Jahresende 2025: Ahnenforschung Claer, Teil 17

Um es kurz zu machen: Mein diesjähriger „Forschungsbericht“ muss leider schmal ausfallen, da ich zum einen im zurückliegenden Jahr aus verschiedenen Gründen kaum zum „Ahnenforschen“gekommen bin und zum anderen zwar nicht viel neues Material, aber doch immerhin mehr als nichts habe, sodass es mir nun doch vertretbar erscheint, meinen eigentlich angedachten Rückgriff auf die Flucht- und Übersiedlungsgeschichte meiner Eltern und mir aus der DDR noch um ein Jahr zu verschieben. Denn dann wird die Republikflucht meines Vaters zum Jahresende 1986, mit der es begann, genau 40 Jahre zurückliegen. Und mir wird, wenn ich denn rechtzeitig anfangen kann, auch mehr Zeit dafür bleiben, als sie mir jetzt noch bis zum Jahresende zur Verfügung steht…

1. Neues aus Ludwigswalde: Todeseintrag von Unterförster Friedrich Wilhelm Claere gefunden!

Nun haben wir ihn also doch noch entdeckt: den Todeseintrag unseres bislang ältesten gesicherten Vorfahren, meines Ururururgroßvaters, des Unterförsters Friedrich Wilhelm Klair/Clair in Ludwigswalde. Dort ist er 1799 als Vater „unseres“ Christian Friedrich Klair/Clair und 1802 als Vater von dessen jüngerem Bruder Johann Wilhelm Claer in Erscheinung getreten. Bislang kannten wir von ihm nur aus der Mundia-Datenbank, die ich früher mal einsehen konnte, dessen Lebensdaten: 1770-1815 – entnommen aus dem Stammbaum einer Familie Hart aus den USA, die vom Ludwigswalder Förster Johann Wilhelm Claer abstammt, also dem erwähnten jüngeren Bruder unseres Christian Friedrich.

Als ich vor mehr als einem Jahrzehnt die Ludwigswalder Kirchenbücher durchgesehen hatte, konnte ich Friedrich Wilhelms Todeseintrag um 1815 dort nicht finden, dafür aber viele andere Claers, die dann letztendlich – nachdem ein Schriftsachverständiger einmal drübergesehen hatte – alle keine waren. Nun hat mein Neffe 5. Grades Andreas Z. aber verdienstvollerweise mittels seines Ancestry-Datenbank-Zugangs doch noch den so lange gesuchten Todeseintrag gefunden.

Dort steht also im Feld des 1. Januars 1816 unter „gestorben in Ludwigswalde“:

Friedrich Claere Unterförster 46 Jahre alt“

Mehr nicht. Bemerkenswert ist zunächst die Schreibweise: Claere hatten wir bisher noch nicht. Dies zeigt aber einmal mehr, wie willkürlich vor der Einrichtung von Standesämtern ab 1871 in Deutschland die Namen in den Kirchenbüchern geschrieben wurden.


Was geschah in der Silvesternacht 1815/16?

Außerdem springt aber das Todesdatum 1.1.1816 ins Auge. Im Mundia-Eintrag war es 1815. Diese Abweichung ließe sich noch erklären, denn so genau konnte damals sicherlich keiner feststellen, ob der Tod erst am 1.1.1816 oder bereits kurz zuvor am 31.12.1815 eingetreten ist. Doch schreibt mir Andreas Z.auch noch, dass in seinem Genealogieprogramm das Sterbedatum 21.12.1815 für Friedrich Wilhelm hinterlegt ist, und er nicht mehr weiß, wie es dort reingekommen ist. Könnte es vielleicht sein, dass Friedrich Wilhelm erst am Jahresende gefunden wurde, aber schon mehr als eine Woche zuvor gestorben ist, was womöglich in der Familie überliefert worden ist? Oder dass der Pastor wegen seiner vielfältigen Verpflichtungen um Weihnachen herum erst am Neujahrstag den Todeseintrag vornehmen konnte? (In der Regel, so sagt es mir meine KI Perplexity, hat im 18. und 19. Jahrhundert in Deutschland tatsächlich der Pastor selbst die Einträge in die Kirchenbücher vorgenommen, oft mit Unterstützung des Küsters oder eines Kirchenschreibers. In vielen Gemeinden schrieb der Pastor die Einträge selbst; in größeren oder wohlhabenderen Gemeinden konnte ein Küster oder Kirchenschreiber nach Vorgabe des Pastors schreiben, der Pastor blieb aber verantwortlich und unterschrieb bzw. zeichnete mit seinem Namen.)

