Die gesammelten juristischen Stilblüten sind gelegentlich recht witzig
Thomas Claer
Ein eher fades Vergnügen sind die hinlänglich bekannten Stilbüten-Sammlungen aus den unterschiedlichsten Gebieten. Entweder werden hier Tippfehler und ähnlich banale allzumenschliche Fehlleistungen verewigt, deren begrenzte Komik in keinem Verhältnis zum Aufwand ihrer Publikation steht. Oder man amüsiert sich auf Kosten anderer, in der Regel weniger sprachgewandter Zeitgenossen, im besseren Falle sind es Schulkinder, im schlechteren Falle ungebildete Sekretärinnen, Fußballspieler oder Ausländer. Ein wenig atmet auch die vom Göttinger Oberstaatsanwalt Wilfried Ahrens vorgelegte Kollektion aus dem Alltag des Justizbetriebes den unseligen Geist dieses Genres. Als gäbe es nicht schon genug Polizistenwitze, wird hier ausgiebig aus kurios formulierten Polizeiberichten zitiert. Auch die naturgemäß im Deutschen oft weniger ausdrucksstarken Kleinkriminellen oder Verkehrssünder mit Migrationshintergrund werden ob ihrer bescheidenen Schreibkünste kräftig in die Pfanne gehauen, doch geben manche auch mit viel Bauernschläue Contra. So heißt es in einer Schriftprobe für das Blutentnahmeprotokoll mit frei wählbarem Inhalt: “Alle Polzei zind net”. Immerhin wird auch die bemerkenswerte Formulierung eines Haftrichters angeführt: “Der Beschuldigte hat sich seiner Ergreifung durch Flucht zu entziehen.”
Im übrigen wimmelt es nur so von Freundschen Fehlleistungen: Ein Angeklagter versichert, er würde auf seine Aussage jeden Meineid schwören, ein anderer ist enttäuscht von der deutschen Rechtsbrechung. Und gewiss lenkte der alte Sigmund auch jenem Polizisten die Feder, der über einen Sexualstraftäter vermerkte: “Er griff ihr ans Geschlechtsteil, bis er Motorengeräusche hörte.” Doch findet sich bei der Lektüre neben manchem Abgeschmackten auch der eine oder andere “Brüller”. Kostprobe: Der Angeklagte besteht darauf, von der Staatsanwaltschaft zuerst beleidigt worden zu sein. Er zitiert ein Schreiben an ihn, in dem gestanden habe: “Vergammelter Kleinknecht, komm zur Staatsolizei!” Bei Vorlage des Schreibens entpuppte sich die betreffende Stelle schlicht als: vgl. Kleinknecht, Komm. zur StPO.
Wilfried Ahrens
Der Angeklagte erschien in Bekleidung seiner Frau. Die neuesten juristischen Stilblüten
Verlag C.H. Beck München 2005
159 Seiten
EUR 9,90
ISBN: 3-406-52814-7