehr durchweg sehr dezent und stimmig arrangiert. Carla Bruni stellt sich so in die Tradition der großen Chansonnieren Édith Piaf und Juliet Gréco, wobei ihre zarte und deutlich weniger voluminöse Stimme den Liedern nicht abträglich ist, sondern ihnen sogar einen besonderen Charme verleiht. So ganz aus dem Hut gezaubert ist das wunderbare Songwriting der Vierzigjährigen allerdings nicht: Sie genoss eine klassische musikalische Ausbildung und ihre Mutter war Konzertpianistin. Das Gesamturteil lautet: voll befriedigend (12 Punkte).
Carla Bruni
Comme Si de Rien N’Etait
Ministry O (edel) 2008
Ca. EUR 17,00
ASIN: B001AY2P26