Aber woran könnte Friedrich Wilhelm mit erst 46 Jahren wohl gestorben sein? Sicher ist nur, dass es seinerzeit in Deutschland und Ostpreußen noch kein Silvester-Feuerwerk gegeben hat und auch noch keine Straßenschlachten von Randalierern mit der Polizei (nicht einmal in Berlin-Neukölln). Ausgelassene Feiern zum Jahreswechsel mit Alkoholika wie dem berühmten ostpreußischen „Bärenfang“ dürfte es aber sehr wohl gegeben haben…

Bleibt noch Friedrich Wilhelms Geburtsjahr, das in der Mundia-Datenbank 1770 lautet. Doch wenn man genau rechnet, müsste es, wenn das Todesdatum 1.1.1816 stimmen sollte und er im Alter von 46 Jahren gestorben ist, eigentlich 1769 sein.

Bleibt noch anzumerken, dass laut Kirchenbuch – siehe meine früheren Berichte – 1797 der Unterförster Johann Friedrich Claer, der mutmaßliche Bruder „unseres“ Friedrich Wilhelm, sein nur wenige Wochen altes Söhnlein Friedrich Wilhelm, das offenbar nach seinem Onkel benannt war, begraben musste. Und dass wir jenen Förster Johann Friedrich Claer – siehe meinen vorigen Bericht – im Verdacht haben, später Ludwigswalde und Ostpreußen den Rücken gekehrt und 1802 in Siersleben die Dynastie der Erfurter Claers begründet zu haben…

2. Ein Förster und Administrator Klaer heiratet in Berlin

Von unserer langjährigen Forscherkollegin Monika Klaer mit K. aus Teltow erhielt ich dankenswerterweise die folgende Heiratsurkunde aus dem Jahr1886, die es in sich hat:

Mit erheblicher Hilfe von Tante Lorelies konnte ich sie wie folgt entziffern:

Berlin, den 14. September 1886

Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschienen heute zum Zweck der Eheschließung:

  1. der Förster und Administrator Adolph, Friedrich, Heinrich Klaer,

der Persönlichkeit nach aufgrund des ausgewiesenen Taufscheins anerkannt, evangelischer Religion, geboren den 1. Oktober des Jahres 1857 zu Wolfsburg, Amt Fallersleben, wohnhaft zu Fahrenhorst, Amt Isenhagen, Sohn des zu Wolfsburg verstorbenen Lehrers Carl August Klaer und dessen Witwe Friedrike, Albertine, Henriette, geborenen Henneke, wohnhaft zu Fahrenhorst

  1. die Clara, Agnes, Elisabeth Hennicke, ohne besonderen Beruf, der Persönlichkeit nach aufgrund es ausgewiesenen Taufscheins anerkannt, evangelischer Religion, geboren den 27. Februar des Jahres 1859 zu Stettin, wohnhaft zu Berlin, Invalidenstraße Nr. 27/29. Tochter des Stationsvorstehers I. Claße Carl, August, Gottfried Hennicke und dessen Ehefrau Wilhelmine, Charlotte, Auguste geb. Kropnick, beide wohnhaft Berlin, Invalidenstraße

Nun haben wir also erstmals einen Förster Claer, in diesem Fall Klaer geschrieben, außerhalb Ostpreußens, Schlesiens oder Thüringens und Umgebung gefunden. Zwar hat Adolph Friedrich Heinrich Klaer, geb. 1857, in Berlin geheiratet, doch stammt er aus dem ostniedersächsischen Wolfsburg, heute bekannt für VW und Fußball, genau genommen aus dem Ortsteil Fallersleben, nach welchem auch der Texter der deutschen Nationalhymne benannt wurde, der ebenfalls dort das Licht der Welt erblickte – allerdings bereits 1798. So ehrenvoll seine Herkunft aus diesem prominenten Ort auch für uns wäre, gibt es doch leider kaum Indizien, die auf eine Verbindung zu “unseren” ostpreußischen Claers hindeuten würden.Allenfalls eine Abkunft von den Thüringer Claers, die sich bis 1802 zurückverfolgen lassen (siehe meinen vorigen Bericht), wäre denkbar, denn von Erfurt bis Wolfsburg sind es nicht mehr als 243 km – eine Distanz, die überwindbar wäre, wenn man die traditionell hohe Mobilität in der Berufsgruppe der Förster berücksichtigt. 

Noch dazu war Friedrich Heinrich Klaer nicht nur Förster, sondern laut seinem Heiratseintrag ein “Förster und Administrator”. Laut der KI Perplexity bezeichnet ein solcher um 1886 herum 

sehr wahrscheinlich einen Forstbeamten, der nicht nur praktisch im Wald tätig war, sondern auch die Verwaltungs‑ und Kassenführung eines Forst- oder Gutsbezirkes übernommen hat. Der Zusatz „Administrator“ erklärt sich also daraus, dass es nicht nur um Jagd- und Holzaufsicht ging, sondern um die kaufmännische und rechtliche Verwaltung des Besitzes.

​Der Förster überwachte Grenzen, Holzschläge, Jagd und Waldordnung und hatte polizeiliche Aufgaben im Revier.Er wies etwa Brennholzschläge zu, achtete auf unerlaubte Holzentnahmen und setzte forstliche Vorschriften durch.

„Administrator“ bezeichnete im 19. Jahrhundert oft denjenigen, der ein Gut oder einen größeren Besitz (z.B. Forsten eines Adligen oder einer Kirche) verwaltete: Einnahmen, Ausgaben, Pacht, Holzverkauf, Personal.

​Ein Förster konnte zugleich Verwalter des gesamten Forstvermögens sein, also z.B. die Forstkasse führen, Nutzungspläne ausarbeiten und Berichte an den Eigentümer oder eine Behörde erstellen. Die Doppelbezeichnung soll deutlich machen, dass die Person nicht nur technischer Forstmann, sondern auch leitender Verwaltungsbeamter für diesen Forst- oder Gutsbezirk war. Besonders bei größeren Privatforsten oder Standesherrschaften wurden solche Kombinationsstellen häufig an gebildete Fachleute vergeben, die sowohl forstliche Ausbildung als auch Verwaltungserfahrung hatten.

Angesichts dieser herausgehobenen Stellung Friedrich Heinrich Klaers, ist es nicht verwunderlich, dass er in eine durchaus gehobene Berliner Familie einheiraten konnte, was schon deren Wohnadresse Invalidenstraße 27-29 beweist, heute nahe dem Hauptbahnhof gelegen und eine absolute Toplage in Berlin-Mitte. Noch dazu war sein Schwiegervater laut Heiratsurkunde Stationsvorsteher I. Klasse.

Laut Perplexity war dies 

um 1886 der höchste örtliche Bahnhofsbeamte an einem wichtigeren Bahnhof, also der verantwortliche Leiter der Station mit erweitertem Verantwortungsbereich. Die Angabe „I. Klasse“ bezieht sich nicht auf die Wagenklasse, sondern auf die Rangstufe der Dienststelle bzw. des Dienstpostens innerhalb der Eisenbahnverwaltung.

Der Stationsvorstehers trug die Gesamtverantwortung für den Betrieb am Bahnhof: Zugmeldungen, Abfertigung von Personen- und Güterzügen, Sicherheit im Zugverkehr. Zudem hatte er die Dienstaufsicht über das übrige Stationspersonal (Aufseher, Assistenten, Weichenwärter usw.) und war Vertreter der Bahnverwaltung gegenüber Öffentlichkeit und Behörden.

Bahnhöfe und ihre Vorsteher wurden nach Bedeutung des Verkehrs in Klassen eingeteilt; 1. Klasse stand für einen besonders bedeutenden oder stark frequentierten Bahnhof. Ein Stationsvorsteher I. Klasse hatte entsprechend höheren Rang, höhere Besoldung und meist einen größeren Stab unterstellt als Vorsteher niedriger Klassen.

Womöglich trug also Friedrich Heinrich Klaers Schwiegervater sogar die Verantwortung für den nahe seiner Wohnadresse gelegenen Lehrter Bahnhof, dem heutigen Hauptbahnhof. Der Lehrter Bahnhof in Berlin wurde zwischen 1869 und 1871 erbaut und 1871 eröffnet, d.h. 15 Jahre vor der besagten Eheschließung.  

Hier sollte mein diesjähriger Bericht eigentlich enden, doch überraschte mich mein Neffe 5. Grades Andreas Z. soeben noch mit einigen weiteren Funden.

3. Hermann Augusts zweite Hochzeit

Am 21.7.1872 hat Hermann August Clair/Claer, geb. 1833, Sohn des oben bereits erwähnten Christian Friedrich Claer (geb. 1799) und seiner Frau Justine Knaebe, ein zweites Mal geheiratet. Laut Kirchenbuch Petersdorf, Kr. Wehlau, hat er Wilhelmine Hill, geb. Mahnke, geehelicht. Aufgebot des Ehemannes in Laukischken, Kreis Labiau, seine Frau in Petersdorf. 

Hermann August ist – siehe meine früheren Berichte – sehr wahrscheinlich der Ururgroßvater meines Vetters 4. Grades Manfred Claer aus der “Fuhrmann-Linie”. Manfreds Urgroßvater Franz Richard Claer, geb. am 16.3.1872 in Geidlauken, hat, wie wir wissen, als Fuhrmann Ostpreußen verlassen und ins Rheinland geheiratet. 

Nach unserer bisherigen Kenntnis war Franz Richards Vater, Hermann August, (zunächst) mit Henriette Wilhelmine Mettschul verheiratet, und beide haben am 16.3.1872 ihren Sohn Franz Richard, Manfreds Urgroßvater, bekommen.  

Wie wir schon früher herausgefunden haben, hatte Hermann August in die Müllersfamilie Metschul eingeheiratet und eine Mühle betrieben. Die Müller waren ja zumeist recht wohlhabend und hatten viele Kinder, daher die besonders weite Verbreitung dieses Familiennamens in Deutschland. (Vgl. auch die wohlgenährte Figur des Meisters Müller in “Max und Moritz” von Wilhelm Busch aus dem Jahr 1865 – vor allem im Vergleich zu den oftmals abgemagerten Gestalten der anderen Dorfbewohner.) 

So könnte auch Müller Hermann August Claer eine gute Partie für seine zweite Ehefrau gewesen sein, nachdem allem Anschein nach seine erste Frau Henriette Wilhelmine Mettschul bei der Geburt von Franz Richard verstorben ist. Jedenfalls liegen zwischen Franz Richards Geburt am 16.3.1872 und der Wiederheirat seines Vaters Hermann August am 21.7.1872 gerade einmal vier Monate. 

4. Sonstige Funde

Abschließend hier noch weitere Funde bezüglich uns bisher unbekannter ostpreußischer Claers, die Andreas Z. dankenswerterweise vom Ahnenforscher Patrick P. zur Verfügung gestellt bekam: 

Bieberswalde Clär (Klär, Klaehr) 

– Wilhelm Clär (Klaehr) 

– Wilhelmine Ludowike* ca. 1840 °° 14.2.1867 mit Friedrich Wilhelm Schwermer V: Förster – Ida Amalie * ca. 1847 + 30.12.1856 Försterei Biberswalde Försterstochter, Nervenfieber (9 J., 7 M.) 

– Dorothea Klär heiratet Johann Lenk und lebt 1859 in Biberswalde 

Fischhhausen II 

Klaer

– Ludwig Ernst Klaer (Kaufmann) °° Marie Margarete Gertrud Kiepert 

* Fritz Hubertus Theodor* 15.11.1932 Fischhausen Groß Legitten 

Klehr 

Mr. Klehr 1696 Nedau Schneider

5. Ausblick

Soviel also für dieses Jahr – und vielleicht werden wir 2026 einen Termin für unser angedachtes zweites Ahnenforschungstreffen in Erfurt finden. 

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